Bad Mergentheim. Die Sicherheitslage in der Region schätzt Olaf Bamberger, der Leiter des Polizeireviers Bad Mergentheim, als gut ein: „Wir haben hier eine hohe Wohn-, Lebens- und Aufenthaltsqualität – aber keine kriminalitätsfreie Gesellschaft!“ Betrugsdelikte und häusliche Gewalt nehmen in jüngster Zeit immer mehr zu. Vandalismus und Schlägereien halten seine Beamten ebenso auf Trab, die sich zudem mit einer wachsenden Zahl an psychisch kranken Menschen und gewaltbereiten Personen konfrontiert sehen.
Betrugsmaschen funktionieren
„Wir beschäftigen uns viel häufiger mit Betrug und Abzocke“, berichtet der Polizeichef im Gespräch mit unserer Zeitung. „Viele Betrugsmaschen funktionieren leider immer noch und so haben wir viel Arbeit damit.“ Die Täter würden oft im Ausland sitzen und die aufwendige Ermittlungsarbeit sei daher all zu oft nicht von Erfolg gekrönt, so Bamberger unzufrieden. Er warnt vor Enkeltricks, Schockanrufen und unseriösen Gewinnversprechen.
Wer erst Google-Play-Geschenkkarten an der Tankstelle kaufen müsse, damit er seinen „Gewinn“ bekommen könne, sollte höchst vorsichtig sein. Der Enkeltrick gelinge leider immer noch, gerade bei älteren Menschen. Und die Alarmglocken müssten schrillen, wenn man eine Whatsapp mit der knappen Nachricht erhalte: „Mama, ich habe mein Handy verloren. Du kannst meine neue Nummer speichern und die alte gleich löschen!“ Dann, so erzählt Bamberger, antworte die vermeintlich gutgläubige Mutter an die neue Nummer: „Hallo Ute, was ist denn los?“ Und schon wisse der Täter, dass es tatsächlich eine Tochter mit dem Namen Ute gebe.
Über die neue Nummer komme dann schnell der Hilferuf, dass die Tochter dringend Geld für eine offene Rechnung brauche – etwa 1432,62 Euro. Ein krummer Betrag. Und dazu die Nachricht: „Kannst Du mir kurz aushelfen – ich zahle es Dir morgen zurück.“ Wenn dann noch eine ausländische Bank ins Spiel käme, „sollte man allerspätestens stutzig werden“, sagt Bamberger und rät die alte Nummer nicht zu löschen und zunächst dort anzuklingeln, wenn so ein Fall auftritt oder im Zweifelsfall ein anderes Kind aus der Familie oder eine Freundin der Tochter anzurufen und dort nach dem Befinden von Ute zu fragen. „Auf keinen Fall sollte einfach Geld überwiesen werden! Die Chancen, die Täter zu erwischen, sind leider nicht sehr hoch. Wir sehen in diesem Bereich eine große Professionalität“, so Bamberger.
Erfreut berichtet der Revierleiter deshalb auch von einer kürzlich erfolgten Festnahme im Zusammenhang mit einer verlorenen Bankkarte samt PIN. Mehrfach wurde Geld vom Konto abgehoben, vor allem nachts. Die Polizei legte sich mit Zivilstreifen auf die Lauer und ertappte den Täter auf frischer Tat an einem Bankautomaten.
Auf frischer Tat
„Sicher hat uns auch Kommissar Zufall hier geholfen, aber es ist dennoch ein toller Erfolg für die Kollegen“, meint Bamberger und geht sofort auf einen weiteren Fahndungserfolg dieser Tage ein: Es ging um sexuelle Belästigung in der Toilette am Kulturforum. Einer Geschädigten war es gelungen, ein Foto vom Täter zu machen. Etwa zwei Tage später stellte eine Streife in der Stadt eine Person fest, auf die das Foto passte. Bamberger: „Wir sind uns ganz sicher, dass er der Täter ist. Er wurde festgenommen.“ Jetzt beginne die weitere Ermittlungsarbeit.
Für das öffentliche Sicherheitsgefühl sei der rasche Zugriff gut und hilfreich, bestätigt Bamberger. Er bittet Opfer sich sofort an die Polizei zu wenden und nicht wertvolle Zeit verstreichen zu lassen.
Auf aktuelle Fälle und Ereignisse eingehend, sprach Olaf Bamberger auch über die Roller-Diebstahlserie in Bad Mergentheim (wir berichteten bereits vor einer Woche) und die Vorfälle vor der Disco im Gewerbegebiet „Braunstall“ in den vergangenen Monaten: „Was wir seit der Öffnung der Disco im Frühjahr öfter haben, sind Körperverletzungen, früh morgens, teilweise mit schweren Verletzungen.“ Im Juni gerieten zwei größere Personengruppen in Streit. Eine Gruppe griff die andere an. Diese zog sich zunächst zurück, kam dann aber mit Verstärkung zurück. „Wir sind mit starken Kräften dorthin ausgerückt und konnten viele Beteiligte erwischen“, so Bamberger, der es bereits als traurige Routine bezeichnet, am Montagfrüh bei der Bilanz des Wochenendes die Disco anzusprechen.
Positiv sieht er aktuell, dass sich die Zahl der Wohnungseinbrüche auf einem niedrigen Niveau bewegt. „Was uns viel mehr Sorgen bereitet, ist die häusliche Gewalt. Wir bemerken deutlich ansteigende Zahlen in letzten fünf Jahren. Wöchentlich kommen neue Fälle rein“, sagt Bamberger und empfiehlt Betroffenen die Anzeige – und dann auch dabei zu bleiben. „Wir machen eine Gefährderansprache, um eine Eskalation zu verhindern“, erläutert Bamberger und fügt an, dass es auch eine „strukturierte Bewertung der Gesamtsituation“, eine Risikoabschätzung mit Hilfe von Experten in Heilbronn gebe.
Zur Drogen- und Gewaltkriminalität in der Region verweist Bamberger auf die Kollegen der Kriminalpolizei. Er betont aber auch mit Blick auf die hohe Cannabis-Verfügbarkeit, dass gerade dieses Sucht- und Rauschmittel, bestätigt durch Experten, „leider in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist“. Als ein Beispiel für viele Anzeigen führt er das jüngste Taubertal-Festival an: Seit Jahren kontrolliere die Polizei die An- und Abfahrenden und dieses Jahr seien trotzdem wieder viele mit Drogen am Steuer erwischt worden, wundert sich Bamberger und merkt zu den Drogendelikten noch an: „Wenn wir da noch mehr Ressourcen investieren könnten, könnten wir auch noch mehr erreichen. Ich möchte da mit den richtigen Beamten ein neues Team aufstellen und den Drogenmissbrauch noch stärker bekämpfen.“
Eigensicherung nötig
Sorgen bereitet ihm, dass seine Kollegen in letzter Zeit vermehrt auch mit Menschen, vorwiegend Männern, mit Messern zu tun hatten. Hier sei höchste Vorsicht geboten und eine Eigensicherung nötig. Denn: „Auch die Gewalt gegen Polizeibeamte nimmt zu“, stellt der Revierleiter nüchtern fest und berichtet von den prozentual höchsten Zuwächsen in den hiesigen ländlichen Gebieten. In der Großstadt gehöre dies leider schon zum Alltag.
Abschließend geht Revierleiter Olaf Bamberger noch auf das Präsenz- und Sicherheitskonzept ein. „Wir haben es umgesetzt und wollen an bestimmten Orten und Plätzen einfach häufiger auftauchen.“ Das funktioniere, so Bamberger zufrieden. Sowohl der Spessartblick in Bad Mergentheim, aber auch der Kurpark und ebenso die Kieselallee in Creglingen seien hier unter anderem fortlaufend im Fokus.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/bad-mergentheim_artikel,-bad-mergentheim-polizei-in-bad-mergentheim-wir-beschaeftigen-uns-viel-mit-betrug-abzocke-und-haeuslich-_arid,1991412.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/bad-mergentheim.html