Weiterbildungsverbund

Wie die Landkreise die Versorgung im psychischen Bereich sicherstellen wollen

Main-Tauber- und Neckar-Odenwald-Kreis sowie Ärztevertreter wollen durch koordinierte Fachausbildung junge Mediziner in der Region halten

Von 
Martin Bernhard
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Viele Beteiligte, ein Ziel: Anfang der Wochen haben Christoph Schauder (links), Landrat des Main-Tauber-Kreises, und Dr. Achim Brötel, Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises, eine Vereinbarung zur Gründung eines Weiterbildungsverbunds für Psychiatrie und Psychotherapie unterschrieben. © Martin Bernhard

Buchen. Mit der Unterzeichnung einer neunseitigen Vereinbarung durch die Landräte Dr. Achim Brötel (Neckar-Odenwald-Kreis) und Christoph Schauder (Main-Tauber-Kreis) haben die beiden Landkreise in Buchen einen „Weiterbildungsverbund Psychiatrie und Psychotherapie“ gegründet. Ziel ist es, die medizinische Versorgung in diesem Bereich sicherzustellen.

Achim Brötel wies darauf hin, dass das Ziel „gleichwertige Lebensverhältnisse für alle “ Verfassungsrang besitze. Dazu zähle auch die ärztliche Versorgung. Es werde aber immer schwieriger, diese wohnortnah auf dem Land sicherzustellen. Deshalb habe der Neckar-Odenwald-Kreis eine „Stabsstelle Kreisentwicklung“ eingerichtet, die sich insbesondere mit der Sicherstellung der haus- und fachärztlichen Versorgung beschäftigt. So habe man im Feburar 2022 einen Weiterbildungsverbund für die Allgemeinmedizin gegründet. Jetzt folgt eine vergleichbare Einrichtung für die Bereiche Psychiatrie und Psychotherapie. Eine zentrale Koordinierungsstelle stehe für Fragen zur Weiterbildung von Ärzten zur Verfügung.

Schritt in die richtige Richtung

„Ein Herzenswunsch geht in Erfüllung“, sagte Landrat Christoph Schauder. „Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“ Derzeit seien die beiden Landkreise bei der Gesundheitsversorgung noch gut aufgestellt. Das könne sich aber schnell ändern. Denn 40 Prozent der niedergelassenen Ärzte seien 60 oder mehr Jahre alt. Im Bereich „Psychiatrie“ dauere die Fachausbildung fünf Jahre. Deshalb müsse man zeitig Vorsorge treffen. Es sei geglückt, unterschiedliche Akteure in den Weiterbildungsverbund zu integrieren. Generell sieht Schauder die Zukunft der medizinischen Versorgung in Ärztezentren.

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„Jetzt verfügen wir hier über ein strukturiertes System der Weiterbildung“, stellte Dr. Christof Hofele, Präsident der Bezirksärztekammer Nordbaden, fest. Ärzte könnten sich vernetzen, Teilzeitarbeit werde erleichtert. Er hofft, dass der Verbund bald zu neuen Medizinern in der Region führen werde. Denn 80 Prozent der Ärzte würden sich in der Region niederlassen, in der sich ihre Weiterbildungsstätte befunden habe. Dr. Jürgen de Laporte, Vorsitzender der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg, wies ebenfalls auf die zunehmende Ärzte-Knappheit hin. Er sieht allerdings wegen der vielen freiwerdenden Ärzte-Sitze eine „Goldgräberstimmung“ für niedergelassene Ärzte. Man müsse dies nur den jungen Kollegen klarmachen. Wer jetzt eine Praxis übernehme, müsse vier bis fünf Jahre „ranklotzen“ und könne dann gutes Geld verdienen.

Anschließend informierten Katrin Friedrich von der Sozialplanung und Leonie Teichmann von der Stabsstelle „Kreisentwicklung“ des Neckar-Odenwald-Kreises über den Weiterbildungsverbund. So sei die Idee zu dieser Kooperation 2022 entstanden. 2023 traf man sich mit Vertretern von Kliniken und niedergelassenen Ärzten. Ziel der Zusammenarbeit sei es, Weiterbildungsmöglichkeiten im ländlichen Raum transparent zu machen und miteinander zu verbinden. Dem Verbund gehören die beiden Landkreise, mehrere Kliniken und ambulante Praxen sowie die Landes- und die zuständigen Bezirksärztekammern an. Denn derzeit herrsche im psychiatrischen Bereich im Neckar-Odenwald-Kreis mit einer Quote von 93,5 Prozent eine Unterversorgung, während der Main-Tauber-Kreis mit einer Quote von rund 123 Prozent noch überversorgt sei. Durch eine lückenlose, aufeinander abgestimmte Facharztausbildung wolle man den Nachwuchsmedizinern Planungssicherheit geben.

„Die Versorgung wird immer prekärer“, stellte Dr. Hans Weidmann von den „NervenDocks“ aus Buchen fest. Das liege unter anderem daran, dass zu wenig Studienplätze angeboten würden und 65 Prozent der künftigen Ärzte weiblich seien, von denen viele in Teilzeit arbeiten wollen. Außerdem würden immer wieder junge Kollegen in andere Bereiche abwandern. Weidmann verspricht sich durch den Verbund eine bessere öffentliche Wahrnehmung dieser Lage.

Problem ist hausgemacht

Dr. Mathias Jähnel, Ärztlicher Direktor des Krankenhauses Tauberbischofsheim, berichtete von „massiven Schwierigkeiten, Stellen zu besetzen“. Dieses Problem „ist hausgemacht von politischen Entscheidungsträgern“. Während der Coronakrise habe man viele Ärzte und Pflegekräfte verloren. Und auch die Überbürokratisierung treibe Fachkräfte ins Ausland. Nach seinen Worten arbeiten 8000 deutsche Ärzte in der Schweiz. Er forderte, dass man die medizinische Regelversorgung in der Fläche sicherstellen sollte und für Spezialisierungen Zentren einrichte.

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