Main-Tauber-Kreis. „Der Sachverhalt wird von der Unteren Jagdbehörde des Landratsamtes Main-Tauber aktuell strukturiert aufgearbeitet und geprüft, um dann erforderlichenfalls die weiteren Schritte zu veranlassen. Wir bitten daher um Verständnis, dass wir auf die konkret aufgeworfenen Fragen derzeit nicht eingehen können.“ In diesen wenigen Worten des Statements von Markus Moll, Pressesprecher der Tauberbischofsheimer Behörde, steckt einiger Sprengstoff. Denn hierbei geht es um den Fall eines Jägers, dem vorgeworfen wird, für ein Vergehen verantwortlich zu sein, indem er in einem Waldstück im Main-Tauber-Kreis Ende März verbotenerweise, trotz Brut- und Setzzeit, eine Drück- und Treibjagd organisiert haben soll, an der weitere Jäger sowie Treiber teilgenommen haben sollen.
Wurde möglicherweise eine Bache mit Nachwuchs erlegt?
Sind hierbei auch Schüsse gefallen? Und sind möglicherweise sogar eine Bache und mehrere ihrer Frischlinge erlegt worden? Wenn dem so gewesen ist, könnte es sich sogar um eine Straftat handeln. Dies werden die weiteren umfangreichen Ermittlungen zeigen. In einem solchen Fall könnte das für den Organisator und die weiteren beteiligten Jäger erhebliche Konsequenzen zur Folge haben - eine Geldbuße oder sogar Gefängnis drohen, wie ein Blick in das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz (JWMG) des Landes Baden-Württemberg zeigt.
Trotz des Umstandes, dass bereits die ersten Rehkitze das Licht der Welt erblickt haben oder viele Bachen mit ihrem Nachwuchs durch den Wald ziehen, scheint dies den Organisator der Drückjagd offenbar nur wenig interessiert zu haben. Stattdessen soll der Pächter des Privatgrundstücks während der Brut- und Setzzeit die Jagd ausgerufen haben, weil es zu Wildschäden gekommen sei, wie weiter zu erfahren ist. Eine Entscheidung, die den Waidmännern im Nachhinein bitter aufstoßen könnte.
Das JWMG formuliert es eindeutig – unter Paragraf 31, Absatz 1, Nummer 8, heißt es dazu: „Verboten ist im Rahmen der Jagdausübung, die Bewegungsjagd zwischen 1. Februar und 30. September auszuüben.“ Darüber hinaus ist es gesetzlich verboten, eine Bache mit Frischlingen zu erledigen, sollten sich diesbezüglich die Hinweise verdichten.
„Uns ist der Vorfall lediglich durch mündliche Überlieferungen und Veröffentlichungen im Internet bekannt. Ob der geschilderte Sachverhalt den Tatsachen entspricht, ist uns nicht bekannt“, äußert sich der Mergentheimer Kreisjägermeister Florian Dietzel gegenüber dem FN-Reporter. Eine Ausnahme von Paragraf 31, Absatz 1, Nummer 8 JWMG sei nur zur Tierseuchenbekämpfung oder aufgrund einer Anordnung der Unteren Jagdbehörde nach Paragraf 36, Absatz 1, JWMG zur Wildschadensbekämpfung bzw. Tierseuchenbekämpfung möglich. Ob eine solche Anordnung oder Befreiung vorliege, liege im Zuständigkeitsbereich der Unteren Jagdbehörde, erklärt der Kreisjägermeister.
„Als Kreisjägervereinigung bekennen wir uns zu den geltenden Gesetzen. Da mir persönlich keine sicheren Kenntnisse vorliegen, bitte ich um Verständnis, dass sich die Kreisjägervereinigung an keinerlei Spekulationen oder Vorverurteilungen beteiligt“, teilt Dietzel weiter mit.
„Es besteht in der von Ihnen angesprochenen Sache derzeit kein Grund, die Ermittlungen der Unteren Jagdbehörde hierher zu evozieren oder gar parallele Ermittlungen zu führen. Die Verwaltungsbehörde wird den Vorgang gemäß Paragraf 41 OWiG an die Staatsanwaltschaft abgeben, wenn, sobald und soweit sich Anhaltspunkte für strafbare Handlungen ergeben“, meint Leitender Oberstaatsanwalt Andreas Freyberger, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Ellwangen. Ob überhaupt etwaige Straftaten im Zusammenhang mit dem angesprochenen Sachverhalt im Raum stehen, lasse sich ohne Aufklärung des konkreten Geschehens gegenwärtig nicht belastbar beurteilen.
“Von dem geschilderten Vorfall im Revier haben wir – wie viele andere – zunächst aus der Presse erfahren. Das betreffende Jagdgebiet ist, wie richtig dargestellt, an einen Jäger aus dem Main-Tauber-Kreis verpachtet“, äußert sich Philipp Fürst zu Hohenlohe Langenburg, dem der Wald gehört, auf Anfrage unserer Zeitung.
Verpächter steht den Behörden zur Verfügung
“Wir warten den Ausgang des laufenden Verfahrens über diesen Fall gegen den Pächter ab und stehen den zuständigen Behörden für etwaige Rückfragen selbstverständlich jederzeit zur Verfügung“, teilt er weiter mit. Grundsätzlich gehe man davon aus, dass „alle Pächter auf unseren Flächen waidmännisch verantwortungsvoll und im Einklang mit den jagdrechtlichen Vorgaben handeln“.
Sollte das Verfahren ergeben, dass „dem betreffenden Jäger der Jagdschein entzogen wird, hätte dies selbstverständlich Auswirkungen auf das bestehende Pachtverhältnis. Denn ohne gültigen Jagdschein ist eine Pachtfähigkeit nicht mehr gegeben – in einem solchen Fall erlischt der Jagdpachtvertrag automatisch“, meint Philipp Fürst zu Hohenlohe Langenburg abschließend.
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Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Kommentar Ethisch verwerflich