Bad Mergentheim. Nach 56 Jahren im Zentrum von Bad Mergentheim soll Schluss sein. Das Modehaus Kuhn ist weithin bekannt und das größte in der gesamten Region. Zum 31. Dezember 2023 schließt es. Begonnen hatte alles im November 1967 als Kaufhaus.
„Leider haben wir es nicht geschafft, mit den Immobilieneigentümern für uns eine wirtschaftlich zukunftsfähige Lösung zu erarbeiten“, teilt Geschäftsführer Hans-Joachim Kuhn schriftlich unserer Zeitung mit. Seit 1992 war Hans-Joachim Kuhn als geschäftsführender Gesellschafter tätig und übergab große Teile der Verantwortung im August 2021 an seine beiden Kinder, Maike und Johannes Kuhn, die zu neuen Geschäftsführern der Modehaus Kuhn GmbH bestellt wurden und seither das Traditionsunternehmen in dritter Generation mit ihm gemeinsam führen.
Neue Wege, neue Lösungen
„Bei unserer erfolgreichen Arbeit in den letzten Jahren für das Modehaus und für die Stadt sind wir uns sicher, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Veränderung ist. Das ist für alle Beteiligten eine Herausforderung. Wir sind uns sicher, dass sich auch für unsere schöne Stadt Bad Mergentheim sowie für unsere Mitarbeiter neue Wege und neue Lösungen ergeben werden“, führt Hans-Joachim Kuhn weiter aus.
Geschäftsführer Johannes Kuhn erklärt: „Zunächst einmal ist festzustellen, dass wir den Geschäftsbetrieb am 31. Dezember 2023 geordnet einstellen werden. Besonders wichtig ist es uns, unsere Mitarbeiter frühzeitig zu informieren. Das haben wir am vergangenen Samstag (Anmerkung der Redaktion: in einer Betriebsversammlung) und somit deutlich vor den rechtlichen Fristen getan. In erster Linie war es das Engagement unseres Teams, das uns in den letzten Jahren erfolgreich gemacht hat. Wir sind sehr stolz auf unser Team und möchten für den Einsatz allen herzlich danken. Einige Mitarbeiterinnen haben uns bereits jetzt ihre Unterstützung bis zum Schluss zugesichert. Dafür sind wir außerordentlich dankbar.“
Von der Schließung sind nach Auskunft von Johannes Kuhn rund 60 Jobs betroffen.
Die Lieferanten würden nun im Nachgang informiert, so Johannes Kuhn, der weiter betont: „Unsere Betriebsschließung bedeutet, dass alle Gehälter, alle Lieferanten und alle Dienstleister bis zum Schluss bezahlt werden. Der Geschäftsbetrieb wird also bis zur Schließung Ende Dezember ganz normal weiterlaufen. Es bleibt uns ausreichend Zeit, uns von unseren Kunden zu verabschieden, die uns jahrelang die Treue gehalten haben und uns unterstützt haben.“
Turbulente Jahre
Maike Kuhn geht ebenfalls schriftlich auf die gefällte Entscheidung ein: „Mein Bruder und ich sind froh auf nunmehr fünf turbulente, aber erfolgreiche Jahre im Unternehmen zurückblicken zu können. Unsere Umsätze haben sich von der Corona-Pandemie weitestgehend erholt. Sicherlich gab es einige große Herausforderungen. Die meisten konnten wir jedoch gut meistern. Vor allem haben wir aber gelernt wie fragil auch ein Traditionshaus wie das Modehaus Kuhn in solchen Zeiten sein kann. Die jüngsten Nachrichten aus der Branche zeigen dies auch sehr deutlich.“ Maike Kuhn fügt an: „Jeder der sich intensiv mit der Branche beschäftigt oder auskennt weiß, dass es ein sehr hohes Maß an Leidenschaft und Willen für den stationären Einzelhandel braucht, damit dieses Konzept funktioniert – nicht nur von den Geschäftsführern und Mitarbeitern, sondern auch von den Akteuren der Politik und von den Eigentümern der Einzelhandelsimmobilien.“
Was war nun der ausschlaggebende Punkt? Hans-Joachim Kuhn sagt dazu: „Ich möchte zunächst erwähnen, dass uns die Arbeit hier in der Stadt Bad Mergentheim viel Spaß gemacht hat. Auch in der Citygemeinschaft konnten wir mit unserem Engagement einiges bewegen und haben gemeinsam mit einem tollen Team von Vorständen und Mitgliedern beispielsweise den Citygutschein mit der M-Card ins digitale Zeitalter gebracht und trotz Pandemie einige schöne Nachtbummel-Veranstaltungen organisiert. Leider haben wir es nicht geschafft, mit den Immobilieneigentümern für uns eine wirtschaftlich zukunftsfähige Lösung zu erarbeiten. Das ist natürlich sehr schade.“
Auf FN-Nachfrage, wer denn Eigentümer des Modehauses Kuhn in der Burgstraße ist, das aktuell 4000 Quadratmeter Verkaufsfläche, Verwaltungsräume und 58 Tiefgaragenparkplätze umfasst, antwortet Johannes Kuhn: „Die Immobilie ist in Familienbesitz der Familie meines Vaters.“ Und er teilt in die Zukunft blickend noch mit: „Was danach für den Einzelhandel in Bad Mergentheim kommt wissen wir nicht. Wir für unseren Teil können sagen, dass wir unser Bestes gegeben haben unser Unternehmen und die Innenstadt attraktiv zu gestalten. Aus unserer Sicht haben wir dabei einen guten Job gemacht. Es ergeben sich für die Stadt sicherlich neue Chancen. Wo Türen zu gehen, gehen andere auf.“
Maike Kuhn erklärt ergänzend zu den anderen Geschäften in der Kurstadt und in Künzelsau: „Die Stores Lieblingsstücke und Kuhn Schuhe in Bad Mergentheim sowie das Trend Karree in Künzelsau bleiben geöffnet. Sie werden von unserer Schwestergesellschaft Kuhn C.H. GmbH & Co KG wie bisher weitergeführt.“
Einige weitere Fragen der Redaktion blieben zunächst unbeantwortet. Zum Beispiel: Welche Auswirkungen hatten zurückgehende Umsätze durch die Online-Konkurrenz, die verkehrstechnischen Entwicklungen in Bad Mergentheim und andere politische Entscheidungen in der Kurstadt? Haben befürchtete höhere Grundsteuern eine Rolle gespielt? Wie weit haben die Energiekosten und die Inflation mit zur Entscheidung beigetragen? Wie geht es mit der Immobilie 2024 weiter? Geschäftsführer Johannes Kuhn kündigte an, zu einem späteren Zeitpunkt dazu Stellung nehmen zu wollen.
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