Boxberg. Wer hat’s erfunden? Weder RTL noch die Schweizer. Vielmehr wurde es im beschaulichen Umpfertal aus der Taufe gehoben: „Let’s Dance“, das besondere Tanzevent, das alljährlich mit großem Erfolg vom Musikverein Umpfertal veranstaltet wird.
Wer nun an diesem Trachten, Schunkelrunden, Polka- oder Bierzeltmusik erwartet, geht fehl. Vielmehr erwarten die Besucher Glamour, Chic, Cocktails und vieles mehr sowie eine breite tanzmusikalische Palette im Bigband-Sound. Die diesen Abend gestaltende BigBand bildet eine der vier Ensembles des rührigen Vereins, zu dem die Miniband, die Jugendkapelle, was die qualitative Nachwuchsarbeit belegt, und das „Große Blasorchester“ gehören. Zudem bedienen die vielseitigen BigBand-Musiker als „Umpfertäler Musikanten“ die volkstümliche Schiene.
Tanzabend mit Niveau
Der Schwenk von der Stimmungs- und Egerländermusik zu Rock- und Latino-Rhythmen sei nicht auf der Hand gelegen, doch sei man sich bewusst gewesen, das Potenzial in den eigenen Reihen zu haben. „Man“, das sind Jürgen und Silke Metzger, beide von Kindheit an, als Aktive eng mit dem Musikverein ihrer Heimatgemeinde verbunden.
Doch nur mit talentiertem Potenzial sind wir noch immer nicht beim Tanzabend. Wie also kam’s dazu? „Ich habe schon immer gern getanzt“, erzählt Silke Metzger im Gespräch mit unserer Zeitung und sie vermisste die Tanzveranstaltungen, die es früher in der Region gegeben habe.
Bei ihrem Mann stieß sie mit ihrer Idee, einen solchen zu veranstalten auf offene Ohren, denn: „Wir haben die passenden Musiker dazu.“ Schließlich habe man nicht nur in Bierzelten den „Holzmichl“ spielen, sondern zeigen wollen, was in der begabten Truppe stecke. Metzger, der im Jahr 2000 als Dirigent die „Umpfertäler Musikanten“ übernommen hat und von Party- bis hin zu böhmischer Blasmusik ein breitgefächertes Repertoire bot, gründete speziell für dieses Format die BigBand mit der für diese typische Besetzung aus Blechbläsern und Rhythmusgruppe, bestehend aus Gitarre, E-Bass, Percussion und Keyboard.
Die Begeisterung und Leistungsbereitschaft der jungen Musiker zeigten sich beispielsweise am „Waldhorn, das nun auch Gitarre erlernte“, lacht Metzger. Komplettiert werde die Band von drei Sängerinnen und drei Sängern, deren, je nach Stück, rauchigem, gefühlvollem, leidenschaftlichem Gesang man sich nicht entziehen könne. „Die Emotionen, die in den Stimmen liegen, schwappen auf’s Publikum über.“
Heuer findet „Let’s Dance“ zum 20. Mal statt, so dass man von einem erfolgreichen Label sprechen könne. Stolz erinnern sich beide an ihre erste, damals noch „Stilvoller Tanzabend“ genannte, Veranstaltung in Schweigern. Klar war, dass der Name Programm sei, etwas Stilvolles geboten werden sollte, also zum musikalischen auch das optische Ambiente passen müsse. Tischdecken, Blumen, einheitliche Kleidung der Servicekräfte mit langen Bistroschürzen, stimmungsvolle Beleuchtung oder Raumdekoration sorgten bereits zur Premiere 2002 für Glamour.
Von Null auf Hundert
„Die Halle war mit knapp 200 Gästen voll“, schwelgen beide in Erinnerungen. Rückblickend sei dies, weil von null auf hundert, die größte Herausforderung gewesen. Inzwischen habe man Routine entwickelt und Erfahrungswerte gesammelt. Es lag auf der Hand, dass dieses Highlight seine Fortsetzung finden müsse. Denn als in Boxberg sowie den Ortsteilen verwurzelter Verein, habe man der Bevölkerung weiterhin dies attraktive Angebot unterbreiten wollen.
Durch Mundpropaganda seien Sporttänzer aufmerksam geworden, die sich hierüber freuten. Sie förderten die Optimierung der BigBand, forderten sie nämlich von den Laienmusikern aufgrund der in den Standardtänzen liegenden rhythmischen Bewegungen, höchste Taktgenauigkeit. So habe sich die junge Mannschaft gut entwickelt, sei gereift. Jung nicht nur, weil erst gegründet, sondern weil der Altersdurchschnitt 23 Jahre betrage. Dies belege die fruchtbare Nachwuchsförderung, zeige aber auch, mit dem BigBand-Repertoire den Geschmack getroffen zu haben.
Von „New York, New York“, über „Lady Marmalade“ bis hin zu „Simply the Best“, um nur wenige Titel zu nennen, vom Walzer über Quick Step bis hin zu feurigen Samba-Rhythmen, die Vielfalt und Ausgewogenheit hält für jeden Geschmack etwas bereit. Daher erfreuten sich Sporttänzer, aber auch „normale“, die nurmehr Walzer und Discofox beherrschten an diesem viele Sinne ansprechendem Genuss, denn neben Augen- und Ohren- komme auch der Gaumenschmaus bei kulinarischen Leckereien wie einem Mitternachtsdessert nicht zu kurz.
Stets erweitere man das rund 200 Stücke umfassende Repertoire und spiele an einem Abend nahezu 60 Songs. „Wir können ja nicht nur einen Wiener Walzer draufhaben“, beschreibt der Bandleader den eigenen Anspruch.
Von Schweigern nach Boxberg
Mit den Jahren kam die Schweigerner Halle an ihre Grenzen, so dass man den Umzug in die Umpfertalhalle wagte. Natürlich habe man Zweifel gehegt, ob man zum einen die große Halle füllen und zum anderen, ob man auch ihr ein glamouröses Flair verleihen könne. Schließlich stellte dies ein Alleinstellungsmerkmal dar. „In das Thema Ambiente haben wir viel investiert“, berichtet die Studiengangsmanagerin an der DHBW, an deren leuchtenden Augen man ihre Hingabe ablesen kann.
Einmal hätten sie sogar eine Birke in die Halle verfrachtet, um Atmosphäre zu schaffen und den freien Platz im Loungebereich zu füllen. Dies sei bei weitem nicht mehr erforderlich, eigentlich könne man diesen verkleinern. Doch würde der exklusive Hauch leiden. Durch die aufwendige, liebevolle Dekoration finde „Let’s Dance“ immer in den Osterferien statt, da die Gestaltung viel Zeit erfordere. Überhaupt sei der Rückhalt im Verein grandios, der Abend werde gänzlich von Aktiven gestemmt, die sich mit „ihrem“ Verein identifizierten. Nur konsequent sei daher auch eine an diesem Abend persönliche Wertschätzung aller Beteiligten. Während dem Maschinenbauer der künstlerische und technische Bereich obliege, managt Silke das „Bodenpersonal“, kümmert sich rundum Halle, Gäste, Verpflegung. Mal wird das im Hause Metzger in Angeltürn mit Laptop und Ordnern am Tisch, mal locker beim Gemüseschnippeln geplant.
Niemals eine Last
Auch ihre Kinder seien vom „Let’s Dance“-Virus infiziert. Während Sohn Felix sich im Lichtmanagement einbringe, engagiere sich Tochter Lisa im Service. „Wir brennen hierfür“, unterstreichen beide unisono. Es sei niemals eine Last. Darüber hinaus übe man keinen Leistungsdruck auf die Musiker aus, vielmehr herrsche im gesamten Verein ein gutes Miteinander. Der Ton macht hier also auch Musik. Man erwarte lediglich Zuverlässigkeit und dass man sich entschuldige, wenn man nicht zur Probe kommen könne. „Im Verein werden Werte gelebt und vermittelt“, bricht er eine Lanze hierfür. Aktuell liefen die projektbezogenen Proben für dieses glanzvolle Event. Möglich, dass tags darauf durchtanzte Schuhe oder strapazierte Stimmbänder vom Mitsingen drohen. Für letztere haben dann aber die Schweizer tatsächlich etwas erfunden.
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