Hardheim. Ein riesiger Hubschrauber landete am Mittwoch um 18.45 Uhr in der Carl-Schurz-Kaserne in Hardheim, militärische Fahrzeuge machten sich wenig später auf den Weg in Richtung Walter-Hohmann-Schulzentrum, dort waren alle Türen vom Personenschutz besetzt. Hoher Besuch war in der Erftalgemeinde gelandet. Mit General Carsten Breuer stattet der aktuell ranghöchste Soldat Deutschlands Hardheim einen Besuch ab. Der Generalinspekteur des Heeres sprach morgens noch im Kanzleramt in Berlin mit Olaf Scholz und hielt abends vor etwa 300 Besuchern einen vielbeachteten Vortrag.
Für Breuer war es ein wenig wie nach Hause kommen, war er doch von 2004 bis 2006 Kommandeur der Carl-Schurz-Kaserne, in der er zu dieser Zeit das Panzerflugabwehrkanonenbataillon 12 führte. „Es tut gut, nach Hardheim zurückzukommen“, sagte er mit einem freundlichen Lächeln in die Runde. Unter den Zuhörer waren viele Soldaten, die zu Breuers Zeit als Kommandeur in der hiesigen Kaserne unter seiner Führung ihren Dienst leisteten. Und so war es kaum verwunderlich, dass der General nach seinem Vortrag viele Hände alter Weggefährten schüttelte – ja, sogar für das einen oder anderen Selfie bereitstand. Carsten Breuer fing mit seiner offenen und freundlichen, niemals aufgesetzten, sondern sehr authentischen Art die Menschen ein und schaffte so über zwei Stunden lang eine Atmosphäre der Harmonie und Wärme - obwohl das Thema, über das er referierte, ein sehr, sehr ernstes war.
Was Generalinspekteur Carsten Breuer über Putin denkt – und sagt
Denn: Seine Eingangsfragen hätte aktueller, provokanter und härter kaum formuliert sein können: „Können Sie Krieg? Können wir Krieg?“ Für einige Minuten dominierten Beklommenheit und Nachdenklichkeit die Aula des Walter-Hohmann-Schulzentrums. Aber Breuer hatte mit diesem „Wumms-Einstieg“ sofort die Aufmerksamkeit aller Zuhörer erlangt. Fundiert, dezidiert und nicht minder engagiert arbeitete er im weiteren Verlauf heraus, warum die kriegerische Aggression Russlands gegen die Ukraine auch eine Gefahr für die Nato und deren Bündnispartner darstelle. „Aber viele schließen die Augen und denken: Das wird schon an uns vorüber gehen. Die Gefahr ist aber ganz dicht dran. Wir können sie nicht mehr einfach wegdrücken“, sagte er. An mehreren Beispielen, die er selbst in der Ukraine und auf dem Truppenübungsplatz in Wildflecken (von russischen Drohnen ausspioniert) erlebt hatte, verdeutlichte er seine These der drohenden Gefahr und sagte: „Ich selbst sehe nicht, dass sich Putin mit der Ukraine zufriedengeben wird. Wir müssen uns darauf einstellen, dass in fünf bis acht Jahren ein Angriff auf Nato-Territorium stattfinden kann.“
Aus dieser Überzeugung heraus kam er auf die aktuelle Situation und Rolle der Bundeswehr zu sprechen. Er stellte fest, dass in der langen Zeit des Friedens und der Sicherheit bei der Bundeswehr alles etwas langsamer und träger geworden sei und forderte deshalb: „Wir brauchen mehr Geschwindigkeit!“ Er machte deutlich, dass die Waffen und Gerätschaften, die jetzt mit dem 100-Milliarden-Sondervemögen bestellt würden, erst in einem, zwei oder vielleicht erst in drei Jahren zu Verfügung stünden. „Wir haben halt keinen Rüstungs-Rewe oder Beschaffungs-Edeka“, scherzte er beim ernsten Thema. Die Frage nach einer Wiedereinführung der Wehrpflicht beantwortete er in diesem Zuge bewusst zurückhaltend so: „Wir brauchen eine Aufwuchsfähigkeit. Wir müssen erst einmal festlegen, wie viele Kräfte wir brauchen.“
Bürgermeister Stefan Grimm moderiert Fragerunde
Hardheims Bürgermeister Stefan Grimm moderierte dann die Fragerunde, bei der facettenreich militärische und militärpolitische Themen angesprochen wurden. General Breuer antwortete stets mit Tiefe und nahm den Zuhörern dabei zweierlei Ängste - die nach einem Dritten Weltkrieg und die nach der Rolle der USA in der Nato im Falle einer erneuten Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten: „Ich habe keine Andeutungen dafür, dass sich mit einer Wahl Trumps etwas ändern wird.“
Und seine eingangs und während des Vortrags immer wieder gestellte Frage „Können wir Krieg?“ beantwortete er so: „Ja, die Soldaten können Krieg, wenn sie einen Auftrag dazu bekommen.“ Doch Deutschland bräuchte auch eine wehrhafte Gesellschaft: „Es geht jetzt darum, dass jeder anpackt und mehr Verantwortung übernimmt.“
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