Grünsfeld. Sie ist Grünsfelds älteste Einwohnerin. Maria Heidinger feierte jüngst ihren 100. Geburtstag. Bürgermeister Joachim Markert übermittelte die Glückwünsche der Stadt und des Ministerpräsidenten.
Die Jubilarin stammt aus einer kinderreichen Familie. Maria Heidinger, geborene Thalheimer, kam als fünftes von acht Kindern am 15. August 1924 in Amrichshausen bei Künzelsau auf die Welt. Fünf Mädchen und drei Buben zählte die Familie.
„Wir hatten eine Landwirtschaft mit Schweinen und Hühnern und einen großen Garten“, erzählt Maria Heidinger. Selbstversorger seien sie gewesen. Da gab es viel Arbeit. Jeder musste anpacken. Trotzdem sei es eine schöne Zeit gewesen, meint Maria Heidinger im Rückblick. „Wir sind behütet aufgewachsen“, betont sie. Weil die Eltern oft aufs Feld mussten, hätten die Kinder recht viele Freiheiten gehabt. „Wir Geschwister haben uns gegenseitig großgezogen“, so die Jubilarin.
Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bedeutete einen großen Einschnitt. Die Brüder mussten in den Krieg. „Ein Bruder ist vor Stalingrad gefallen“, sagt Maria Heidinger. Der älteste Bruder Franz sei von Kiew nach Hause gelaufen, fast 2000 Kilometer. Und der jüngste musste mit 16 Jahren ganz am Ende noch einrücken. Währenddessen hatten die Mädchen auf dem elterlichen Hof die anfallenden Arbeiten zu erledigen.
Unmittelbar nach Kriegsende sollte Maria Heidingers Leben eine schicksalhafte Wendung erfahren. Ihre Schwester Luzia arbeitete in einer Hotelküche in Bad Mergentheim und lernte dort den aus Grünsfeld stammenden Heinrich Heidinger kennen. Die beiden verliebten sich, Luzia wurde schwanger und gebar einen Sohn. Drei Wochen nach der Geburt starb sie. Was tun? „Heinrich ist zu mir gekommen und hat mir den Buben in den Arm gedrückt“, weiß Maria Heidinger noch genau. Sie zögerte nicht und nahm die Mutterrolle an: „Ich konnte ihn doch nicht allein lassen.“ 1947 heiratete sie Heinrich Heidinger. 1949 kam Tochter Gisela zur Welt, 1957 Sonja.
Viel zu tun
In den Folgejahren gab es immer viel zu tun. Das junge Ehepaar baute das Haus in Grünsfeld um. Weil sie die Familie finanziell unterstützen wollte, arbeitete Maria im Schlachthaus von Lauda. 16 Jahre hat sie Häute eingesalzen, damit sie in der Gerberei weiterverarbeitet werden konnten. „Das war schwere Akkordarbeit“, sagt die Jubilarin. Eine Kleiderfabrik war die nächste Arbeitsstelle. Auch dort war es anstrengend. „Wenn ich körperlich nicht so fit gewesen wäre, hätte ich das nicht gepackt.“
Als Tochter Gisela 1978 mit ihrem Mann eine Metzgerei in Heppenheim übernahm, zogen Maria und Heinrich Heidinger dorthin, um sie zu unterstützen. „Wir waren Mädchen für alles“, berichtet die Jubilarin. Meist kamen die beiden am Wochenende wieder nach Grünsfeld, um hier nach dem Rechten zu sehen.
Der Tod ihres Mannes Heinrich im Jahre 1990 markierte einen tiefen Einschnitt. „Wir kamen gerade aus dem Urlaub in Österreich zurück“, weiß die Jubilarin noch heute. Unterwegs sei er plötzlich verstorben.
1995 zog Maria Heidinger in eine Wohnung in einem Mietshaus, das ihre Tochter Sonja und ihr Mann Robert Himmel im Rahmen der Altstadtsanierung in Grünsfeld errichtet hatten. Manchmal pendelte sie noch nach Heppenheim, seit etwas mehr als 20 Jahren wohnt sie ganz in Grünsfeld.
Hier fühlt sie sich wohl und ist immer noch sehr aktiv. Die Geselligkeit schätzt sie sehr. Sie hat sich bei den Witwentreffs engagiert. Die wöchentlichen Zusammenkünfte im Café Dittmann waren Pflicht. Noch heute besucht sie regelmäßig die Seniorenfeier in der Stadthalle, trifft sich privat mit ihren Freundinnen. Als einen Höhepunkt in ihrem Leben bezeichnet die Jubilarin einen vierwöchigen Aufenthalt in Amerika. Ein Onkel ist nach dem Ersten Weltkrieg dorthin ausgewandert. In Boston und Maine besuchte sie ihre Cousinen.
Gefragt nach dem Rezept für ihr langes Leben muss Maria Heidinger nicht lange überlegen: „Schaffen, schaffen, schaffen“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Wichtig sei es, „immer am Ball zu bleiben“. Außerdem werde sie von ihrer Familie sehr gut betreut. Vier Enkel und fünf Urenkel halten sie auf Trab. Sollte es ihr dann tatsächlich langweilig werden, vertreibt sie sich mit Zeitungslektüre und Kartenspielen die Zeit.
Von so viel Energie im hohen Alter zeigte sich auch Bürgermeister Joachim Markert beeindruckt. Er besuchte die Jubilarin und übermittelte die Glückwünsche der Stadt und des Ministerpräsidenten. feu
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