Jüdisches Museum Creglingen

Creglingen: Frauenstimmen werden wieder vernehmbar

Ausstellung „Lichter im Dunkeln – Frauen während des Holocaust“ eröffnet. Digitale Schau zusätzlich

Von 
Arno Boas
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Im jüdischen Museum Creglingen ist bis 12. November die Ausstellung „Lichter im Dunkeln - Frauen während des Holocaust“ zu sehen. Unser Bild zeigt die Vorsitzende der Stiftung Jüdisches Museum, Sabine Kutterolf-Ammon sowie den Geschäftsführer der Stiftung, Martin Heuwinkel. © Arno Boas

Das Jüdische Museum hat eine neue Ausstellung eröffnet: „Lichter im Dunkeln – Frauen während des Holocaust“ ist bis 12. November zu sehen. Zusätzlich gibt es eine digitale Ausstellung über „Wagemutige Frauen“.

Creglingen. Es sind erschütternde Zeichen menschlichen Leids. Einerseits. Andererseits zeugen die Bilder der Ausstellung „Lichter im Dunkeln – Frauen während des Holocaust“ aber auch eindrucksvoll davon, mit welch innerer Kraft die Frauen ihr Schicksal annahmen – den eigenen Tod und den ihrer Liebsten immer vor Augen. Bis 12. November ist die bemerkenswerte Ausstellung im jüdischen Museum in der Badgasse zu sehen.

Die Einführung in die Ausstellung am Freitagabend lag in den Händen von Sabine Kutterolf-Ammon, der Vorsitzenden der Stiftung Jüdisches Museum Creglingen. Für das Museum stellt die Ausstellung ihrer Aussage zufolge gleich in zweifacher Hinsicht ein Novum dar: Es ist die erste Ausstellung, die von der internationalen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem konzipiert und zur Verfügung gestellt wurde. Außerdem wird auf einem Laptop eine ebenfalls von Yad Vashem hergestellte digitale Ausstellung präsentiert. Sie trägt den Titel „Wagemutige Frauen – Geschichten von Frauen, die während des Holocaust Juden retteten“.

Schwere, aber sehenswerte Kost

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Die Ausstellung „Lichter im Dunkeln“ ist in neun Themenblöcke unterteilt: Liebe, Mutterschaft, Für andere sorgen, Weiblichkeit, Widerstand und Rettung, Freundschaft, Glaube, Essen und Kunst. Jedes dieser Schwerpunktthemen wird durch eine individuelle Geschichte bereichert. So entsteht ein facettenreiches Bild über das Schicksal von Jüdinnen während der Naziherrschaft.

Es ist schwere Kost. Und gerade deswegen ist die Ausstellung sehenswert. Denn sie verleiht Frauen eine Stimme, die unter den Nazis mit brutaler Gewalt zum Verstummen gebracht wurden. Diese Stimmen werden vernehmbar gemacht – und sie hallen nach, noch lange nach dem Besuch der Ausstellung.

Sabine Kutterolf-Ammon zitierte in ihrer Eröffnungsrede die Direktorin der Museumsabteilung von Yad Vashem und zugleich Kuratorin der Ausstellung „Lichter im Dunkeln – Frauen im Holocaust“, Yehudit Inbar: „Wir wollen die menschliche Geschichte enthüllen, die sich hinter den historischen Fakten verbirgt“. Deshalb habe man den Fokus auf die jüdischen Opfer gerichtet und den „einzigartigen Stimmen der Frauen unter ihnen“ Raum gegeben. Die Besucher der Ausstellung sollten, so die Kuratorin, „stets im Gedächtnis behalten, dass es sich beim Holocaust um ein Ereignis handelt, bei dem die menschliche Böswilligkeit beispiellose Höhepunkte erreichte“.

In den Lagern lag die Lebenserwartung bei nur drei Monaten. Trotz aller Widrigkeiten versuchten die Frauen, ihre Identität zurückzuerlangen, nachdem sie, wie Yehudit Inbar es formulierte, „aller Merkmale des Individualität, Familie und Lebenskultur beraubt worden waren“.

In diesen Lagern mit Gesetzen, die für den menschlichen Verstand unbegreiflich gewesen seien, hätten die Frauen versucht zu überleben, indem sie Kontakt zu den anderen Frauen aufgebaut hätten. „Die Sehnsucht nach dem Leben verband sie miteinander“, so Yehudit Inbar. Die Frauen hätten ihren Verstand an Orten verwendet, die sie um den Verstand gebracht hätten.

Momente mit Bedeutung gefüllt

„In Momenten, in denen sie keine Kraft hatten, brachten sie Kraft auf. An Orten, an denen ihnen und ihren Familien das Recht auf Leben verwehrt wurde, gingen sie in den Tod und füllten jede zusätzliche Minute des Lebens mit Bedeutung“, zitierte Sabine Kutterolf-Ammon die Ausstellungs-Kuratorin.

Platzsparend, aber ausdrucksstark: so könnte man die digitale Ausstellung „Wagemutige Frauen – Geschichten von Frauen, die während des Holocaust Juden retteten“ beschreiben, die auf einem Laptop zu sehen ist und die ebenfalls von Yad Vashem zur Verfügung gestellt wurde.

Gezeigt werden 16 Frauen aus 16 Nationen, die sich wagemutig dem Nazi-Regime entgegenstellten. Ihrem Gewissen folgend, bewahrten sie sich in Zeiten der Unmenschlichkeit ihre Menschlichkeit.

Sie alle sind von der Gedenkstätte als „Gerechte unter den Völkern“ anerkannt worden. Während viele von ihnen gemeinsam mit anderen Familienmitgliedern handelten, ergriffen manche dieser Frauen für sich allein die Initiative und taten alles, um Juden zu retten. Dem Vorstand des jüdischen Museums sei es wichtig gewesen, beiden Seiten des Frau-Seins während des mörderischen Nazi-Regimes eine Stimme zu verleihen, betonte Sabine Kutterolf-Ammon abschließend.

Die beiden Ausstellungen sind bis zum 12. November immer sonntags von 14 bis 17 Uhr zu sehen. Gruppenführungen sind auf Anfrage möglich, Kontakt per e-mail: jmc@stiftung-jmc.de.

Redaktion Redakteur bei den FN

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