Im Igersheimer Eichwald - Erwartungen erfüllen sich nicht / Sicherheit geht vor

Drückjagd in Igersheim: Viele Jäger, aber nur eine kleine Strecke

41 Jäger sowie 18 Treiber und eine Treiberin – rein personell ein großer Aufwand. Doch am Ende war die „Strecke“ der großen Ansitz-Drückjagd im Igersheimer Eichwald mit fünf Wildschweinen, fünf Kitzen und einem Fuchs klein.

Von 
Hans-Peter Kuhnhäuser
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Es wird abgeblasen, die Jagd ist vorbei. © Hans-Peter Kuhnhäuser

Igersheim. Am Morgen ist es ungemütlich nass-kalt, und als ab 7 Uhr die Jäger und Treiber eintreffen, ist es noch dunkel. Am Sammelpunkt, der Wendeplatte an einem großen Forstweg im Eichwald, steht ein Tisch unter einem Zeltdach: Heute ist nämlich nicht nur ein Jagdtag – auch in den Nachbarrevieren heißt es Waidmannsheil – sondern auch ein weiterer Pandemie-Tag. Und das bedeutet 3G sowie Abstand halten und Maske tragen, wenn sich Gruppen bilden.

„Das Ministerium fordert zur Jagd auf, weil der Bestand gelichtet werden soll“, erklärt Revierpächter Claus Felzmann den FN. Der Forst will weniger Rehe, die Landwirte vor allem weniger Wildschweine, und die Veterinäre sehen eine Reduktion beim Schwarzwild auch als Präventivmaßnahme gegen die Afrikanische Schweinepest. Die gibt es zum Glück im Ländle noch nicht, aber wo weniger Tiere sind, können sich auch weniger infizieren.

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„Erntezeit“ der Jäger

Dazu kommt, dass der Herbst ohnehin die „Erntezeit“ der Jäger ist – die großen Gesellschaftsjagden sind allerdings mehr als nur ein Jagdtag; sie sind auch ein Treffen. Bekannte und Freunde werden eingeladen. Auch wenn pandemiebedingt das traditionelle „Schüsseltreiben“, ein gemeinschaftliches Essen, entfallen muss - ein Minimum an Geselligkeit, also ein kurzer Austausch mit den anderen Jägern und Treibern nach dem „Abblasen“, dem Ende der Jagd, gehört dennoch dazu. Natürlich mit Abstand und Maske.

„Wir jagen heute Sauen, Kitze und Raubzeug“, erklärt Mitpächter Rainer Issler. Sauen sind Wildschweine, und dabei gilt es, die Leitbachen sowie „führende“ Bachen, das heißt Muttertiere mit Frischlingen, zu schonen. Raubzeug sind beispielsweise Füchse, und Kitze sind „unterjährige“ Rehe, somit noch kein Jahr alt. „Und die nur schießen, wenn alle vier Läufe auf dem Boden sind“, betont Issler. Ansonsten müssen die Jäger gut auf die Hunde aufpassen – die tragen übrigens, wie die Jäger und Treiber auch, signalrote Jacken.

„Sicherheit geht vor, deshalb auch keine Fernschüsse“, macht Issler noch auf ein weiteres Kriterium aufmerksam. Um 8.30 Uhr machen sich die Jäger auf den Weg zu ihren Hochsitzen, die Treiber zum Ausgangspunkt des Treibens. Unter den Treibern sind auch einige Jäger – sie haben an diesem Tag das wohl intensivste Jagderlebnis: In einer langen Kette durch den Wald ziehen, das Wild in Bewegung setzen (nicht zu hetzen!) und vielfach als Erste zu Gesicht zu bekommen, es vielleicht sogar ins Visier nehmen und erlegen zu können.

Auf dem Hochsitz dagegen sitzt man und kann nur auf herannahendes Wild hoffen. Und vielleicht zum Schuss kommen. Aber kommt eine Sau, ein Kitz oder ein Fuchs, dann muss es schnell gehen, den ruckzuck sind sie wieder weg, tauchen ein im Dickicht. Für die Jäger heißt das: Erst erkennen, dann „ansprechen“, also genau hinsehen, um was es sich handelt, erst dann ins Visier nehmen und auch dabei die Regeln einzuhalten. „Wir sind Jäger. Wir ballern nicht wild herum“, sagt Issler dazu.

Auch der Reporter bekommt seine Kanzel zugewiesen – ein überdachter Hochsitz. Eine gute Stelle hat man ihm ausgesucht, denn vor sich hat er eine Suhle. Da gehen die Sauen gerne hin. Doch zu sehen ist wenig. Von der Ferne sind einige Schüsse zu hören, vielleicht sind sie auch im Nachbarrevier abgegeben worden. Dann ist erst einmal für lange Zeit Ruhe. Wild-romantisch ist’s, jetzt fehlt nur noch das Wild.

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Doch das zeigt sich nicht – vorerst zumindest. Weit, noch weit entfernt und kaum vernehmbar ziehen die Treiber durch den Wald, und ihnen voraus streifen die Hunde umher. Da ist auch schon ein signalroter Punkt, der sich zwischen den Bäumen bewegt. Langsam kommt der Hund näher, umrundet die Kanzel und verschwindet wieder in die Richtung, aus der er gekommen ist. Dennoch hat er etwas bewirkt – kaum vernehmbar raschelt es im Hintergrund, und beim Blick über die Schulter zieht ein Reh genau zwischen dem Windbruch und der Kanzel vorbei ins Dickicht. Zu schnell für einen Schuss mit der Kamera.

Rehe gut getarnt

Einige Zeit später bewegt sich etwas zwischen den Bäumen, vielleicht 50 Meter entfernt. Und es kommt näher. Das Glas ans Auge, und die Hoffnung auf Sauen schwindet dahin. Aber zwei Rehe sind ja auch ein schöner Anblick.

Kaum zu erkennen sind sie mit ihrer Tarnfarbe; das Winterfell gibt ihnen einen guten Schutz. Nur der „Spiegel“, der weiße Kreis am Rehpopo, verrät sie. Allerdings auch nur, wenn sie sich bewegen. Langsam kommen sie näher, und immer wieder verharrend und sichernd, laufen sie in Richtung Suhle und damit der Kanzel. Dann teilt sich das Duo auf. Ein Reh – noch ein Kitz – steht kurz da wie ein Model. „Breit“, wie die Jäger sagen, also ideal für einen gezielten Schuss. Dumm nur, dass zahlreiche Jungbäume vor ihm stehen; mit dem Gewehr wäre da nichts zu machen, zumal sich das Tier gleich wieder in Bewegung setzt – ein Schuss wäre unverantwortlich. Aber der Reporter ist ja ohnehin unbewaffnet. Die Spiegelreflex mit dem Telezoom aber bekommt ihre Chance. Das laufende Kitz zieht bergaufwärts, das Klacken der Kamera stört es nicht weiter. Nur kurz verhofft es, dann ist es auch schon verschwunden im „Eichwald-Dschungel“.

Kurz darauf fällt nicht weit entfernt noch ein Schuss, allerdings nicht aus der Richtung, in die das Kitz gezogen ist. Und das war’s dann auch schon, mehr Wild ist nicht mehr zu sehen.

Da wird auch schon abgeblasen, die Jagd ist vorbei. Es geht zurück zum Sammelpunkt. Groß sind die Augen, die Strecke jedoch nicht: fünf Sauen, fünf Kitze und einen Fuchs haben die Jäger erlegt. Nicht alle haben Wild zu Gesicht bekommen, und so manchmal blieb der Finger gerade – ein Schuss wäre „unverantwortlich gewesen, zu weit entfernt und verdeckt war das Wild“, sagt ein Jäger. Dennoch war es ein schöner Jagdtag. „Wir jagen ja nicht nur, um Beute zu machen. Die Jagd ist ein Gesamterlebnis, da kommen viele Eindrücke zusammen“, sagt Issler. Und wenn man ihn dabei anschaut, dann verrät das Gesicht des Jagdpächters noch viel mehr: Passion und Emotion sind eins; sie sind bei der Jagd untrennbar miteinander verbunden.

„So ist die Jagd nun mal“

Und ja, da stimmen alle überein: Natürlich ist die Strecke geringer als erhofft, zumal in den vergangenen Jahren zahlreiche Wildschweine erlegt werden konnten. „Man kann nichts erzwingen, so ist die Jagd nun mal“, ergänzt Felzmann. Und „nächstes Jahr wieder“. Dann hoffentlich auch mit geselligem Teil, den „das Erzählen gehört ja dazu“, sagt ein anderer Jäger, der schon als Jugendlicher als Treiber dabei war und auch heute mit der Treiberkette durch den Wald gezogen ist. Sein Vater saß auf einer Kanzel; die ebenfalls jagende Schwester ist an diesem Tag verhindert.

Die Jägerfamilie – schon der Opa war hier eingeladen – ist Stammgast bei der Ansitz-Drückjagd im Eichwald. „Natürlich sind wir nächstes Jahr wieder mit dabei“, wird versichert. Alle drei? „Klar, wir alle“, betont der junge Mann.

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