1250 Jahre Buchen

Von der Vorgeschichte bis zur Gegenwart

Höhen und Tiefen der Kommune in Sonderausstellung „Buchen im Rad der Zeit“ im Audienzsaal des Steinernen Baues ab 5. November zu sehen

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Die Sonderausstellung „Buchen im Rad der Zeit“ eröffnet mit Exponaten wie einem Wehrmachtskoffer von Otto Wilhelm Berberich am 5. November. © Stadtarchiv

Buchen. Im sechsten Regierungsjahr des fränkischen Königs Karl trat Buchen in die Geschichte ein. Im sechsten Regierungsjahr des späteren Kaisers Karl des Großen, das ist irgendwann zwischen Oktober des Jahres 773 und Oktober 774. Damals schenkte ein gewisser Eberwin dem Kloster Lorsch „Hofreiten, Wiesen, Wälder, Gewässer und Häuser“ auf Gemarkung Bucheim – die Ersterwähnung der Siedlung Buchen vor 1250 Jahren, überliefert im sogenannten Lorscher Kodex.

In den großen Reigen von Feiernden zum Jubiläum hat sich auch das Bezirksmuseum Buchen eingereiht: Am 5. November – ziemlich genau 1250 Jahre nach dem Regierungsantritt von König Karl – eröffnet das Museum im Audienzsaal des Steinernen Baues seine Sonderausstellung „Buchen im Rad der Zeit“. An zehn Stationen und einem Exkurs Aspekte der Stadtgeschichte zeigt die Ausstellung Höhen und Tiefen der (seit etwa 1280) Stadt Buchen, vom Talerstädtchen bis zum Inbegriff des badischen Hinterlandes und später die Formierung eines leistungsfähigen Mittelzentrums zeigt.

In nur einem Jahr Vorbereitungszeit haben Bezirksmuseums-Vorsitzender Dr. Wolfgang Hauck und Sibylle Ostien, Norbert Weckbach sowie Dr. Jürgen Strein zusammen mit Stadtarchivar Tobias-Jan Kohler und der für die „Hardware“ zuständigen Ehrenamtlichen Dieter Reschke, Ludwig Müller, Klaus Baumann, Isabell Semma und als Restaurator Rolf Wörner eine Konzeption erarbeitet, die geschichtliche Kenntnisse, die vorhandenen Exponate und die bereits bestehenden Dauerausstellungen des Museums in einer runden geschichtlichen und kulturgeschichtlichen Schau zusammenführt.

Umfangreicher Fundus

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„Das große Stadtjubiläum 1250 Jahre Buchen und 50 Jahre Neue Stadt Buchen gibt Anlass aus dem umfangreichen Fundus der musealen Gesamtpräsentation die speziellen Gesichtspunkte Buchens in einer Sonderausstellung herauszustellen“, schreibt Wolfgang Hauck in der pünktlich zur Ausstellungseröffnung erscheinenden Doppelnummer der Vereinszeitschrift „Der Wartturm“, die wie schon bei der großen Dauerausstellung „Gottes Lob und Seelenheil“ als Katalog fungiert.

Lange, bevor Buchen in fränkischer Zeit erstmals erwähnt wurde, gab es bereits eine Siedlung, wovon Relikte aus der Zeit der jungsteinzeitlichen Michelsberger Kultur, der Römerzeit und der Merowingerzeit Zeugnis geben.

In den 600 Jahren nach der Ersterwähnung Buchens wurde das Dunkel der Frühzeit nur gelegentlich durch vereinzelte Dokumente erhellt, zum Beispiel bei der Erwähnung Buchens als oppidum, beim Übergang zum Erzbistum Mainz und bei der archäologisch nachweisbaren Feststellung, dass die Stadt im Spätmittelalter und unter mainzischer Herrschaft zu einem wehrhaften Gemeinwesen herangewachsen war.

Highlight in diesem Teil der Ausstellung ist eine unscheinbare Originalurkunde aus dem Jahr 1280, in der Buchen erstmals als „oppidum“, als Stadt, bezeichnet wird. Dieses wertvolle Dokument fand dank der Großzügigkeit des Fürsten Andreas von Leiningen den Weg aus dem Amorbacher Archiv in eine Vitrine im Steinernen Bau.

Höhen und Tiefen Buchener Stadtgeschichte werden in der Station zur Reformationszeit am besten deutlich. Von der reichen und weitgehend unabhängiogen Kommune innerhalb des Neunstädtebundes sank Buchen nach der Teilnahme am Bauernkrieg auf Seiten der Bauern zur vom Erzbistum Mainz dominierten Landstadt herab. Das Ende der städtischen Selbstverwaltung dokumentiert die von Erzbischof Albrecht von Brandenburg eigenhändig unterzeichnete „Neue Stadtordnung“.

Von der Pest bis hin zu Kraus

„Vom 30jährigen Krieg bis zum Ende der Kurmainzer Herrschaft“ ist der Titel der folgenden Station, in der so unterschiedliche Themen wie die Pestepidemie von 1635 mit der Stiftung des Rochusfestes, der große Stadtbrand von 1717 sowie das Leben und Wirken des Komponisten Joseph Martin Kraus zusammengefasst sind.

Bis ins Spätmittelalter reichen die Wurzeln der Buchener Faschenacht zurück, die mit einem ganz besonderen Exponat vertreten ist: ein Narrenkarussell, von Franz Gierl angefertigt, in dem die Huddelbätze mit Figuren der schwäbisch-alemannischen Fasnet um den Stadtturm tanzen – natürlich zu den Klängen des „Kerl wach uff“.

„Im Großherzogtum Baden“ geht es um die sozialen Unruhen vor der 48er Revolution mit angekokelten Akten aus dem Amorbacher Archiv, die Welle der Auswanderungen nach Nordamerika (das kunstvoll gefertigte Firmenschild des aus Oberneudorf stammenden Joseph Noe zeigt, dass man in der Neuen Welt sein Glück machen konnte), den Schlachtenmaler Wilhelm Emelé und die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr mit der imposanten Stürzenhardter Kolbenpumpe aus dem 19. Jahrhundert – die ebenfalls erhaltene Buchener Pumpe wäre zu groß für den Ausstellungssaal gewesen. Eine eigene Station ist dem Fotografen Karl Weiß gewidmet – die Ausstellung zeigt unter anderem seine mobile Plattenkamera für „Außenaufnahmen“.

Die dunkle Zeit des Nationalsozialismus wird in der Ausstellung nicht ausgespart. Das Leben von Otto Wilhelm Berberich – „Nationalsozialist, Bürgermeister, Soldat“ – wird in Exponaten, seiner Uniform und des Wehrmachtskoffers gezeigt, die Begleittexte gehen auf Täter und Opfer dieser Zeit ein, letztere am Beispiel des Sinto Franz Reinhardt, der im Rahmen der T 4-Aktion ermordeten Brüder Karl Joseph und Otto Fertig und der jüdischen Familie Oppenheimer. Mit der letzten Station kommt die Ausstellung in der Gegenwart der Bundesrepublik und seit 1973 der neuen Stadt Buchen an, wobei eines der besonderen Exponate das Modell des „Prinz Carl“-Anbaus von Egon Eiermann ist. Dazu kommen zahlreiche Karikaturen des Künstlers Dénes von Szebeny von Buchener Prominenten, entstanden meist 1947 und 1948. In einem „Exkurs“ im benachbarten Erkerzimmer des Steinernen Baues zeigt das Museum Gemälde von Mitgliedern der Hollerbacher Malerkolonie.

Die Ausstellung „Buchen im Rad der Zeit“ wird am Sonntag, 5. November, mit einer kleinen Feier im Alten Rathaus eröffnet. Im Anschluss ist sie dann für alle Besucher im Steinernen Bau zu sehen. Ein Jahr lang wird sie zu den Museums-Öffnungszeiten (sonntags 14 bis 17 Uhr und ansonsten nach Vereinbarung, Telefon 06281/8898) gezeigt. Texttafeln an den einzelnen Stationen erläutern die Exponate – für eine weitergehende Beschäftigung empfiehlt es sich, den „Wartturm“ zur Hand zu nehmen, der zur Eröffnung erscheint. str

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