„Badischer Hof“ - Die Chronik des prägnanten Hauses am Marktplatz reicht bis ins Jahr 1691 / Helmut Walz sprach mit den FN über den Verkauf, Hintergründe und Anekdoten

Stück Hardheimer Geschichte geschrieben

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Adrian Brosch
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Hardheim. Unzweifelhaft hat der „Badische Hof“ ein Stück Hardheimer Geschichte geschrieben: Die Chronik des prägnanten Hauses am Marktplatz reicht bis ins Jahr 1691. Seinerzeit war das Gasthaus unter dem Namen „Grüner Baum“ von Kaspar Bermayer und Elisabeth Leiben geführt worden.

Nach einigen Besitzerwechseln pachteten es zum 1. Februar 1975 die Hardheimer Metzgerstochter Marianne Walz (geb. Weimann) und ihr aus Wertheim-Sonderriet stammender Mann Helmut Walz. Sie erwarben den „Badischen“ 1983 aus Gemeindebesitz. Diese Ära hat nun ein Ende: Bereits vor einigen Monaten wurde das stattliche Areal mitsamt des „Hauses Schell“ veräußert. Mit den Fränkischen Nachrichten sprach der 73-Jährige über die Hintergründe und manche Anekdote.

Der „Badische Hof“

Die Geschichte des „Badischen Hofs“ (ehemals „Grüner Baum“) kann weitgehend lückenlos nachvollzogen werden.

Um 1691 übernahm Kaspar Bermayer das Haus. Vermutlich war vor ihm Adolf Leiben Inhaber des Lokals.

Getreu der Aufzeichnungen Julius Rapps stellen sich die Wirte wie folgt dar: Um 1691 Kaspar Bermayer, ab 1705 Johann Beck, 1722 Johann Bermayer, 1726 Johann Burkard, 1753 Witwe Anna Beck, 1766 Johann Burkard und 1797 Franz Burkard. Bei ihm war am 8. Oktober 1815 Goethe zu Gast. Es folgten 1833 Gottfried Burkard – er nahm am 6. Juni 1842 die Umbenennung in „Badischer Hof“ vor – 1875 Karl Burkard und von 1901 bis um 1930 August Popp. Ihm folgten Josef Heinrich, die Wirte Diem und Knittel sowie Anfang der 50er-Jahre Maria und Anton Haberhauer, auf die um 1970 H. Laber folgte.

Marianne und Helmut Walz betrieben den „Badischen Hof“ von 1974 bis 2019; Helmut Walz folgte bis 2021. Im Kellerbogen des Hauses findet sich ein Verweis auf das Jahr 1604, was dem Baudatum entsprechen dürfte. Einige Erinnerungsstücke wie die historische Eingangstür fanden den Weg ins Erfatal-Museum. ad

„Vom ersten bis zum letzten Tag gefiel es mir gut“, erklärt Helmut Walz, den Generationen von Besuchern als Inbegriff eines gemütlichen, herzlichen Wirts schätzten. Immer an der Seite war dabei seine unvergessene Frau Marianne, die im Februar 2019 mit 72 Jahren völlig unerwartet verstorben war.

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Während Helmut Walz als gelernter Koch und Küchenmeister den Kochlöffel schwang, kümmerte sich Marianne Walz als Wirtin alter Schule mit Leib und Seele um das Wohl der Gäste: Im „Badischen“ war jeder Gast willkommen – egal, ob er auf der Suche nach einem Mittagessen, einer Suppe oder einem festlichen Menü war.

Fürsorglich kümmerte sich Marianne Walz um ihre Gäste, die dem „Badischen Hof“ mitunter Jahrzehnte die Treue hielten und zu Freunden des Hauses wurden. So wusste sie schon, wer zum Mittagstisch gern die Zeitung liest, wer am liebsten welches Bier trinkt oder sich über eine zusätzliche Brotscheibe auf dem Teller freut. „Oft ergaben sich lange und tiefe Gespräche – und wenngleich die Mehrzahl unseres Publikums natürlich aus Hardheim kam, nahm mancher Gast auch einen weiteren Weg auf sich: Wir hatten zum Beispiel Stammgäste, die immer zur Wild- oder Spargelzeit bei uns einkehrten“, blickt Helmut Walz zurück. Besonders hebt er die Wallfahrer aus Fulda-Eichsfeld und Gerchsheim hervor, die über 45 Jahre kamen. Auch der Gemeindeverwaltung mit den Bürgermeistern Ernst Hornberger, Heribert Fouquet und nun Volker Rohm, zahllosen Vereinen und Stammtischen sowie dem Krankenhausverband Hardheim-Walldürn, der etwa den Ehegatten von Patienten die Übernachtung in einem der zehn Betten des „Badischen Hofs“ empfahl, sei man stets verbunden gewesen.

Dabei klappte die Zusammenarbeit im Hause Walz hervorragend: „Wir hatten eine 60:40-Arbeitsteilung, die einwandfrei lief – 60 Prozent waren dabei Mariannes Leistung und Anteil an der Geschäftsführung“, so Helmut Walz, der einige junge Leute zu Köchen ausgebildet hatte.

Mitte der 80er-Jahre hatte die Familie Walz - zu der auch Tochter Alexandra und Sohn Thomas gehören, die andere Berufswege einschlugen - sogar eine Betriebserweiterung geplant. „Im benachbarten ‘Haus Schell’ wollten wir ein Gästehaus eröffnen“, erinnert sich Walz. Leider erwies sich die Substanz des Anwesens als sehr marode: „Das Haus wäre kaum renovierungsfähig gewesen“, erklärt er.

Dafür konnten sich die Gäste im „Badischen Hof“ selbst über die liebevoll vertäfelten Schankräume und die Goethe-Stube freuen – und es kamen einige. Auch interessante Gesellen waren darunter, wie Helmut Walz schmunzelnd einräumt. Besonders spannend seien Mitte der 80er-Jahre die Grünen gewesen, die zu Zeiten der geplanten und schließlich verhinderten Daimler-Benz-Teststrecke bei Boxberg im „Badischen Hof“ residiert hatten. „Das waren schon interessante Begegnungen in herrlichen Zeiten“, so Walz. Auch die Tauberbischofsheimer Fechter um Emil Beck und Alexander Pusch sowie der spätere DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder genossen Kost und Logis im Erftal – und natürlich in grauer Vorzeit Johann Wolfgang von Goethe sowie Reichspräsident v. Hindenburg. Der Gedanke an einen Verkauf hatte den 73-Jährigen und seine Frau bereits seit Längerem begleitet, wie er einräumt – die Corona-Pandemie habe die Entscheidung nur noch beschleunigt. „Würde meine liebe Marianne noch leben, hätten wir wohl auch noch etwas weiter gemacht“, sagt Helmut Walz, „in der Zeit nach Mariannes Ableben konnte ich stets auf Bekannte des Hauses zurückgreifen“.

Über die Jahre ergaben sich einige Kontakte: „Seit 2013 fanden rund 25 Besichtigungen statt – darunter auch ernüchternde Treffen, bei denen Schnäppchenjäger den ‘Badischen’ herabgewürdigt hatten“, berichtet er. Manche Interessenten hatten den Gaststätten- und Hotelbetrieb weiterführen wollen, doch sei es in den meisten Fällen recht schnell an der Finanzierung gescheitert: „Ein einziger Besucher hätte das Geld auch für erforderliche Sanierungen auftreiben können, erkrankte dann jedoch“, schildert er.

Der schlussendliche Erwerber – ein Privatmann mit großer Familie – hatte über bereits in Hardheim lebende Freunde von der Offerte erfahren und unterschrieb den Vertrag am 30. April 2021.

„Wir brachten unsere jeweiligen Vorstellungen rasch auf einen Nenner und pflegen eine freundliche Verbindung“, so Helmut Walz. Wenngleich er das Ende der gastronomischen Tradition im Herzen Hardheims nach genau 330 Jahren und den „sehr wahrscheinlichen“ Abriss des Hauses Schell bedauere, hegt er Verständnis: „Ich kann mit der Situation leben, zumal sich die Rahmenbedingungen für die Gastronomie in den letzten Jahrzehnten nicht gerade verbesserten – es wurde ja schon in den 1980er-Jahren zusehends schwerer, geeignetes Personal zu finden“, resümiert der ausgebildete Küchenmeister, der seit Juni in einer kompakten Wohnung lebt. Dort hat er sich gut eingelebt: „Zwar habe ich die Kirchenglocken von St. Alban nach all den Jahrzehnten vermisst, kann die Ruhe aber jetzt umso mehr genießen und mich meinen Hobbys widmen – und die wunderbaren Erinnerungen an die 48 Jahre und 36 Tage meiner Ehe sowie viele nette Gäste kann mir niemand nehmen!“, betont er abschließend.

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