Buchen. „Mach weiter. Du hast es gleich geschafft“, ruft Arno Steichler mir zu. Meine Hände und Beine fangen an zu zittern. Ich merke, wie mich die Kraft verlässt. „Ich hab dich. Du kannst kurz loslassen und entspannen“, ruft es wieder von unten. Ich spüre den Zug am Seil, lasse die Hände los und schüttele sie kurz aus. Vorsichtig drehe ich mich um, schaue die etwa zehn Meter an der Kletterwand im Buchener Kletterzentrum in die Tiefe. Oh, auf was habe ich mich da nur eingelassen? „Ich glaube, ich will wieder runter“, sage ich zu Arno Steichler. „Ach Quatsch. Du hast es doch gleich geschafft.“ Stimmt, bis zum letzten Griff der pinken Route fehlen mir nur noch wenige Griffe.
Arno Steichler navigiert mich Schritt für Schritt weiter, erklärt, welchen Griff ich als nächstes nehmen muss und korrigiert meine Haltung. „Versuche, dich mehr mit den Beinen abzudrücken und nicht, mit den Händen hochzuziehen“, sagt er. Das sei der häufigste Fehler, den Kletteranfänger machen. Und deshalb habe man dann keine Kraft mehr in den Händen und Fingern. Wichtig sei es außerdem, den Po möglichst nah an der Kletterwand zu halten. Sonst verlagere sich nämlich der Schwerpunkt nach hinten, und man brauche zu viel Kraft, um sich an der Wand zu halten.
Nach der Angst kommt beim Klettern die Erleichterung
Mit beiden Händen halte ich mich an dem letzten Knauf fest. Geschafft! Ich bin auf 13,5 Metern Höhe angekommen. Langsam seilt Steichler mich wieder ab. Am Boden angekommen, hole ich tief Luft. Puh, das war jetzt doch höher als ich dachte. „Und wie fühlst du dich?“, fragt mich der Vorstand „Klettern“ der Sektion Buchen des Deutschen Alpenvereins (DAV). „Irgendwie erleichtert und glücklich, dass ich es durchgezogen habe“, antworte ich.
Genau das sei laut Steichler der Effekt, der für viele das Klettern so besonders mache. Man bekomme den Kopf frei. Klettern sei wie Urlaub. Für viele sei das der perfekte Ausgleich zum Arbeits- oder Schulalltag. „Nicht die Arme oder Beine, sondern der Kopf ist der wichtigste Muskel beim Klettern“, betont Arno Steichler, während er mich vom Seil löst.
Squash-Halle wurde in Buchen zur Boulder-Halle umgebaut
An jenem Mittwochabend herrscht reger Betrieb im Kletterzentrum, das in unmittelbarer Nähe zum Indoor-Spielplatz „Paradiso“ liegt. Insbesondere die Boulder-Halle erfreut sich großer Beliebtheit. Diese ist in der einstigen Squash-Halle entstanden und wurde von der DAV-Sektion umgebaut. Auch das Bouldern darf ich an diesem Abend ausprobieren. Der wesentliche Unterschied zum Klettern liegt darin, dass man nicht mit einem Seil gesichert ist. Daher sind die Wände nicht so hoch und der Boden mit einer weichen Matte ausgelegt (weitere Infos siehe nebenstehenden Artikel). Ein wichtiges Hilfsmittel sowohl beim Bouldern als auch beim Klettern ist das richtige Schuhwerk. Denn durch die Kletterschuhe hat man einen deutlich besseren Halt an der Wand. Hilfreich ist es außerdem, die Hände mit Magnesiumcarbonat einreiben, um zu verhindern, dass man an den Griffen abrutscht. Dafür verwenden die Kletterer in Buchen flüssiges Magnesium. „Dadurch ist es in der Halle nicht so staubig“, erklärt Steichler.
Über das Kletterzentrum
- Das Kletterzentrum wird von der Sektion Buchen des Deutschen Alpenvereins (DAV) betreut.
- Im Kletterzentrum gibt es abwechslungsreiche Kletterrouten in den Schwierigkeitsgraden 4 bis 10.
- Der Hauptraum bietet diverse Toprope-Routen und eine Vielzahl von Vorstiegs-Routen. Im Vorraum befindet sich ein separater Trainingsbereich mit niedrigeren Wänden und einfachen Toprope-Einstiegsrouten.
- Neben Klettern kann man in im Kletterzentrum auch Bouldern. Die Halle hat seit Anfang 2019 geöffnet.
- Regelmäßig werden im Kletterzentrum auch Schnupperkurse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene angeboten. Jeden Donnerstag ist von 17 bis 19 Uhr Familienklettern.
- Im Kletterzentrum kann Kindergeburtstag gefeiert werden. Auf die Kinder warten verschiedene Kletterspiele und natürlich das Klettern am Seil auch in der großen Halle.
- Weitere Informationen gibt es auf der Homepage der DAV-Sektion Buchen unter www.dav-buchen.de. mg
Als ich das Kletterzentrum verlasse, frage ich Arno Steichler, ob ich mich in den nächsten Tagen auf Muskelkater einstellen muss, weil mein Körper Bewegungen gemacht hat, die er nicht gewohnt ist. „Viele haben am Anfang Muskelkater in den Unterarmen, weil sie den Fehler machen, sich mit den Armen hochziehen zu wollen, statt mit den Beinen abzudrücken“, warnt mich Steichler vor. Auch Schrunden an den Händen seien am Anfang normal. Schon am Abend merke ich, dass sich meine Hände an manchen Stellen wund anfühlen. Sie sind gerötet. Am nächsten Morgen freue ich mich schon, als ich in den Unterarmen keine Schmerzen spüre. Dafür tut es aber am Trizeps und im Schulter- und Nackenbereich weh. Aber nach wenigen Tagen ist der Muskelkater verschwunden – ein gutes Gefühl. Für jemanden, der einen Ganzkörpersport sucht, der den Kopf freimacht, ist Klettern oder Bouldern genau das Richtige. Der Vorteil am Bouldern ist, dass man in der Regel ohne einen Kurs direkt loslegen kann. In den Kletterzentren gibt es für Kletterinteressierte immer wieder Schnupperstunden . Und diesen Sport kann man sowohl im Sommer als auch im Winter ausführen. Im Sommer lässt sich Klettern super mit einem Urlaub in den Bergen verbinden, wo man im Freien den Sport betreiben kann. Ausprobieren lohnt sich also.
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