Königheimer Gemeinderat erteilte Bauvorhaben sein Einvernehmen - Unternehmen plant Investitionen im hohen einstelligen Millionenbereich

Pilzland will in Gissigheim produzieren

Das Unternehmen Pilzland mit Sitz in Niedersachsen will sich in Gissigheim ansiedeln. Wird der Antrag zum Bau der Champignon-Produktion genehmigt, sollen im ersten Bauabschnitt 40 Arbeitsplätze entstehen.

Von 
Susanne Marinelli
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Ein Blick in die Champignon-Produktion eines bereits bestehenden Pilzland-Werks. © Bild. Pilzland

Königheim. Fast schon „versteckt“ unter den „Bauanträgen“ stand der Punkt am Montagabend in der Sitzung des Königheimer Gemeinderats im Gissigheimer Dorfgemeinschaftshaus auf der Tagesordnung: der Neubau einer Champignon-Produktion und Abgrabung beziehungsweise Auffüllung des Baugeländes in Gissigheim.

Im Gemeinderat notiert

Die Gemeinde erfülle vollumfänglich ihre Pflicht, und stelle wöchentlich zwei- beziehungsweise einmal Corona-Schnelltests für die Grundschüler, Lehrer, Erzieherinnen und Mitarbeiter der Verwaltung zur Verfügung. Das teilte Bürgermeister Ludger Krug in der Sitzung des Gemeinderats mit. Dabei sprach er der DLRG Königheim und den DRK-Helfern aus Pülfringen und Brehmen seine Anerkennung für ihren Einsatz im Testzentrum in Tauberbischofsheim aus.

Nochmals ein Gespräch geführt hat die Gemeindeverwaltung mit den Verantwortlichen der DFMG Deutsche Funkturm GmbH, die bei Pülfringen einen Mobilfunkmast bauen möchte (wir berichteten). Wie Krug erklärte, habe diese das Angebot der EnBW zur Mitnutzung eines bestehenden Masts abgelehnt. Die DFMG halte am Standort Pülfringen fest. Das Landratsamt Main-Tauber-Kreis habe signalisiert, dass dieser genehmigungsfähig sei. Krug: „Wir gehen davon aus, dass die Genehmigung demnächst erfolgt.“

Einstimmig beschlossen die Räte die Teiländerung des Bebauungsplans „Ritterberg II“ (Königheim) als Satzung. Die Käufer der vier Bauplätze werde man vor dem Erwerb auf die Möglichkeit der Geruchsbelästigung hinweisen, die von einem Rinder haltenden Betrieb in der Nähe ausgehen könnte, so Krug. Die Erschließung soll im September beginnen.

Ohne Gegenstimmen votierten die Mandatsträger für die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für den „Solarpark Schwarzfeld-Siedlung“ (Gemarkung Gissigheim). Parallel verbunden ist damit der Antrag der Gemeinde zur Anpassung und Fortschreibung des Flächennutzungsplans der Vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft Tauberbischofsheim-Großrinderfeld-Königheim-Werbach.

Nichts dagegen hatten die Räte, dass bei der Erstbewertung des kommunalen Vermögens nach dem neuen Kommunalen Haushaltsrecht (Doppik) Vereinfachungs- und Bilanzierungswahlrechte angewendet werden. Es gehe vor allem um Posten, bei denen die Kosten der Wertermittlung höher als der eigentliche Wert des Gegenstands sei, betonte Krug.

Jeweils einmütig stimmte das Gremium der Einziehung und Entwidmung des Feldwegs Flurstück 13258 (im Bereich des künftigen Solarparks „Schwarzfeld-Siedlung“) sowie einer Teilfläche des Feldwegs Flurstück 13288, Gemarkung Gissigheim, im Rahmen der geplanten Ansiedlung der Firma Pilzland zu. su

Auf einem fünf bis sechs Hektar großen Gelände an der Kreisstraße 2836 in Richtung Esselbrunn will die Firma Pilzland mit Sitz im niedersächsischen Rechterfeld bei Visbek zirka 80 Kilometer südlich von Bremen ihre Champignon-Produktion errichten. Der Gemeinderat erteilte dem Projekt einstimmig das Einvernehmen. Nun muss das Landratsamt Main-Tauber-Kreis über das Vorhaben entscheiden.

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Königheims Bürgermeister Ludger Krug hofft, dass Pilzland bald die Zusage erhält und somit schnell mit dem Bau des privilegierten landwirtschaftlichen Betriebs begonnen werden kann. Damit spricht er Dr. Torben Kruse aus dem Herzen. Denn der Geschäftsführer der Pilzkulturen Wesjohann GbR, bei der es sich um einen Mitgliedsbetrieb in der Erzeugerproduktion von Pilzland handelt, freut sich schon auf das neue Werk. Wie er auf FN-Nachfrage erklärt, sind in Gissigheim „Investitionen im hohen einstelligen Millionenbereich“ vorgesehen.

„Das wird kein Einfamilienhaus“, gibt er zu. Vorgesehen sei im ersten Bauabschnitt ein geschlossenes Gebäude mit einer Grundfläche von rund 100 mal 100 Metern und einer Firsthöhe von zirka 8,50 Meter. „Auf dieser Fläche sind wir aber sehr produktiv.“ In zwei bis drei Jahren könnte ein zweiter und „wenn alles gut läuft“ später gar noch ein dritter Bauabschnitt folgen. Kruse: Pro Bauabschnitt ist von 40 Mitarbeitern auszugehen.

Erfahrungen hätten gezeigt, dass meist nur wenige Personen vor Ort gefunden werden können, die das Pflücken der Pilze übernehmen wollen. Deshalb rechne man damit, dass diese Arbeit wohl zum Großteil osteuropäische Saisonkräfte übernehmen werden. Doch egal, woher die Mitarbeiter kommen: „Alle sind bei uns angestellt“, versichert der Geschäftsführer.

Die bisherigen Gespräche mit den Beteiligten vor Ort seien sehr gut verlaufen: „Ich habe bislang den Eindruck, dass hier unser Konzept verstanden wird und ankommt. Wir produzieren in der Region für die Region. Man hat das Gefühl, man ist willkommen.“

Seit 35 Jahren ist nach den Worten Kruses die Pilzland-Gruppe bereits im Pilz-Geschäft. Neben dem Stammsitz gibt es Niederlassungen in Ostdeutschland sowie seit 2014 in Eßleben im Landkreis Schweinfurt. Bei der Suche nach einem neuen Standort in Baden-Württemberg sei das Unternehmen auf Gissigheim gestoßen. Denn hier werde ein wichtiges Kriterium für die Ansiedlung erfüllt, betont der Geschäftsführer: die Nähe zu zwei bestehenden Biogasanlagen. Schließlich brauche man für die Pilzzucht jeden Tag rund um die Uhr Wärme und Strom.

Wie auch an den anderen Standorten der Gruppe sei es in Gissigheim das Ziel, frische Champignons vor Ort regional für die Kunden zu produzieren. Genutzt werde dabei eine CO2-neutrale Energieversorgung aus nachwachsenden Rohstoffen. So erfolge die Herstellung des Champignon-Substrats in Niedersachsen aus Stroh und Hähnchenmist (beides teils in Bio-Qualität).

Nach dessen Lieferung in das neue Werksgebäude nach Gissigheim wachsen dort die Pilze heran. Gerechnet werden mit 35 bis 40 Tonnen pro Woche. Sind diese gepflückt – also geerntet, soll der übriggebliebene Champignonkompost, Champost genannt, auf landwirtschaftlichen Flächen im Großraum Königheim ausgebracht werden. „Das ist ein absoluter Humusverbesserer“, verweist Kruse auf den dann geschlossenen Rohstoffkreislauf.

Keine Belästigung der Bürger vor Ort werde es durch den Lieferverkehr des neuen Werks geben, verspricht der Geschäftsführer. Denn dieser führe weder durch eine Ortsdurchfahrt noch ein Wohngebiet.

Wie Kruse sagt, liefern zwei Mal pro Woche vier Lkw das Pilz-Substrat an. Vier Fahrzeuge holen an sechs Tagen in der Woche die Ware für die Kunden ab. Und acht Trecker- und Anhängergespanne transportieren einmal pro Woche das abgeerntete Substrat wieder ab.

Nicht nur die nachhaltige Produktion komme bei den Geschäftspartnern und Konsumenten gut an, ist der Geschäftsführer überzeugt. Auch seien Champignons momentan „voll im Trend“, meint er mit Blick auf vegetarische oder vegane Ernährungsweisen. In Zeiten von Corona sei die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln zudem gestiegen.

„Wir begrüßen ausdrücklich diese Ansiedlung.“ Das gelte auch für den Gemeinderat, betont Bürgermeister Krug. Besonders freut er sich über die in Aussicht gestellten neuen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze. Selbst wenn es sich nicht immer um hoch qualifizierte Beschäftigungen handele, habe die Firma auch dafür eine gute Bezahlung zugesichert. Deshalb werden sich sicherlich auch für das Pflücken Bewerber in der Region finden. Sollte Pilzland Arbeiter aus Osteuropa benötigen, wolle die Firma für diese angemessenen Wohnraum in Königheim mieten. Und vielleicht werde sogar der eine oder andere hier sesshaft. Durch die vorgesehene Nutzung der privat betriebenen Biogasanlagen durch Pilzland sieht Krug einen Kreislauf geschlossen: „Die Energie, die in Gissigheim erzeugt wird, wird vor Ort optimal genutzt.“

Eingriff ins Landschaftsbild

Der Bürgermeister verschweigt nicht, dass durch den Bau des Werks in das Landschaftsbild eingegriffen werde. Das hatten zwei Bürgerinnen in der Gemeinderatssitzung am Montag bemängelt. Doch, dem, so Krug, stehe die große Menge der dort produzierten hochqualitativen Lebensmittel gegenüber.

Gerne hätte es die Königheimer Gemeindeverwaltung gesehen, wenn durch Gewerbesteuerzahlungen von Pilzland Geld in die Gemeindekasse kommen würde. Doch daraus wird nichts. Da es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb handelt, muss das Unternehmen diese Abgabe nicht zahlen. Krug: „Das hätte uns zwar gut getan. Doch wir sind froh über die neuen Arbeitsplätze.“

Redaktion Redakteurin bei den FN

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