Hardheim. Es ist klirrend kalt an diesem Donnerstagmorgen. Minus acht Grad Celsius zeigt das Thermometer an. Gejammert wird allerdings nicht bei den Freiwilligen der FG „Hordemer Wölf“. Die mit bunter Wäsche behängten Leinen müssen aufgehängt werden. In Hardheim sind es deren 19. „Insgesamt 260 Meter lang“, weiß Heinz-Jürgen op te Roodt, der zusammen mit seiner Frau Juliane seit Jahren das Leinenhängen organisiert. In diesem Jahr waren sie von der FG nur zu viert, weil Mitarbeiter des Bauhofs mit ihrer mobilen Hebebühne die Fastnachter bei ihrer Arbeit unterstützen. Und auch deshalb gibt es einen neuen Rekord: Nach zweieinviertel Stunden hingen die Leinen. Zack. Fertig.
Wäscheleinen aufzuhängen war zeitraubend
Das ging nicht immer so schnell. Früher brauchte man dafür den halben Samstag. „Wir haben die Feuerwehrleiter von der Firma Eirich geholt und die durch die Straßen geschoben“, erinnert sich op te Roodt. Zehn, zwölf Freiwillige waren da als dabei, Es war stets die erste Aufgabe des neuen Ritter Wolf, die Leinen in die Haken an den Häusern und Masten zu hängen. „Da haben die Knie oben als schon mal gewackelt“, erinnert sich Wolfgang „Sloggi“ Seeber, einst jahrelang Mitorganisator des Wäschehängens. Und natürlich gab es früher so manchen Tropfen hochprozentig Flüssiges dazu. „Das ist heute nicht mehr denkbar“, sagt Heinz-Jürgen op te Roodt. Die mittlerweile geltenden Sicherheitsstandards schieben da einen Riegel vor.
Seit dem zweiten Weihnachtsfeiertag sind er und seine Frau Juliana dabei, die Leinen, die normalerweise in der alten Schule unterm Dach lagern, herzurichten. „Die kaputten Wäschestücke müssen ausgetauscht werden, und es ist heute gar nicht mehr so einfach, Wäsche zu bekommen“, erzählt Juliane op te Roodt. Die Badewelt Sinsheim ist seit Jahren ein guter „Lieferant“. Liegengeblieben Kleidung, die nach einem halben Jahr nicht abgeholt worden ist, darf verschenkt werden. Auch eignen sich nicht alle Kleidungsstücke: „eine Jeans wäre zu schwer, wenn sie nass wird“, erklärt Juliane op te Roodt.
Kernfrage: Was soll das eigentlich mit der Wäsche?
Nun aber zur Kernfrage: Warum machen das einige Fastnachtsgesellschaften in der Region überhaupt – während der närrischen Tage Wäsche über die Straßen hängen? Wenn man diese Frage stellt, haben die sonst so schlagfertigen Narren meist keine spontane Antwort parat, sondern „gucken dumm aus der Wäsch’“. „Auf der Bühne wird schmutzige Wäsche gewaschen“, mutmaßt Heinz-Jürgen op te Roodt. „Das hat irgendetwas mit Reinewaschen zu tun“, erinnert sich Wolfgang Seeber unscharf. Marco Katzenmaier, stellvertretender Vorsitzender der FG „Hordemer Wölf“, muss über sich selbst lachen: „Erwischt. Da habe ich jahrelang mitgemacht und weiß gar nicht warum.“
Das Hardheimer Urgestein Rudi Malcher, lange Vorsitzender der FG, bringt zumindest für die Erftalgemeinde Licht ins Dunkel: „Früher wurde tatsächlich die Wäsche zum Trocknen über die Straße gehängt. Da gab es die großen Lkw noch nicht.“ Er und der damalige Präsident Joachim Egenberger haben sich daran wieder erinnert und die Wege des Umzugs mit den Wäscheleinen närrisch geschmückt.
Recherche im Internet führt zunächst nicht zum Ziel
Bei der Recherche im Internet betritt man einen digitalen Irrgarten. Man erfährt zwar, dass dieser Brauch, Leinen mit bunter Wäsche über die Straßen zu hängen, während der Fastnachtszeit weit verbreitet ist (bis nach Südbaden), doch warum das so ist, weiß auch Google nicht. Irgendwo findet man etwas „zur Dekoration“. Der Buchener Fastnachtsexperte Jürgen Strein (er hat schon ein Buch über Fastnachtsbräuche geschrieben) weiß es auch nicht genau, doch er hat die richtige Spur: „Am Ende des Winters wird alles ausgelüftet.“ Letztlich muss uns ChatGPT, ein Chat-Bot der Künstlichen Intelligenz, den Sachverhalt erläutern – und das detailliert. Zukunft erklärt Tradition. Kurios.
Närrisches ChatGPT
Auf FN-Nachfrage verrät uns die Künstliche Intelligenz ChatGPT dies:
Das Aufhängen von Wäscheleinen über den Straßen während der Fastnachtszeit ist eine traditionelle Praxis in einigen Regionen, insbesondere im süddeutschen Raum wie in Teilen von Baden-Württemberg und Bayern. Die Wäscheleinen symbolisieren oft das Reinigen und Frühlingsputzen. Während der Fastnachtszeit werden die Straßen mit bunten Girlanden, Wimpeln und eben auch Wäscheleinen geschmückt. Die Idee dahinter ist, den Winter zu vertreiben und den Frühling willkommen zu heißen. Die bunte Wäsche soll dabei auch Frohsinn und Lebensfreude repräsentieren. In einigen Gemeinden wird dieser Brauch auch mit einer Art „Wäscheleinentanz“ oder einem Umzug begleitet, bei dem Menschen kostümiert durch die geschmückten Straßen ziehen.
Für das durchgefrorene FG-Team gab es am Donnerstag dann aber noch etwas Erwärmendes: Bürgermeister Stefan Grimm lud die Fastnachter zu Kaffee und Krapfen ins Rathaus ein. Ob sie sich dabei über den Brauch des Wäscheaufhängens unterhalten haben…?
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/hardheim_artikel,-hardheim-fastnacht-warum-die-waesche-ueber-den-strassen-haengt-_arid,2165198.html