Faschenacht gestern

So wurde die Buchener Faschenacht nach dem Zweiten Weltkrieg wiederbelebt

Die Faschenacht in Buchen organisierten nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem Mitglieder des Bleckerclubs. Wenig später wurde die „Narrhalla“ wiedergegründet. Kurt Hemberger förderte die Verbreitung des Huddelbätz-Kostüms.

Von 
Martin Bernhard
Lesedauer: 
Mit Pferdefuhrwerk statt Traktor: der Rosenmontagsumzug 1947in der Buchener Innenstadt. © Narrhalla-Archiv

Buchen. Die Nazi-Organisation „Kraft durch Freude“ löste im Jahr 1936 die Buchener „Narrhalla“ als Ausrichterin der Faschenacht ab. Sie organisierte aber nur einmal einen „beachtlichen Rosenmontagsumzug“, wie Jürgen Strein in dem FN-Buch „Faschenacht in Buchen“ schreibt. Nach dem Krieg musste das faschenachtliche Treiben neu zum Leben erweckt werden.

Der 96-jährige Walter Jaegle dürfte der älteste Zeitzeuge der Wiederbelebung der Buchener Faschenacht nach dem Zweiten Weltkrieg sein. Zum besseren Verständnis der Geschehnisse ist es gut zu wissen, dass damals für ein und dasselbe Gasthaus drei verschiedene Namen verwendet wurden: Die Wirtschaft „Zur Post“ führte früher Hermann Wittemann, genannt „Beckedoni“. Sein Nachfolger hieß Bleifuß, weshalb man sich auch „beim Bleifuß“ traf. Das Gasthaus befand sich in der Walldürner Straße, dort, wo die Volksbank Franken auf dem ehemaligen „Kinoloch“ Parkplätze geschaffen hat.

Treffen im „Ochsen“

Die Initiative zur Wiederbelebung der Buchener Faschenacht ging von Mitgliedern des „Bleckerclubs“ und weiteren Interessierten aus. Jaegle kam Ende 1945 aus britischer Kriegsgefangenschaft zurück und mischte mit. „Man hat sich im ,Ochsen’ oder ,Beckedoni’ getroffen“, erinnert er sich. Obwohl die amerikanische Besatzungsmacht in Buchen Maskentragen verboten und eine nächtliche Sperrstunde verhängt hatte, organisierte man die erste Kampagne nach dem Krieg.

Wie Otto Hemberger feststellte, gründeten am 2. Januar 1946 Kriegsheimkehrer in der alten Narrenhochburg „Ochsen“ den „Hohen Elferrat der Bleckerstadt Buchen“. Otto Hembergs Bruder Adolf ließ sich zum Präsidenten „Pilatus I.“ wählen. Die alliierte Militärverwaltung erteilte ihm die Erlaubnis, Umzüge und Kappenabende zu veranstalten. So fand am Faschenachtssamstag 1946 im Bleifuß-Saal die erste närrische Sitzung nach dem Krieg mit der Pfeiffer’schen Kapelle statt. Es galt eine Sperrstunde von 20 bis 5 Uhr, während der niemand das Haus verlassen durfte.

Mehr zum Thema

Traditionsfiguren der Buchener Faschenacht

Mehr als 2000 Buchener tragen einen „Huddelbätz“

Veröffentlicht
Von
Michael Fürst
Mehr erfahren
Verwirrung

Faschenacht, Faschnacht oder was?

Veröffentlicht
Von
Martin Bernhard
Mehr erfahren

Auch der damals 18-jährige Walter Jaegle war dabei. „Es gab Dünnbier, Most und Schnaps“, erinnert er sich. Die Getränke gingen im Laufe der Nacht aus. Also beschlossen die drei jungen Männer, darunter auch Jaegle, Nachschub zu holen, und zwar in Neudenau oder in Neuenstadt am Kocher – so genau weiß Jaegle das nicht mehr.

Stadtkommandant Marshall Prentice sprach fließend Deutsch und war den Buchenern Fastnachtern sehr gewogen. Nach einem Artikel im Nachrichtenmagazin „Spiegel“ vom 16. Oktober 1949 wurde er später zum „Senator des Buchener Faschingsvereins“ und zum Ehrenbürger von Buchen ernannt. Prentice, der nach den Worten von Jaegle an jenem Faschenachtssamstag Wache hielt, bot an, die Burschen zum Getränkeholen zu fahren. Gegen fünf Uhr kehrten die vier mit Wein und Schnaps in den Bleifußsaal zurück, und die Narren feierten unbeschwert weiter.

Erster Gänschmarsch nach Krieg

Am Faschenachtssonntag 1946 fand der erste Gänschmarsch nach dem Krieg statt. Wie Walter Jaegle sagte, zogen die Narren zu den Klängen der Kapelle von Willi Pfeiffer durch die Straßen, allerdings ohne Masken. Denn erst ab 1948 war das Maskentragen wieder erlaubt. Und auch der Rosenmontag wurde 1946 oder 1947 mit einem Umzug gefeiert – hier widersprechen sich die Angaben.

1947 begingen die Narren das Jubiläum zum 500-jährigen Bestehen der Buchener Faschenacht, schreibt Strein. Die Sendestelle Heidelberg von Radio Stuttgart berichtete darüber und machte die Faschenacht überregional bekannt.

Die „Fasenachtsgesellschaft Narrhalla“ trat im Jahr 1951 wieder in Erscheinung und nicht im Jahr 1949, wie in mehreren Veröffentlichungen erwähnt. Sie gründete sich am 8. November 1951 im „Reichsadler“ neu mit Adolf Hemberger als Präsidenten, genannt „Pilatus I.“ Erster Schriftführer war Walter Jaegle. Dieser belegt das Gründungsdatum gegenüber den FN mit einem Sitzungsprotokoll und einer Meldung in der Tageszeitung. Nachfolger von Pilatus wurde 1953 Erich Grimm, alias „Sterzemer III.“ Dessen Amtszeit endete nach den Recherchen von Strein mit einem Eklat: Grimm hatte sich um die Stelle des Buchener Ratschreibers beworben, war aber nicht gewählt worden. Daraufhin wollte der Elferrat den Rosenmontagsumzug ausfallen lassen. Narrhalla-Vorsitzender Hermann Wittemann und sein Bruder organisierten dennoch den Umzug. Hermann Wittemann trat anschließend von seinem Amt zurück. Die Narrhalla wählte am 26. Oktober 1953 Kurt Hemberger zum Vorsitzenden. Dieser hatte das Amt bis 1991 inne.

Nach den Aufzeichnungen von Jürgen Strein nahm sich Hemberger für die Kampagne von 1950 der BuHuddelbätze an. „Damals gab es nur sieben Huddelbätze aus sieben Buchener Familien“, erinnerte sich Hemberger 2014 anlässlich seines 90. Geburtstags. Strein schreibt von sechs solcher Kostüme, die sich im Eigentum der Familien Wittemann, Deggelmann, Morschhäuser, Stetter und Heller befanden. Hemberger lud zu einem Narrhalla-Treffen in den „Ochsen“ ein. Dort zeigte er, wie man einen Huddelbätz herstellt. Nach Angaben von Strein bereicherten 1950 schon 50 Huddelbätze den Gänschmarsch. Beim Narrentreffen 1952 in Lauda sollen es über hundert gewesen sein. Im Laufe der Jahre wuchs die Schar auf etwa 2000. Kurt Hemberger nannte man deshalb „Huddelbätzvater “.

Reisen nach Nante und Nancy

34 Jahre lang war Hemberger „Narrhalla“-Vorsitzender. Wie er sagte, habe man auf seine Anregung hin Wäscheschmuck über die Straßen gehängt. Nach anderen Angaben habe man in der Zwischenkriegszeit Faschenacht mit dem Motto „Venezianische Nächte“ gefeiert und damals schon die Straßen mit Wäsche geschmückt. Mit Hemberger an der Spitze reisten die Huddelbätze nach Nante und Nancy, und der Rundfunk berichtete immer öfter aus Buchen.

Redaktion

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten