Prozess am Amtsgericht

Markelsheim: Frau nach tödlichem Unfall verurteilt

Einer der tödlichen Unfälle zwischen Markelsheim und Igersheim wurde vor Gericht verhandelt. Den missglückten Überholvorgang wertete die Staatsanwaltschaft als fahrlässige Tötung.

Von 
Simon Retzbach
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Der Mercedes prallte bei der Kollision aufgrund hoher Geschwindigkeit gegen eine Mauer am Fahrbahnrand. © Sascha Bickel

Markelsheim/Igersheim. Vier Leichtverletzte und ein Toter – so lautete das traurige Ergebnis eines Unfalls im Februar auf der Taubertalstraße zwischen Markelsheim und Igersheim. Was war passiert? Die 30-jährige Fahrerin eines Opels versuchte gegen 15 Uhr, auf dem Weg nach Weikersheim einen Fiat zu überholen. Dabei prallte sie mit einem entgegenkommenden schwarzen Mercedes zusammen, auch der überholte Fiat wurde getroffen.

Die Fahrerin des Opels stand nun vor Gericht, die Staatsanwaltschaft Ellwangen warf ihr fahrlässige Tötung (des Mercedesfahrers) sowie fahrlässige Körperverletzung (der Fiatfahrerin) vor. Staatsanwältin Erben war überzeugt, dass die Frau „trotz erkennbarem Gegenverkehr“ ausscherte und sich auch 20 Meter vor dem Fiat noch teilweise im Gegenverkehr befand. Den Überholvorgang stritt die Angeklagte nicht ab, sprach jedoch von „super Bedingungen“ und war überzeugt, sie „werde es schaffen“. Ein Ausweichversuch gelang nach ihrer Aussage nicht mehr.

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War es nun eine vermeidbare Kollision, wie es die Staatsanwaltschaft beurteilt? Richterin Susanne Friedl zitierte aus einem Gutachten, nach dem der Unfall vermeidbar gewesen wäre. Sowohl ein Wiedereinscheren hinter dem Fiat als auch ein knapperes Einscheren davor wären demnach möglich gewesen.

Wurde vor dem Zusammenprall gebremst?

Letztlich ging es um die Frage, inwiefern die 30-jährige Opelfahrerin den Gegenverkehr hätte sehen müssen. Eindeutig waren die Zeugenaussagen nicht: Während manche der Fahrzeuglenker hinter Opel und Fiat den Mercedes beim Ausscheren schon gesehen haben wollen, konnte ein anderer Zeuge hierzu nichts sagen. Der Beifahrer der Angeklagten gab an, den Mercedes zwar gesehen zu haben, war sich jedoch ebenfalls sicher, dass der Überholvorgang klappen würde.

Im weiteren Prozessverlauf ging es auch um das Verhalten des Mercedesfahrers. Denn Verkehrsteilnehmer berichteten von zuvor erlebten riskanten Überholmanövern eines Fahrers, den sie mit hoher Sicherheit als späteres Todesopfer identifizierten. Das Unfallgutachten gab die Geschwindigkeit des Mercedes zum Unfallzeitpunkt mit 95 bis 110 Stundenkilometern an. Ein stärkerer Bremsvorgang war demnach nicht festzustellen.

Auch ein Fiat wurde bei dem Unfall getroffen und kam von der Straße ab, hierbei entstanden leichte Verletzungen. © Sascha Bickel

War der Mercedesfahrer also selbst nicht ganz unschuldig an dem Unfall, der ihn das Leben kostete? Keine einfache Frage. Denn juristisch betrachtet wäre der 31-Jährige nicht zum Bremsen gezwungen, die Fahrspur Richtung Igersheim war zu dem Zeitpunkt „seine“. Doch es hätte nach der Darstellung im Prozess den Aufprall zumindest deutlich abmildern können, wenn er gebremst hätte.

Mit der hohen Geschwindigkeit ist letztlich auch die Todesursache verbunden. Der Mercedes wurde nach dem Aufprall seitlich aus der Straße geschleudert und prallte gegen eine Mauer. Dort wurde der Fahrer dann in seinem Wagen eingeklemmt, erlitt einen Genickbruch und zahlreiche weitere Verletzungen.

Der „starke Einschlag des Mercedes in der Mauer“, wie ihn ein Zeuge beobachtet hat, war folgenschwer. So lässt sich auch erklären, warum die anderen Unfallbeteiligten nur leicht verletzt waren, der Fahrer des Mercedes jedoch starb: Nicht die eigentliche Kollision, sondern das Umherschleudern des Wagens mit Aufprall an der Mauer kosteten ihn das Leben. Dass er dann im Wagen eingeklemmt und damit auch für einen zufällig anwesenden Arzt nicht erreichbar war, tat sein Übriges.

Angeklagte hat „falsche Entscheidung“ getroffen

Während die Staatsanwaltschaft den Vorwurf bestätigt sah, unterstrich Verteidiger Falko Schöppler die Rolle des Mercedesfahrers. Dessen „anzunehmende Mitschuld“, wie es im Gutachten hieß, sei wichtig. „Meine Mandantin hat eine falsche Entscheidung getroffen. Entscheidend ist aber, wie es zu der Situation kam“, gab Schöppler zu bedenken. Dass der Mercedes bei Beginn des Überholens sichtbar gewesen war, ist für ihn nach uneinheitlichen Zeugenaussagen nicht klar. Er sah einen minderschweren Fall und hielt eine Geldstrafe sowie ein kurzes Fahrverbot für angemessen.

Das Gericht teilte diese Auffassung nicht und folgte mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten zur Bewährung sowie einem dreimonatigen Fahrverbot wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung der Staatsanwaltschaft. „Sie haben eine falsche Entscheidung getroffen. Bremsen und wieder einscheren wäre richtig gewesen“, begründete Friedl ihr Urteil. Einen minderschweren Fall sah sie nicht. Dass die Frau jedoch nicht vorbestraft ist und bereits einen Brief an die Familie des Opfers geschrieben hat, in der sie den Unfall bereut und um Entschuldigung bittet, wirkte mildernd auf die Urteilsfindung.

Urteil wird direkt rechtskräftig

Friedl machte weiter deutlich: „Der Mercedes muss einen Fehler gemacht haben.“ Dennoch „werden Umstände im Dunkeln bleiben“. So lässt sich nicht final klären, wie weit der Mercedes entfernt war. Und auch dessen genaues Verhalten bei Erkennen des überholenden Opels bleibt unklar: Bremste er mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit teilweise ab oder fuhr er mit der angegebenen Geschwindigkeit ohne Bremsen auf den Opel zu? Fragen, die sich durch den Tod des Fahrers nicht mehr klären lassen.

„Ich überhole berufsbedingt nur noch halb so oft wie früher, man sieht einfach, wie schnell es gehen kann“, gab die Richterin abschließend zu bedenken. Durch beidseitigen Verzicht auf Rechtsmittel wurde das Urteil direkt rechtskräftig.

Redaktion

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