Stärkere Vernetzung der Produzenten geplant

Tauber-Odenwald: Grünkern als Botschafter regionaler Qualität

Peter Hauk sieht Potenzial für nachhaltige Ernährung. Agrarminister will Dinkelerzeuger an einen Tisch holen.

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Klaus T. Mende
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Grünkernliebhaber: Minister Peter Hauk will die Erzeuger an einen Tisch holen, um über eine Vermarktungsoffensive zu diskutieren. © Klaus T. Mende

Tauber-Odenwald/Angeltürn. Grünkern – die aromatische, halbreif geerntete Form des Dinkels – ist für viele Menschen in der Region Tauber-Odenwald weit mehr als nur ein Lebensmittel. Er ist Tradition, Identität und zunehmend auch ein Symbol für regionale Wertschöpfung. Bei einem Vor-Ort-Termin bei Erzeuger Christian Böres im Boxberger Stadtteil Angeltürn sprach der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk über Chancen, Hürden und Zukunftsperspektiven des besonderen Korns.

50 Hektar Fläche in der Bewirtschaftung

Gastgeber Christian Böres, ein junger Landwirt im Nebenerwerb, bewirtschaftet mit seiner Familie rund 50 Hektar. Der Grünkern ist dabei Hauptkultur – doch er weiß: Die Vermarktung bleibt schwierig. „Wenn man Leuten außerhalb der Region eine Tüte Grünkern und ein Rezeptheft schenkt, kommt oft die Frage: , Was macht man damit‘?‘“, erzählt er schmunzelnd. Um den Zugang zu erleichtern, entwickelte er eine Grünkernsuppenmischung, der nur noch Wasser zugesetzt werden muss. „So probieren die Leute das Produkt wenigstens – und es kommt gut an.“

Trotz solcher Ideen bleibt der Absatz überregional begrenzt. „Es ist einfach ein teurer Rohstoff“, erklärt Christian Böres. „Große Lebensmittelkonzerne brauchen billige Zutaten. Früher hat Knorr Grünkernsuppe im Sortiment gehabt, aber da war nur wenig echter Grünkern drin – der Rest war Weizenschrot.“

Minister Peter Hauk nickt. Für ihn ist klar: Grünkern ist eine Spezialität, kein Massenprodukt. „Die Anbaufläche ist begrenzt“, sagt er. „Selbst wenn man wollte, ließe sie sich nicht beliebig ausweiten. Aber genau das macht den Wert des Grünkerns aus.“ Er betont, dass die Vermarktung als regionale Spezialität gestärkt werden müsse: „Grünkern ist ein Markenzeichen unserer Region. Das steht sogar auf den Autobahnschildern – und das zu Recht.“

Ein weiteres Thema, das die Landwirte beschäftigt, ist die Bürokratie. Besonders die EU-geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) sorgt für Frust. Der Vater von Christian Böres berichtet: „Wir waren jahrelang dabei, aber der Aufwand wurde immer größer. Es mussten Kontrollen erfüllt werden, die kaum noch zu stemmen waren. Am Ende war der Papierkrieg größer als die Produktion.“

Hauk zeigt Verständnis: „Natürlich müssen Herkunftsbezeichnungen überprüft werden – sonst sind sie nichts wert. Aber wir dürfen die Betriebe nicht mit Vorschriften ersticken.“ Einig ist man sich darin, dass weniger Bürokratie und mehr regionale Eigeninitiative nötig sind.

Der Minister regt an, die Grünkernproduzenten der Region an einen Tisch zu holen. „Das Gebiet vom Boxberg im Main-Tauber-Kreis nach Altheim im Bauland ist das Herz des Grünkernanbaus. Wenn sich die Erzeuger zusammenschließen, können wir von politischer Seite die Vermarktungsoffensive unterstützen.“

Grünkern hat nach Ansicht Peter Hauks durchaus Zukunft – vor allem im Bereich der nachhaltigen und vegetarischen Ernährung. „Gerade in der Bioküche ist Grünkern beliebt, weil er fleischlose Gerichte bereichert“, sagt Hauk. Seine persönliche Vorliebe: „Ich bin Fan der klassischen Grünkernsuppe - aber das ist Geschmackssache.“

Trotz aller Schwierigkeiten bleibt der Tenor des Treffens optimistisch. Die Landwirte setzen auf Qualität, Tradition und regionale Identität. „Wir müssen die Spezialität als Spezialität vermarkten“, fasst Hauk zusammen. „Das ist unsere Stärke – nicht die Masse, sondern die Klasse.“

Altes Produkt für eine moderne Landwirtschaft

Der Grünkern mag ein altes Produkt sein, doch er steht sinnbildlich für eine moderne Landwirtschaft, die auf Regionalität, Nachhaltigkeit und Handwerkskunst setzt.

„Ich bin überzeugt“, so Peter Hauk zum Abschluss, „dass Grünkern nicht nur ein Stück Heimat ist, sondern auch ein Botschafter für die Werte, die unsere Landwirtschaft ausmachen: Qualität, Leidenschaft und Verantwortung.“

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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