Ein Tag als Apotheker

Warum Apotheker sein mehr ist, als nur Kundenberatung

Apotheker – ein Beruf, der mit viel Verantwortung verbunden ist. Für die FN-Serie „Ein Tag als...“ begleitete Maren Greß einen Tag lang Johannes und Dr. Petra Sitterberg von der Apotheke an der Post in Hardheim.

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Maren Greß
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Für das Foto durfte FN-Redakteurin Maren Greß im Labor der Apotheke an der Post in die Rolle der PTA schlüpfen. Dort werden die Rezepturen angemischt. Die Zutaten müssen auf das Milligramm genau abgewogen werden. © Joana Breunig

Hardheim. Wer kennt es nicht: Man geht in die Apotheke, um sich das Medikament zu holen, das der Arzt auf dem Rezept verordnet hat. Ausgehändigt bekommt man aber ein anderes – mit den gleichen Wirkstoffen. Oder das Medikament wird bestellt. „Sie können es heute Mittag abholen kommen“, sagt die Frau auf der anderen Seite des Tresens. Ich habe mich schon oft gefragt, wie riesig groß eigentlich dieses Arzneimittellager einer Apotheke sein muss. Und wie ist es möglich, dass innerhalb eines halben Tages das Medikament abholbereit ist? Die Antworten darauf habe ich in der Apotheke an der Post in Hardheim bekommen. Johannes und Dr. Petra Sitterberg haben mich einen Tag lang hinter die Kulissen dieses spannenden Berufsfelds blicken lassen.

PTA Joana Breunig mischt per Hand eine Rezeptur an. © Maren Greß

Als ich an jenem Freitag in die Apotheke komme, herrscht dort schon reges Treiben. Gerade am Freitagvormittag ist nämlich viel los. Das hat mir Dr. Petra Sitterberg schon im Vorgespräch verraten. „Freitagmorgens erledigen die Leute ihre Einkäufe und holen eben auch die Medikamente ab. 300 bis 400 Kunden kommen etwa täglich“, erklärt mir die 44-Jährige. 2016 hat die promovierte Pharmazeutin die Apotheke gemeinsam mit ihrem Mann Johannes von dessen Eltern Hans-Georg und Marianne Sitterberg übernommen. Hinter dem Ehepaar liegt an diesem Freitagmorgen schon eine unruhige Nacht, denn sie hatten Notdienst. Täglich rotiert er mit den anderen Apotheken in der Region. Alle zwölf Tage sind sie dran. Nicht immer sei es so ruhig wie in dieser Nacht, in der nur gegen 22.30 Uhr ein Kunde kam. Man schlafe in diesen Notdienst-Nächten immer schlecht, erzählt Johannes Sitterberg während er mich durch die Räume führt.

Lieferung mit den Medikamenten kommt sechs Mal täglich

Viele Kunden kennen nur den hellen Verkaufsraum, doch die eigentliche Arbeit spielt sich im Hintergrund ab – im sogenannten „Backoffice“. Hier werden die Ware angenommen und Bestellungen aufgegeben. Sechs Mal am Tag kommt eine Lieferung. Nur so ist es also möglich, dass die morgens bestellten Medikamente noch am gleichen Tag abgeholt werden können. Seit dem Umbau der Apotheke im Jahr 2017 müssen die Mitarbeiter die Arzneimittel nicht mehr per Hand in Schränke einsortieren, denn es gibt einen Automaten. „Der Automat ist eine enorme Entlastung“, sagt die Apothekerin. Er scannt die Medikamente, sortiert sie nach der Größe und lagert sie. Knapp 10 000 Packungen haben darin Platz. Wenn also ein Kunde mit einem Rezept kommt, sucht das Gerät die passende Packung und wirft sie in einem Schacht aus. Das dauert gerade mal 15 Sekunden. Außerdem kann der Automat nachbestellen. Das ist jedoch nur möglich, wenn das Medikament auch lieferbar ist, ansonsten muss der Apotheker händisch ran und Alternativen suchen.

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So ist derzeit das Bluthochdruckmittel mit dem Wirkstoff „Candesartan“ nur schwer zu bekommen. Oft müsse man dann auf andere Hersteller, Packungsgrößen und Dosierung ausweichen, erklärt mir Johannes Sitterberg. Und woran liegt das? „Die Krankenkassen haben Verträge mit den Herstellern“, erläutert der Apotheker. Eigentlich sollte man demnach dem Kunden das Medikament des entsprechenden Unternehmens aushändigen – sofern es vorrätig ist.

Eine große Rolle spielt auch die Monopolisierung. So gibt es immer weniger Firmen, die die Rohstoffe herstellen. Wenn ein Konzern ausfalle, beispielsweise aufgrund eines Gebäudebrands, könnten das die anderen nicht auffangen. „Unser Ziel ist es, dass wir für alle eine Lösung finden“, so Sitterberg. Und fast immer gelingt das auch.

Apothekerin Dr. Petra Sitterberg findet es schön, dass man in Hardheim die Kunden oft jahrelang betreut. „Das macht es sehr familiär“, sagt die promovierte Pharmazeutin. © Maren Greß

Neben der Beratung und dem Verkauf von Medikamenten gehört auch die Herstellung von Cremes zum Aufgabenfeld einer Apotheke. Das ist oft Sache der Pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) wie Joana Breunig. Ihr darf ich bei einer Rezeptur über die Schulter schauen. Und bei dieser Herstellung gibt es gleich noch eine Besonderheit: Die Creme muss per Hand angerührt werden. Von der Vorbereitung über die Durchführung bis zur Dokumentation dauert das dann schonmal eine gute Stunde. Die Zutaten müssen nämlich auf das Milligramm genau abgemessen werden. Dabei ist viel Fingerspitzengefühl gefragt. Das merke ich, als ich – zwar nur fürs Bild – Laktose-Pulver abwiege. „Am Anfang tat ich mir schwer, ein Gefühl für die Menge zu bekommen“, sagt Joana Breunig. Mit den Jahren bekomme man aber eine gewisse Routine. Viele Rezepturen könnte sie mittlerweile sogar aus dem Kopf ohne Anleitung. Ähnlich also wie beim Kuchenbacken, denke ich mir. Da weiß man die Rezepte ja auch oft schon auswendig.

Dr. Petra Sitterberg - "Es ist sehr familiär"

Während des Gesprächs mit den Pharmazeuten klingelt immer wieder das Telefon, oder die Sitterbergs werden nach vorne gerufen, um Kunden zu beraten. Nach so vielen Jahren sind es viele bekannte Gesichter, die regelmäßig in die Apotheke kommen. „Es ist schön, dass man hier in Hardheim viele Kunden jahrelang betreut. Das macht es sehr familiär“, sagt die 44-Jährige und verrät, dass sie eigentlich gar nicht in einer Apotheke arbeiten wollten.

Wie man Apotheker wird

  • Apotheker sind Experten für Arzneimittel. Der Beruf ist anspruchsvoll und mit viel persönlicher Verantwortung verbunden.
  • Ausbildungsart: Studium.
  • Schulische Voraussetzungen: Hochschulzugangsberechtigung, in der Regel das Abitur.
  • Ausbildungsdauer: fünf Jahre.
  • Ausbildungsort: vier Jahre Universität und ein Jahr Praktikum (davon mindestens ein halbes Jahr Praktikum in einer öffentlichen Apotheke).
  • Abschluss: Staatsexamen, anschließend Approbation (Berufserlaubnis).
  • Tätigkeitsbereiche: öffentliche Apotheke, Krankenhausapotheke, pharmazeutische Industrie, Forschung, Behörde, Verwaltung, Bundeswehr, Universitäten, usw.
  • In einer Apotheke kann man auch arbeiten, ohne Pharmazie zu studieren. Es gibt zwei Ausbildungsberufe: Pharmazeutisch-technische Assisenten (PTA) und Pharmazeutisch-kaufmännische Assistenten (PKA).
  • Weitere Informationen gibt es auf der Homepage der ABDA – der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände – unter www.abda.de. mg

Schon während des Studiums sei klar gewesen, dass die beiden später in die Pharmaindustrie wollten. Mehrere Jahre haben sie gemeinsam in der Schweiz gelebt und gearbeitet. Der Wendepunkt kam dann bei einem Abendessen mit einem befreundeten Apothekerpaar, das berichtete, wie schön es ist in einer Apotheke zu arbeiten und diese zu leiten. „Wir haben uns das dann lange überlegt. Ich habe sogar Selbsthilfebücher gelesen“, erzählt Johannes Sitterberg lachend. Seine Eltern seien natürlich froh gewesen, dass es mit der Apotheke weitergeht.

Im Februar 2016 folgte die Übergabe. Bereut haben es die beiden bisher keinen einzigen Tag. „Die Arbeit ist sehr vielseitig“, sagt Dr. Petra Sitterberg. „Wenn man den Kunden helfen kann, schlägt einem viel Dankbarkeit entgegen. Man nimmt am Leben der Leute teil“, ergänzt er, ehe ich mich nach einem spannenden Tag in ein freies Wochenende verabschiede. Vor den Sitterbergs liegt dagegen ein volles Wochenende: Samstags hat die Apotheke normal geöffnet und sonntags machen die Sitterbergs aufgrund eines Festes in Hardheim extra auf. Dafür haben sie sogar ihren Notdienst dorthin getauscht...

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