Medizinische Versorgung

Grünsfeld: Naemi und Daniel Klumpp übernehmen Hausarztpraxis

Wolfgang Zöller hat zwei Jahre nach Nachfolger gesucht. Für Bürgermeister ist das Ärztehepaar wie ein Sechser im Lotto.

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Heike von Brandenstein
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Die Chemie stimmt, die Freude ist groß: Nachfolger für Hausarzt Wolfgang Zöller (Dritter von links) in Grünsfeld werden Naemi und Daniel Klumpp (Dritte und Zweiter von rechts). Bürgermeister Joachim Markert (rechts) sowie Hauptamtsleiter Jürgen Umminger und Mitarbeiterin Christina Wenz haben ihren Teil beigetragen, damit die Rahmenbedingungen für die Familie stimmen. © Heike von Brandenstein

Grünsfeld. „Wolfgang Zöller hat in den letzten zwei Jahren gekämpft wie ein Löwe, um einen Nachfolger für seine Hausarztpraxis zu finden“, so Grünsfelds Bürgermeister Joachim Markert bei einem Pressegespräch am Montagabend im Grünsfelder Rathaus. Mit Naemi und Daniel Klumpp ist ihm das gelungen. Erleichtert, froh und stolz blicken das Stadtoberhaupt und der Facharzt für Innere Medizin auf diesen Coup. „Ein Mediziner-Ehepaar zu gewinnen, ist für eine Kommune der Idealfall und ein großer Schatz“, unterstreicht Markert diese glückliche Fügung.

In der Tat hat sich Wolfgang Zöller in den vergangenen zwei Jahren mächtig ins Zeug gelegt. Auf der einen Seite keimte der Wunsch, sich langsam aus dem Beruf zurückzuziehen, auf der anderen Seite war da die Fürsorge für seine Patientinnen und Patienten. Im Stich lassen wollte er sie keinesfalls. Der Mediziner weiß, wie schwierig es ist, junge Ärzte in eine ländliche Region zu holen. Er kennt die Zahlen vakanter Arztstellen im Gebiet der Kreisärzteschaft Tauberbischofsheim. Momentan sind es sieben, beschreibt er die Situation.

Frühzeitig mit der Suche nach Ärzten begonnen

Deshalb hat er frühzeitig mit der Suche begonnen. Er hat Krankenhäuser, Ärztinnen, Ärzte und Oberärzte angeschrieben, auf Fortbildungen Kolleginnen und Kollegen angesprochen, Inserate geschaltet und in Stuttgart sogar an einem von der Bezirksärzteschaft organisierten Speed-Dating teilgenommen. Einmal hatte er einen Interessenten, doch die Vorstellungen von Anbieter und potenziellem Nachfolger passten überhaupt nicht zusammen. Wolfgang Zöller denkt an diese Zeit der Ungewissheit nicht gern zurück.

Das Blatt sollte sich im Sommer 2024 wenden. Naemi und Daniel Klumpp waren im Urlaub in Kützbrunn. Von dort stammt die Mutter von Naemi Klumpp. Die heute 35-jährige Ärztin verlebte die ersten zwei Jahre in der Grünsfelder Ortschaft, bevor die Familie nach Konstanz zog. Noch heute lebt die Oma in dem kleinen Ort, die große Verwandtschaft ist in der tauberfränkischen Region verstreut. „In Kützbrunn kann man auf der Straße spielen, alle zwei Stunden kommt ein Traktor vorbei“, beschreibt Naemi Klumpp die Unbeschwertheit dieses Dorflebens.

Erste Lebensjahre in Kützbrunn verbracht

Das Ehepaar, Eltern von drei Kindern im Alter von neun, sieben und drei Jahren, hat ein Ziel: sich mit einer eigenen Gemeinschaftspraxis selbstständig zu machen. Dass der Grünsfelder Arzt Wolfgang Zöller einen Nachfolger sucht, erfuhren sie während ihres Urlaubs in Kützbrunn via Ortsfunk. So etwas wird auf dem Land thematisiert, spricht sich herum. Also nahmen die Klumpps ihr Herz in die Hand und meldeten sich beim Grünsfelder Hausarzt. Der war Ende Juli eigentlich schon im Urlaub. Weil das Thema aber drängte, wurde ein Treffen vereinbart. Und es passte. „Ich habe echtes Interesse gespürt“, erinnert sich Wolfgang Zöller. Und dann ging alles Schlag auf Schlag.

Joachim Markert als Bürgermeister, seine Verwaltung und der gesamte Gemeinderat stehen nicht nur hinter Wolfgang Zöller, sondern auch hinter den Klumpps. Sie wollen, dass die Hausarztpraxis in Grünsfeld erhalten bleibt und die medizinische Vor-Ort-Versorgung gesichert ist. Dass sie der jungen Familie etwas bieten müssen, war ihnen von Anfang an klar. Und deshalb agierten sie schnell.

Neue Praxis soll auf Seubert-Areal gebaut werden

Sie verfügen über das Seubert-Areal mit Wohnbebauung, dem Caritas-Neubau für Menschen mit Beeinträchtigungen und der Zahnarztpraxis, die bereits steht. Hinter letzterer ist noch Platz. Dort wird eine Gemeinschaftspraxis für die Klumpps entstehen. Die will die Stadt Grünsfeld bauen und dem Ärzte-Ehepaar vermieten. Planung und Realisierung sollen Hand in Hand erfolgen, wie Hauptamtsleiter Jürgen Umminger ausführt. Umminger weist darauf hin, dass dieses Grundstück im Bereich des Sanierungsgebiets liegt, in dessen Rahmen die Förderung von Arztpraxen aber ausgeschlossen ist. Deshalb wolle man erreichen, dieses Gebiet aus der Stadtsanierung herauszunehmen, um für eine Förderung einen ELR-Antrag zu stellen.

Naemi und Daniel Klumpp freuen sich auf die neue Heimat. Die Familie lebt derzeit in Friedrichshafen am Bodensee. Beide haben in Tübingen Medizin studiert. Während die 35-jährige Naemi Klumpp derzeit ihre Ausbildung zur Fachärztin für Allgemeinmedizin abschließt, arbeitet ihr 39-jähriger Mann Daniel als Facharzt für Innere Medizin in einer hausärztlich-internistischen Praxis in Ravensburg. Das Paar hatte schon immer den Plan, sich selbstständig zu machen und sein Arbeitsumfeld frei zu gestalten. „Das hat was“, meint der Internist. Umgesehen hatten sie sich bereits in der Region Bodensee, als sich wie von Zauberhand die Chance in Grünsfeld auftat. „Wir freuen uns riesig“, so Naemi Klumpp.

Übergabe zum 1. Januar 2027 geplant

Daniel Klumpp wird zum 1. Juli 2026 in der Praxis von Wolfgang Zöller beginnen, die Praxisübergabe ist zum 1. Januar 2027 vorgesehen. Seine Frau und die drei Kinder kommen in den Sommerferien nach, sodass sie bis zum Schulbeginn ausreichend Zeit zur Eingewöhnung haben. Bis die neue Praxis auf dem Seubert-Areal fertig ist, werden sie in den jetzigen Räumen von Wolfgang Zöller praktizieren. „Wir sind dankbar für das tolle Angebot“, sagt das Paar. Bürgermeister Joachim Markert ist da überschwänglicher: „Das ist wie ein Sechser im Lotto für uns.“

Redaktion Zuständig für die Kreisberichterstattung Main-Tauber

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