Hardheim/Erbendorf. Die Geschichte, die Hans-Georg Vleugels von der gleichnamigen Hardheimer Orgelmanufactur den Fränkischen Nachrichten am Telefon erzählt, könnte auch der Inhalt eines erfolgreichen Hollywood-Blockbusters werden: Die Konzertsaalorgel der Firma Voit aus dem Kurhaus Baden-Baden, die seit den 1970er-Jahren als verschwunden galt, mittlerweile im Besitz des Unternehmens in der Erftalgemeinde ist, hat nun wieder ein neues Zuhause gefunden: Die katholische Pfarrkirche Mariä-Himmelfahrt in Erbendorf in der Nähe von Weiden in der Oberpfalz.
Doch von vorne: Die Firma Heinrich Voit und Söhne, die heute nicht mehr existiert, zählte vor allem in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zu den renommiertesten Orgelbauern, vor allem die gute Qualität zeichnete die Instrumente aus.
„Eine dieser Konzertsaalorgeln wurde in das Kurhaus in Baden-Baden eingebaut, doch nach dem Zweiten Weltkrieg passte sie nach Umbauarbeiten nicht mehr in den Bénazetsaal“, berichtet Hans-Georg Vleugels. Sie wurde abgebaut und galt seitdem – wie viele andere Voit-Orgeln – als verschwunden.
Gerade einmal zwei dieser besonderen Konzertsaalorgeln sollen noch übrig geblieben sein: Eine steht in der Heidelberger Stadthalle, die andere im Smetana Saal in Prag. Beide hat die Hardheimer Firma Vleugels restauriert. Und wie der Zufall es so wollte, klingelte bei Hans-Georg Vleugels um die Jahrtausendwende das Telefon: „Man hat mir gesagt, dass man in einem ehemaligen Weingut in Karlsruhe Orgelteile gefunden hat, und ob ich mal kommen könnte, um mir diese anzuschauen.“
Instrument war unvollständig
Also fuhr Vleugels nach Karlsruhe und stellte schnell fest: Bei dem eingelagerten Instrument handelte es sich um die eigentlich verschwundene Konzertsaalorgel der Firma Voit aus dem Baden-Badener Kurhaus. Jedoch war sie unvollständig: Der Spieltisch, einige Pfeifen und Spezialteile fehlten.
Gemeinsam mit der Presse vor Ort hatte Vleugels einen Aufruf gestartet und nahezu alle Teile wieder bekommen. Als das Grundstück vor gut zehn Jahren verkauft wurde, hat er die Voit-Orgel dem Land für einen symbolischen Betrag abgekauft. Seitdem habe es immer wieder Interessenten gegeben, die Teile der Orgel haben wollten. „Ich hätte sie schon zehn Mal zerpflücken können“, sagt Hans-Georg Vleugels. Auch gab es Versuche, sie wieder in Baden-Baden aufzubauen, doch die Stadt habe nicht das nötige Geld in die Hand nehmen wollen. Es sei schwer gewesen, den richtigen Standort zu finden, denn der Kirchenraum sei oftmals nicht groß genug.
Vor einiger Zeit kam dann die Anfrage aus Erbendorf, und man habe festgestellt, dass die Baden-Badener Konzertsaalorgel perfekt in die Mariä-Himmelfahrt Kirche reinpasse. Es gab noch viel abzuklären, auch was die Finanzierung des rund 750 000-Euro-Projekts angeht. Das „Go“ der Diözese Regensburg zur Förderung des Orgelkaufs haben die Verantwortlichen kürzlich bekommen, so dass nun nur noch der Vertrag unterschrieben werden musste. Hierfür reiste am Montag extra eine Delegation, bestehend aus Pfarrer Martin Besold, Organist Holger Popp und mehreren Verantwortlichen der Kirchengemeinde Erbendorf, nach Hardheim. „Wir freuen uns wirklich sehr“, sagte der Pfarrer im Rahmen der Vertragsunterzeichnung.
Einweihung im Jahr 2023
„Sobald in der Werkstatt Platz ist, holen wir die Teile aus dem Lager und beginnen, das Puzzle zusammenzusetzen“, so Vleugels. Die Verantwortlichen haben ein großes Ziel vor Augen: Im März 2023, zum 150. Geburtstag von Komponist Max Reger, der in Erbendorf seine „Morgenstern Fantasie“ komponierte, soll es ein Kirchenkonzert geben, und diese besondere Orgel soll in der katholischen Kirche in der Oberpfalz erklingen.
Übrigens: Einen Hollywood-Blockbuster wird es trotz dieser kuriosen Geschichte wohl eher nicht geben. Jedoch wurde die Vertragsunterzeichnung für die Mitglieder der Pfarrgemeinde in Bild und Ton festgehalten, und das Video soll demnächst auf dem Youtube-Kanal hochgeladen werden. Vielleicht wird es ja ein Internet-Blockbuster ...
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