Gerichtstetten. So umfassend und lebensnah theoretischer Unterricht sein kann – es lernt sich leichter, ist man mit der Praxis vertraut. Was für die Schule gilt, betrifft auch das Studium: Am Montag besuchten 15 Studierende des Studiengangs „Nachhaltige Tourismusentwicklung“ der Hochschule Heilbronn mit Prof. Dr. Martina Shakya das Hofgut Heilig in Gerichtstetten, um sich vor Ort zu informieren.
Der Vormittag begann mit kurzer Begrüßung durch Matthias Heilig und Jenny Damico, die selbst den seinerzeit ersten Durchgang in „Nachhaltiger Tourismusentwicklung“ absolviert hatte. Nachdem sie den auf regenerative Landwirtschaft spezialisierten Betrieb vorgestellt hatten, erläuterte Arno Kubach die Speisepilzzucht.
Seit einigen Monaten baut der Pilzzüchter Shiitake, Kastanienseitlinge und Austernpilze in den ehemaligen Stallräumlichkeiten der Familie Heilig an. „Da kaum jemand so etwas kannte, gab es entsprechend viele Nachfragen“, erklärte Jenny Damico und spricht von einer „sehr interessierten Gruppe“.
Besichtigt wurde auch der Hofladen. Dort lernten die Studierenden aus erster Hand, wie ein solcher Betrieb erfolgreich funktionieren kann, was hinsichtlich Kooperationen und der Auswahl des Sortiments zu beachten ist, welche grundsätzlichen Optionen bestehen – und was man mit gewonnener Erfahrung anders machen kann.
Ein Ziel der Exkursion war schließlich die Berufsorientierung: „Im zweiten von drei Semestern setzt sich die Mehrheit schon mit konkreten Zukunftsplänen auseinander und lernte bei uns kennen, was getreu dem ’Ansatz anders, aber mit Bezug zum Tourismus und zur Nachhaltigkeit’ eine von vielen Möglichkeiten wäre“, betonten Matthias Heilig und Jenny Damico. Um dem Nachwuchs kein romantisiertes Bild zu zeichnen, wurden auch Herausforderungen auf dem Weg zu einem vom Regionalbudget geförderten Projekt nicht ausgeklammert. Zu diesen zählen vor allem Brandschutz und Sicherheit, aber auch nicht beeinflussbare Faktoren wie Baustellen in nächster Umgebung – was man direkt vor der eigenen Haustür erfuhr: Unmittelbar vor dem Hofgut werden derzeit bei entsprechendem Lastwagenverkehr Leitungen für den Anschluss Ahorn-Buchs an die Verbandskläranlage im Erftal gelegt. „Manches kann man live besser erklären als im Vorlesungssaal“, fasste Jenny Damico zusammen. Detailreich erläuterte sie auch den Förderprozess: Das Regionalbudget versteht sich als Maßnahme von Bund, Land und Landkreisen, die über die Leader-Geschäftsstellen abgewickelt wird. „Bei unserem Projekt geht es darum, Regionalität, Landwirtschaft und Tourismus auf einen Nenner zu bringen“, bemerkte sie. Besonders gut werde das Konzept umgesetzt, wenn sowohl Einheimische als auch Besucher davon profitieren können.
Die Studierenden und ihre Professorin zeigten sich dankbar für die wertvollen Einblicke: „Es ist gut und wichtig, den Unterrichtsstoff mit proaktiv-realen Aspekten zu vermischen“, betonte Prof. Dr. Martina Shakya und bezeichnete vor allem die Pilzzucht als Höhepunkt. „So etwas haben die meisten Studierenden noch nicht gesehen.“ Die Hochschule Heilbronn bildet neben der Hochschule für nachhaltige Entwicklung im brandenburgischen Eberswalde einen von zwei Standorten bundesweit, an denen ein Masterprogramm mit der Kombination von Tourismus und Nachhaltigkeit angeboten wird: „Normalerweise handelt es sich bei Tourismusstudiengängen in Deutschland um eine reine BWL-Ausbildung, wir verfolgen daneben auch andere Schwerpunkte wie die Verbindung von Tourismus, Regionalentwicklung und räumlicher Planung.“ Dahingehend sei man bestrebt, „neue Impulse für den Ländlichen Raum zu setzen und auch zu fördern“. Das könne umso besser erlebt und umgesetzt werden, wenn man möglichst viele Vor-Ort-Eindrücke mitnimmt. In dieser Hinsicht bilden Exkursionen wie am Montag nach Gerichtstetten einen wichtigen Eckpfeiler des Studiengangs. ad
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