800 Jahre Finsterlohr (mit Bildergalerie)

Finsterlohr: Vom "innovativen Dorf“ zur Wohlfühlgemeinde

Beim Festabend gab es Lob für den Menschenschlag im Creglinger Oberland - von Landrat Christoph Schauder höchstpersönlich. Er ging auch auf die gravierenden Veränderungen in den letzten 20 Jahren ein.

Von 
Arno Boas
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Finsterlohr. Sie können schaffen, und sie können feiern. Das haben Finsterlohr, Schonach und Burgstall am Wochenende eindrucksvoll bewiesen. Anlass war die erste urkundliche Erwähnung von Finsterlohr vor 800 Jahren – im Dezember 1224. Erstmals überhaupt wurde am Festabend die Urkunde öffentlich gezeigt, auf die das Jubiläumsjahr zurück geht. Festrednerin Dr. Katharina Kemmer von der Universität Würzburg hatte sie im Staatsarchiv in Würzburg ausfindig gemacht.

Auf die Rocknacht folgte der offizielle Festakt

Nach einer Rocknacht am Freitag und einem bunten Programm am Samstag Nachmittag (siehe weiteren Bericht auf anderer Seite) ging es am Samstag Abend in der Festhalle weiter mit dem offiziellen Festakt, der von den Oberländer Musikanten schwungvoll umrahmt wurde.

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Finsterlohr feiert 800. Geburtstag

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Die Moderatorin des Festabends, Jutta Gromes ist gebürtig aus Schonach und lebt in Schäftersheim. Sie sprach, wie ihr der Schnabel gewachsen ist: im Eiiwerländer Dialekt „Der licht mir am Herze“, bekannte die Rednerin. Mit ihrer launig-direkten Art führte sie locker durchs Programm und machte dem Publikum klare Ansagen: „Wenn der Gollopf red’t, dann schweiche die Bräseli“.

Finsterlohr verfügt über gute Infrastruktur

Ortsvorsteher Bernd Scheuenstuhl verwies auf die wechselvolle Geschichte des Dorfes, die große Veränderungen mit sich gebracht habe, vor allem auch in der Landwirtschaft. Trotzdem verfüge Finsterlohr mit seinen Teilorten Schonach und Burgstall noch über eine ausgezeichnete Infrastruktur.

Seit Beginn der Abwassermaßnahmen und der Wohnumfeldmaßnahme in den Jahren ab 2003 habe sich das Dorfbild sehr zum Positiven verändert, hob Bernd Scheuenstuhl hervor. Beispielhaft dafür sei der große Erfolg beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, als man 2012 eine Goldmedaille im Landesentscheid und anschließend 2014 im europäischen Dorferneuerungswettbewerb eine Silbermedaille gewonnen hatte. Mit umfassenden Dankesworten schloss der Ortsvorsteher seine Rede.

Eine kunterbunte Entwicklung

Ein Rechtsakt zwischen dem Bischof von Würzburg und dem Deutschen Orden führt als Zeugen einen Cunrad von Finsterloch auf – diese Urkunde aus dem Jahr 1224 ist der erste urkundliche Nachweis des Herrengeschlechts von Finsterlohr. Dr. Katharina Kemmer von der Universität Würzburg stellte diese Urkunde beim Festabend am Samstag Abend erstmals der Öffentlichkeit vor – gefunden hatte die Historikern das Stück Geschichte im Staatsarchiv Würzburg. „Vielleicht schlummert ja irgendwo eine ältere Urkunde mit dem Namen der Finsterlohrer“, meinte die Festrednerin am Ende ihres rund 30-minütigen Vortrags, den sie mit einem Ausflug in die Zeit um 1224 begonnen hatte.

Zwischen 1200 und 1250 hat es im heiligen römischen Reich rund 80 nachgewiesene Städtegründungen gegeben. „Diese Zeit war unheimlich bewegt, es kristallisierten sich urbane Räume heraus“, sagte die Historikerin. Universitäten wurden gegründet, Stadtrechte bildeten sich heraus, das Recht wurde verschriftlicht. Auch in der Literatur habe es viel Bewegung gegeben, meinte die Rednerin mit Verweis auf Werke wie Parzival oder das Nibelungenlied. „Es gab damals eine kunterbunte Entwicklung, das Mittelalter war nicht nur so düster wie es heute oft gesehen wird,“ hob Dr. Kemmer hervor. Das Bildungsniveau sei gestiegen, allerdings nicht in allen Schichten. Das Weltbild sei damals noch stark christlich geprägt gewesen.

Von der Grafschaft Wertheim führte sie ihre Zuhörer in ihrem Vortrag über das kurmainzische Tauberbischofsheim und dem Deutschordenssitz Bad Mergentheim bis nach Creglingen. Zwischen den verschiedenen Herrschern wie etwa dem Deutschen Orden oder dem Haus Hohenlohe habe es durchaus ein Miteinander, oft aber auch Auseinandersetzungen gegeben um Herrschaftsrechte. Was sich auf der großen politischen Bühne abgespielt habe, sei in ähnlicher Weise auch in der Region zu beobachten gewesen. Die Zersplitterung sei groß gewesen, betonte die Historikerin.

Für ihren kurzweiligen Vortrag erhielt die Rednerin kräftigen Applaus.

Bürgermeister Uwe Hehn bescheinigte dem Dorf, innovativ zu sein. „Bleibt so, dann habt ihr eine gute Zukunft“, rief das Creglinger Stadtoberhaupt den Finsterlohrern zu. Im Oberland würden „sehr hartnäckige Menschen“ leben. „Nur so erreicht man viel“, betonte der Bürgermeister und erwähnte das große Engagement des aktuellen Ortsvorstehers und seiner Vorgänger wie Fritz Danner. Ihn imponiere, so Uwe Hehn, der große Zusammenhalt im Dorf: „Alle ziehen mit“, und man mache hier aus dem Wandel das Beste.

Durch das neue Baugebiet seien junge Familien ins Dorf gekommen, „Finsterlohr ist eine echte Wohlfühlgemeinde“, meinte das Stadtoberhaupt. Er freue sich schon auf das zweite Festwochenende Mitte September, betonte Uwe Hehn.

Landrat Christoph Schauder lobt den Menschenschlag im Oberland

Landrat Christoph Schauder würdigte die „Unkompliziertheit und die Verbindlichkeit“ des Menschenschlags im Oberland. In der 800-jährigen Geschichte sei viel passiert, „wenn die Häuser reden könnten, hätten sie viel zu erzählen“, meinte der Landrat. Seit 1973 sei Finsterlohr mit Schonach und Burgstall ein Teil des Main-Tauber-Kreises, den er eine geglückte Verbindung zwischen Baden und Württemberg nannte. Den Oberländer Musikanten bescheinigte der aus Baden stammende Landrat eine vorbildliche Toleranz, denn sie hätten, wie er schmunzelnd anmerkte, auch das Badner Lied gespielt.

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Pfarrer Tilman Staak erinnerte daran, dass Finsterlohr dreimal so alt sei wie die Vereinigten Staaten von Amerika, die erst 1776 gegründet worden seien. Seit sieben Jahren lebten seine Familie und er nun schon an diesem „wunderschönen Ort“. Als er sich damals auf seine erste Pfarrstelle bewarb, habe er zusammen mit seiner Verlobten Nicola eine Reise durch den Norden Württembergs unternommen. In Finsterlohr hätten sie sich sofort wohl gefühlt, „Die Atmosphäre war offen und herzlich“. Das Ortsbild sei ganz offen gestaltet, und der Zusammenhalt sei groß, unterstrich der Pfarrer.

Oberländer Musikanten spielten zum Abschluss der 800-Jahr-Feier

Festrednerin Dr. Katharina Kemmer von der Uni Würzburg blickte anschließend in die Zeit zurück, als Finsterlohr erstmals in einer Urkunde erwähnt wurde.

Nach dem Auftritt der Überraschungsgäste aus Laudenbach und der Verteilung von Gastgeschenken spielten die Oberländer Musikanten noch bis in die Nacht hinein zur Unterhaltung auf, ehe ein rundum gelungenes 800-Jahr-Fest zu Ende ging.

Wobei: Im September wird nochmals gefeiert. Am Samstag, 14. September, 19.30 Uhr gibt es einen Abend mit dem Liedermacher Wolfgang Buck. Karten im Vorverkauf gibt es bei der Bäckerei Hütter und dem Gasthaus Grüner Baum in Finsterlohr.

Am Sonntag, 15. September, folgt ein Tag des fröhlichen Dorfes – mit einem buntem Programm im ganzen Ort – also quasi im Hiwwe- und im Diwwedorf.

Redaktion Redakteur bei den FN

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