Gissigheim. Im Beisein zahlreicher Gäste ging am Sonntag in Gissigheim die Ausstellung zum 200. Geburtstag des Malers Max Wolf mit einem unterhaltsamen kunsthistorischen Vortrag und einer kleinen Finissage zu Ende.
Im Schloss hatte der Heimatverein „Brehmbachtal“ mehrere Dutzend Werke des Künstlers sowie Gemälde von Zeitgenossen Wolfs präsentiert, der sich als Professor und Kurator des Kunstvereins in Heidelberg und insbesondere auch als Maler hohe Wertschätzung erworben hat, aber lange Zeit fast vergessen war. Über 40 Gemälde des 1824 als Sohn eines Beamten der Gissigheimer Ortsherrn geborenen Max Wolf und rund 20 Werke von Künstlern, die mit teils eng ihm befreundet waren, hat der Heimatverein „Brehmbachtal“ seit März im Bettendofschen Schloss gezeigt – vornehmlich Wald-Darstellungen und Landschaftsbilder aus der Epoche der Romantik bzw. des Realismus, zusammengestellt vom Mannheimer Kunsthistoriker Dr. Benno Lehmann, der am Sonntag auch den abschließenden Vortrag hielt.
Vor dem Hintergrund des Ausstellungsthemas fanden in den vergangenen drei Monaten kunsthistorische Vorträge über die Darstellung des Waldes in der bildenden Kunst im 16. und 17. Jahrhundert“ von Dr. Jörg Paczkowski und über den „Wald als Sehnsuchtsort der Deutschen im 19. Jahrhundert“ von Dr. Sigrun Paas-Zeidler statt. Einen Kontrast dazu und zum Schaffen der in Gissigheim gezeigten Werke setzte der Kunstexperte Lehmann am Sonntag, in dem der in seinem reichlich bebilderten Vortrag aufzeigte, wie der Wald von Künstlern des 20. Jahrhunderts gesehen wurde.
Die bunte Palette reichte, ausgehend von der Epoche, in der Max Wolf und dessen Zeitgenossen auf äußerst realitätsnahe und stimmungsvolle Weise gemalt haben, bis in die jüngste Zeit.
Der abwechslungsreiche Streifzug durch die Welt der Malerei der vergangenen eineinhalb Jahrhunderte begann um 1860 bei den Anfängen des Impressionismus, der sich teils zeitgleich neben dem Realismus entwickelte. Wie Lehmann deutlich machte, änderte sich damals das Verständnis für den Wald, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei Dichtern, Schriftstellern, Komponisten und Malern zum bevorzugten Sujet geworden war, im zunehmenden Maße.
Zwar seien Maler wie Ernst Marfels noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Tradition des Realismus zu sehen und hätten, nicht zuletzt mit Blick auf die Nachfrage, realitätsnah wie Wolf und Co. gemalt. Parallel dazu hätten sich aber die infolge der dramatisch sich veränderten Umwelt durch die Industrialisierung eine neuen Kunstströmung gewidmet: Nicht mehr eine Landschaft an sich sei von den Impressionisten wiedergeben worden, sondern der von ihr hervorgerufene Eindruck, geprägt von sich auflösenden Konturen, der Wirkung des Lichts und von Farbigkeit.
Weiter spannte Lehmann den Bogen zum Expressionismus, in dem Bildmotive auf markante Formelemente reduziert und traditionelle Perspektive aufgelöst werden. Mit spontaner Pinselführung und starken Farben bringe der Künstler Gefühle und Empfindungen zum Ausdruck. Mit Werken von Wassily Kandinsky, Ernst Ludwig Kirchner, August Macke oder Gabriele Münter erinnerte Lehmann an die Künstlergruppen „Brücke“ und „Der blaue Reiter“ und zeigte zum Beispiel an Max Pechsteins Gemälde „Badende an den Moritzburger Seen“ deutlich, wie der Wald bei diesem Kunststil zur verschwommenen grünen Staffage wird.
Über Walddarstellungen im Surrealismus (ab Mitte 1920er Jahre) unter anderem von Max Ernst (1891-1976) führte der Vortrag zur Neuen Sachlichkeit und damit ein Stück zurück zur Orientierung der Künstler an der Realität“, ehe Lehmann in seinem lebendigen Vortrag den Schlusspunkt setzte. Mit dem eindrucksvollen Wald-Bild eines Künstlers, der lange Jahre in Buchen und Höpfingen zu Hause war, mit unkonventionellen Materialien wie Blei, Stroh, Erde und Stofffetzen arbeitete und zeitweise zu den teuersten Kunstschaffenden der Gegenwart zählte – mit Anselm Kiefer großformatigem Werk „Varus“.
Dem Vortrag mit viel Beifall, schloss sich eine kleine Finissage vom Tomas Weich an, in Vertretung des Heimatvereinsvorsitzenden Lothar Achstetter. Wie der stellvertretende Vorsitzende in einem Rückblick betonte, habe die Ausstellung zum 200. Geburtstag des aus Gissigheim stammenden Malers Max Wolf seit Ende März mehrere Hundert Besucher aus nah und fern angezogen. Auch habe es für Gruppen mehrere Führungen gegeben.
Weich dankte allen, die am Zustandekommen und am Gelingen der zweiten Wolf-Ausstellung beteiligt waren, an erster Stelle dem Mannheimer Kunsthistoriker Dr. Benno Lehmann, der, wohlgemerkt unentgeltlich, die Ausstellung erneut mit großer Leidenschaft zusammengestellt und die Leihgeber dazu gebracht habe, ihre Schätze zur Verfügung zu stellen. Auch der umfangreiche Ausstellungskatalog entstamme Lehmanns Feder. Dank galt zugleich den Leihgebern aus nah und fern, den Referenten der kunsthistorischen Vorträge, den Sponsoren, der Gemeinde mit Bürgermeister Krug und dem Musikverein Gissigheim für die Unterstützung, sowie allen Helfern.
Man könne abschließend seitens des Vereins mit Stolz feststellen, dass für die Ausstellung viel Lob von ausgewiesenen Experten und Besuchern gegeben habe, unterstrich Weich. In einem Gewinnspiel im Rahmen der Ausstellung wurde ein Max-Wolf-Gemälde verlost. Die Ziehung des Gewinners erfolgte am Sonntag. Das Ölbild geht an Tim Sammüller in Tauberbischofsheim.
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