Gewerbe- und Industrieentwicklung in Bad Mergentheim

Wohnen und Arbeiten in Bad Mergentheim gut verbinden

Die Gewerbe- und Industriegebiete in der Kurstadt sind beinahe voll belegt. Die Redaktion sprach mit dem Wirtschaftsförderer über Entwicklungen und Pläne – bis hin zum Einzelhandel.

Von 
Sascha Bickel
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Blick auf das Gewerbegebiet „Herrenwiesen“: Im Vordergrund ist das Areal der Firma Bembé-Parkett zu sehen und die Straße „Beim Oelsteg“ dahinter. Links verläuft die Bahnlinie mit dem ehemaligen Rudolph-Gelände daneben. Links oben sieht man das Gewerbegebiet „Braunstall“ und oben in der Mitte den Mobilpark „Ried“. © Sascha Bickel

Bad Mergentheim. Wie steht es um die Gewerbe- und Industrieentwicklung in Bad Mergentheim? „Sehr gut“, meint Marcel Stephan, der seit 14 Jahren städtischer Wirtschaftsförderer ist. Im Gespräch mit unserer Zeitung bestätigt er, dass alle ausgewiesenen Gewerbe- und Industriegebiete „ziemlich ausgereizt“ sind und selbst in der „Braunstall“-Erweiterung von anfangs neun Hektar bald nur noch 3,8 Hektar freie Fläche übrig bleiben.

Potenzialanalyse geplant

Um langfristig weiteren Platz für Um- oder Neu-Ansiedelungen zu schaffen, will die Stadt Bad Mergentheim für kommendes Jahr laut Marcel Stephan eine Potenzialanalyse in Auftrag geben. Dann sehe man klarer. Zusätzliche Flächen könnten nach seiner Einschätzung in einer erneuten Ausdehnung des „Braunstalls“ oberhalb der Bahnlinie in Richtung Edelfingen entstehen und auf der anderen Seite der Bahnstrecke, im Anschluss an den inzwischen voll belegten Mobil- und Gewerbepark „Ried“ an der Wilhelm-Frank-Straße auf einer bislang unbebauten Ackerfläche gegenüber der städtischen Kläranlage.

Interesse an Kernstadt größer als an Stadtteilen

Rund 90 Hektar beträgt die Fläche der aktuell bestehenden Gewerbe- und Industrieflächen in der Gesamtstadt.

In den Ortsteilen stehen derzeit keine Flächen zur sofortigen Bebauung zur Verfügung. Etwa zehn Hektar an potenziellen Gewerbeflächen gibt es jedoch zusammengerechnet noch in den Stadtteilen, unter anderem in Löffelstelzen oder Herbsthausen. Doch 90 Prozent des Interesses fokussieren sich auf die Kernstadt, weiß Wirtschaftsförderer Marcel Stephan, weil die Firmen die Nähe zur Stadt, auch aufgrund der besseren Anbindung und Erreichbarkeit, bevorzugt suchen. sabix

Für ein großes neues Gewerbe- und Industriegebiet, vielleicht sogar im interkommunalen Verbund, soll die Potenzialanalyse ebenfalls Möglichkeiten ermitteln.

Großer Dienstleistungssektor

Nur etwa 20 Prozent der Beschäftigten in Bad Mergentheim sind im produzierenden Gewerbe tätig, aber deutlich über 50 Prozent arbeiten im Dienstleistungssektor – und hierauf lege man zukünftig einen besonderen Fokus: „Wir wollen Wohnen und Arbeiten optimal zusammenbringen, denn das ist heute gefragt“, weiß der Wirtschaftsförderer. In der Kernstadt sollen die wenigen Brachflächen nachverdichtet und leerstehende Objekte baldmöglichst einer neuen Nutzung zugeführt werden. Mit den Eigentümern führe man dazu immer wieder Gespräche, doch nicht alles lasse sich schnell lösen, so Stephan und ruft als ein Beispiel den Kauf des ehemaligen Burger-Hauses am Marktplatz in Erinnerung, der nach langem Engagement vonseiten der Stadt jüngst umgesetzt werden konnte.

Große Potenziale in Sachen Wohnungsbau und Dienstleistungsangebot sehe man im Bereich „Herrenwiesen“ zu aller erst auf dem ehemaligen Sägewerksareal „Rudolph“ (hinter dem Toom-Baumarkt) entlang der Bahnlinie bis vor zum Mittelstandszentrum und in der „Zukunftsstadt Auenland“. Letztere soll im Bereich zwischen Lidl-Markt (Igersheimer Straße), Deutschorden-Gymnasium und Schwimmbad-Kreuzung neu entstehen. Platz für neue Firmen oder Betriebserweiterungen sei dann wieder zwischen der Schwimmbad-Kreuzung und bis vor zum Autohaus A.M.T. denkbar.

„Die fußläufige Verbindung von Herrenwiesen und Au zur Innenstadt unterstreicht deren Attraktivität“, erklärt Marcel Stephan. Die Stadt plant hier zukunftsweisende „urbane Gebiete“, auch im Hinblick auf die Landesgartenschau 2034.

Schritt für Schritt entwickele sich die Kurstadt positiv weiter, meint Stephan und ist froh, dass sich immer wieder Investoren finden, die Lücken schließen. Der ehemalige Handelshof (Kaufland) ist Geschichte. Hier entsteht aktuell eine seniorenfreundliche Wohnanlage. Auf einem Teil des früheren Klotzbücher-Areals (ehemals Kupsch-Markt) ist inzwischen die Johannes-Diakonie mit ihrer Betreuungseinrichtung ansässig. Und auf dem Ex-Palux-Gelände in der Buchener Straße plant das Caritas-Krankenhaus (wir berichteten) seine ergänzenden Strukturen.

Dass im erweiterten Gewerbegebiet „Braunstall“ die Bad Mergentheimer Firma Limot (Lüftungstechnik) und der Post-Zustellstützpunkt einen neuen und besseren Standort für sich gefunden haben, freut Marcel Stephan natürlich, ebenso wie die Tatsache, dass zwei weitere regionale Vertreter aus dieser Branche sich hier als nächstes ansiedeln werden.

Auf dem ehemaligen Limot-Areal am Eisenberg sind unterdessen neue Wohnungen vorgesehen. Neuigkeiten hierzu gibt es aber noch nicht. Auf dem geräumten Post-Gelände in der Herrenwiesenstraße (neben dem Bembé-Stift) hat sich momentan die Mehrwegkonzepte Service GmbH eingemietet.

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Dass die Gewerbe- und Industrieentwicklung in der Stadt gut verläuft, misst Stephan auch an der Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, die in zehn Jahren von rund 10 000 auf dann über 12 500 (vor der Corona-Krise) angestiegen war und nun trotz herausfordernder Pandemie-Situation noch stabil bei etwa 12 000 liegt. Einen wichtigen Beitrag hat dazu auch der Industriepark Würth auf dem Drillberg geleistet. Die Firma Würth Industrie Service zählt heute rund 1700 Mitarbeiter. Da so ein großer Wurf nicht leicht wiederholbar sei, gehe die Kurstadt hinsichtlich der Ausweisung neuer Gewerbegebiete auch stets bedacht und zielorientiert vor.

Hohe Preise

Während die Corona-Krise einen deutlichen Rückgang bei den Interessensbekundungen im Handel mit sich brachte, spricht der Wirtschaftsförderer von einer „gleichbleibend guten Nachfrage im Gewerbe- und Dienstleistungsbereich an der Stadt Bad Mergentheim“, was sowohl klassische Neubauten angeht, als auch die Umnutzung von Bestandsgebäuden. Wie bereits erwähnt sei es nicht immer einfach, die Interessen von Eigentümern und Käufern oder Pächtern zügig deckungsgleich zu bekommen. Die Preisentwicklungen der vergangenen Jahre, die stets nach oben zeigen, seien ein zusätzliches Problem. „Daran scheitert es oft“, berichtet Stephan, der jedoch auch darauf verweist, immer eine offene Tür im Rathaus zu haben, wenn jemand eine Immobilie abgeben, umnutzen oder erwerben möchte: „Wir versuchen die Interessen mit den Möglichkeiten am Markt zusammen zu bringen!“

Corona und die Leerstände

Dass die Stadt mit ihrem Einzelhandel bislang mit einem blauen Auge durch die Corona-Pandemie gekommen sei, ergänzt Marcel Stephan noch auf Nachfrage und erklärt, dass sich zwar die Gesamtzahl der Leerstände erhöht habe, aber im Hintergrund bereits Entwicklungen angestoßen seien, die Neues hervorbrächten und somit ein strukturelles Problem vermieden werde. Zu einer Abmilderung der coronabedingten Einbußen und einer Stabilisierung der Lage hätten sicher die staatlichen Hilfen, aber auch das städtische Wirtschaftsförderprogramm beigetragen.

„Die Umsätze im Einzelhandel über den Sommer sind insgesamt gut gewesen, mal schauen wie es sich im Herbst weiter entwickelt“, fügt Marcel Stephan an und setzt sich gemeinsam mit Oberbürgermeister Udo Glatthaar dafür ein, dass mindestens ein verkaufsoffener Sonntag im Oktober noch stattfinden kann und zusätzlichen Umsatz ermöglicht.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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