Neckar-Odenwald-Kreis
Zu feiern gibt es tatsächlich etwas, so Landrat Dr. Achim Brötel im KIZ vor rund 70 Zuhörern: „Die herausragende Leistung all derer, die in den vergangenen 203 Tagen hier Dienst getan haben.“ Dabei betonte er, dass der Kreis das Zentrum im Auftrag des Landes betrieben habe. Man sei „Vorortpartner im Auftrag und auf Rechnung des Landes“ gewesen.
Noch nie so viel Prügel bekommen
Über 92 000 Impfungen wurden verabreicht – für Brötel eine „sehr beeindruckende Zahl“. Er ließ die vergangenen Monate Revue passieren, beginnend Mitte Dezember und mit „der netten Aufgabe, eine komplette Infrastruktur für ein KIZ aus dem Boden zu stampfen“ – genau über Weihnachten, wo das besonders leicht ist, so Brötel sarkastisch. Fix und fertig eingerichtet war man am 8. Januar, musste den Start aber dann verschieben, weil eine Kleinigkeit fehlte: der Impfstoff. So ging es weiter, listete der Landrat auf: Große Versprechungen der Politik, die nicht erfüllt wurden, ein Terminvergabesystem, das die Menschen zumindest am Anfang „systematisch in den Wahnsinn trieb“, teilweise unlogische Priorisierungen, der unerwartete Stopp für den Impfstoff AstraZeneca, wechselnde Impfkommisions-Empfehlungen, spontane Verordnungen – kurz: Grund für Ärger, Frust und Verzweiflung bei den Menschen. Und das meiste davon sei beim Landkreis abgeladen worden, der nichts dafür konnte. Brötel: „Wir haben noch nie zuvor so viel Prügel bekommen, und noch dazu zu Unrecht.“ Für die Reaktionen der Betroffenen hat er Verständnis – die „große Politik“ war schließlich nicht greifbar, also beklagte man sich vor Ort. Doch aus heutiger Sicht sagt der Landrat: „Wir haben es abgehakt.“
Als Fazit bleibe ein dickes Dankeschön an alle Beteiligten für eine riesige Gemeinschaftsleistung. Und darauf sei er richtig stolz, sagte Brötel emotional. Gemeinsam habe man ein Wechselbad der Gefühle durchlebt und durchlitten.
Toll sei es, dass es überhaupt so schnell einen Impfstoff gab, gut war die Zusammenarbeit mit dem Nachbarkreis Rhein-Neckar, froh war man über die „Kunst beim Impfen“, für die Rolf Hamleh und Ramona Müller-Hamleh sorgten, unbürokratisch und sinnvoll war das Portal „Impfhelden“, mit dem man verhindert habe, dass Impfdosen verfallen. Man habe unglaublich viel erreicht, schloss der Landrat.
Es liege nun an allen, auch an den noch nicht Geimpften, ihren Solidarbeitrag dazu zu leisten, dass man das Virus endlich besiege. Er appellierte an die Zuhörer, als Multiplikatoren zu wirken und Unentschlossene zu überzeugen.
Aus dem berühmten „Nähkästchen“ plauderte KIZ-Leiter Volker Link und erinnerte mit Augenzwinkern an nächtliche Telefonate und blutdrucksteigernde Probleme wie dreimal pro Woche sich ändernde Meldungen über Impfstoffmengen. Nach der aufregenden Anfangsphase sei man zu alten Hasen geworden, dankte er für das nette Miteinander.
Der ärztliche KIZ-Leiter Dr. Christoph Kaltenmaier lobte besonders das hochprofessionelle Team im Aufbaustab und die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten – „eines der führenden KIZ im Land war das Mosbacher Haus für ihn. Brötel dankte abschließend allen Funktionsträgern, vor allem Aufbau-Koordinator Dr. Björn-Christian Kleih, KIZ-Leiter Volker Link und seinem Stellvertreter Volker Noe sowie Peter Fieger und Dr. Kaltenmaier, der zusammen mit Kollegen und den Schichtleitern der medizinischen Fachangestellten den Betrieb sicherte.
124 mobile Einsätze
Die mobilen Teams (MIT), die stolze 124 Einsätze hatten und ein wesentlicher Eckpfeiler des Erfolgs waren, wurden von Jennifer Link koordiniert, den MIT-Fahrdienst organisierten Verantwortliche des DLRG-Bezirks Frankenland, an der Spitze Norbert Streckert aus Höpfingen.
Für die internen Abläufe und die Security sorgte das Team von Blackout Eventmanagement aus Buchen mit Objektleiter Alexander Koch. Ein Dank ging an das DRK, welches den Sanitätsdienst sicherte, stellvertretend nannte Brötel Michael Kiefner vom DRK Mosbach und Claudia Fieger-Molzer vom DRK Buchen.
Noch nahezu komplett war die Frühschicht vom Donnerstag bei der „Schließungsfeier“ am Nachmittag da. „Sie geht als die historisch letzte in die Geschichte unseres Kreisimpfzentrums ein“, so Brötel. „Ab sofort ist Schicht im Schacht. Das KIZ ist Geschichte.“
Achteinhalb Monate Kreisimpfzentrum im Neckar-Odenwald-Kreis
8. Januar: Unter der Überschrift „Große Hoffnung in kleinen Dosen“ berichteten die FN über die Vorarbeiten für die Eröffnung des Kreisimpfzentrums in den Räumen des früheren „Kaufland“ im Mosbacher Obertorzentrum. Alles ist vorbereitet.
15. Januar: Der für diesen Tag geplante Start des KIZ wird verschoben. Der Impfstoff fehlt.
22. Januar: „Das Kostbarste für 106 Bürger“ titeln die FN. Das KIZ hat den Betrieb aufgenommen. Weil der Impfstoff immer noch knapp ist, geht es nur langsam los.
29. Januar: Bereits über 200 Klinikmitarbeiter sind geimpft.
18. März: Nachdem die Europäische Arzneimittelbehörde die Aussetzung der Impfung mit AstraZeneca empfiehlt, muss im Kreisimpfzentrum aufwendig umdisponiert werden: Man impft mit Biontech/Pfizer und stoppt einige Termine. Sie werden kurze Zeit danach dann nachgeholt.
20. Mai: Am internen Rekordtag werden 804 Impfungen verabreicht.
9. Juni: Seit Bestehen des KIZ wurden 45 146 Impfungen dort verabreicht. Das Zentrum ist aber nach wie vor nur zur Hälfte ausgelastet.
17. Juni: Ab sofort gibt es in den Apotheken und im KIZ den digitalen Impfpass, der vieles vereinfacht.
19. Juli: Im KIZ kann man nun ohne Termin zur Impfung kommen. Auch Jugendliche ab zwölf werden ab Juli geimpft.
30. September: Nachdem das Ende der KIZ zweimal verschoben wurde, ist jetzt wirklich Schluss: Morgens wird noch geimpft, nachmittags schließt das KIZ. Über 92 000 Impfungen wurden vom KIZ und den mobilen Teams insgesamt verabreicht. KIZ-Leiter Volker Link ist stolz, dass kein Termin in der Einrichtung abgesagt wurde. sab
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