Digitalisierung

Main-Tauber-Kreis: Polizei dank Smartphone effizienter

Polizisten, die während eines Einsatzes am Smartphone sind? In Bad Mergentheim ist dies mittlerweile Normalität. Es handelt sich um keinen Regelverstoß, sondern ist sogar ausdrücklich gewünscht: Was das "PoliPhone" kann.

Von 
Simon Retzbach
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Olaf Bamberger, Leiter des Polizeireviers Bad Mergentheim, lässt sich das PoliPhone von einem Kollegen für dieses Symbolbild beispielhaft zeigen. Bislang sind alle Beamten im Streifendienst mit einem solchen Gerät ausgestattet, das die Arbeit schneller und effizienter gestalten soll. © Simon Retzbach

Main-Tauber-Kreis/Bad Mergentheim. Der Polizist also künftig als „Smombie“? Das Kofferwort aus „Smartphone“ und „Zombie“ wurde 2015 Jugendwort des Jahres und meint Menschen, die durch den ständigen Blick auf ihr Smartphone so stark abgelenkt sind, dass sie ihre Umgebung kaum noch wahrnehmen.

"PoliPhone" soll Polizeialltag vereinfachen

So extrem dürfte es bei den Ordnungshütern der Kurstadt auch mit dem neuen „PoliPhone“ nicht werden. Das spezielle Smartphone ist das Ergebnis des Projekts „Mobile IT“ der Polizei in Baden-Württemberg, das bereits 2016 gestartet war.

„Ziel dieses Projekts ist es, den operativen Polizeialltag zu vereinfachen“, erklärt Olaf Bamberger, der seit 2019 das Polizeirevier in der Kurstadt leitet. Hierzu sollte ursprünglich jeder der rund 25 000 Polizisten des Landes ein solches Gerät kriegen, was bislang jedoch aus technischen und finanziellen Gründen noch nicht möglich ist. Bislang sind lediglich die Beamten im Streifendienst mit dem PoliPhone ausgestattet, in Bad Mergentheim sind so aktuell 35 Geräte im Einsatz.

Smartphone bietet Chatmöglichkeit

Seit rund einem Jahr arbeiten die Polizisten mit den personalisierten PoliPhones. Für eine möglichst optimale Anwendung gibt es auf dem Revier zwei sogenannte Multiplikatoren. „Ich erkläre, vermittle und besuche Schulungen, um die aktuellen Entwicklungen mitzubekommen“, erklärt einer der Multiplikatoren seine Aufgabe. Als technikbegeisterter Mensch eine dankbare Aufgabe für ihn, zumal die Geräte – wie sein privates Smartphone – auf dem Betriebssystem von Apple basieren.

Doch wie kommen die Geräte nun konkret zum Einsatz, was ist der Nutzen in alltäglichen Situationen der Polizei? „Sehr praktisch ist zum Beispiel eine Chatmöglichkeit, mit der jeder Beamte einzeln und unkompliziert zu erreichen ist“, beschreibt Olaf Bamberger. Auch Bilder können so verschickt werden, was die Arbeit beispielsweise bei einer Vermisstensuche deutlich vereinfache. In vielen Fällen ergänzt das PoliPhone Block und Stift, Unfallformulare werden nun direkt digital ausgefüllt und verarbeitet. Ergänzend besteht mit dem digitalen Werkzeug auch die Möglichkeit, zusätzliche Video- oder Tonaufnahmen zur genaueren Dokumentation anzuhängen.

Recherche vor Ort

„Wir haben mit dem PoliPhone auch die Möglichkeit der Recherche vor Ort, können auf die offiziellen Auskunftssysteme und Datenbanken der Polizeicomputer zugreifen“, führt der Multiplikator aus. Personenkontrollen lassen sich auf diesem Weg unkompliziert durchführen, mühsame Nachfragen bei Rathäusern gehören so der Vergangenheit an. Dies demonstriert er dem FN-Reporter auch umgehend, hat in Sekundenschnelle digital Zugriff auf die Meldedaten samt Foto des Personalausweises.

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In einer weiteren, speziell für den Polizeigebrauch entwickelten App können die Beamten unterwegs die komplette Einsatzlage ihrer Region abrufen und auch mal spontan zu einem weiteren Einsatz ausrücken. Wie bei einem Live-Ticker erhalten die Beamten hier aktuelle Entwicklungen minutengenau angezeigt und haben stets den aktuellsten Wissensstand zu einem Einsatz parat.

Was aus den Schilderungen von Revierleiter Olaf Bamberger und dem jungen Beamten schnell deutlich wird: Das Gerät stellt ein sinnvolles Werkzeug für den Einsatz dar. „Die Kommunikation wird effizienter und schlanker“, sind sich beide einig. Auch Fehler ließen sich durch die direkte Bearbeitung vor Ort minimieren.

Insgesamt zehn Anwendungen sind bislang auf dem PoliPhone verfügbar, weitere sind noch in der Entwicklung und werden schrittweise nach ausgiebiger Erprobung zur Verfügung gestellt. Verantwortlich ist hierfür das „Innovation Lab“ in Kehl, das neue Technologien für die Polizei in Baden-Württemberg testet.

Positive Bilanz

Bislang zieht der Multiplikator aus Bad Mergentheim eine positive Zwischenbilanz: „Es läuft an und wird immer besser. Die Geräte sind absolut nutzerfreundlich, es gab bislang noch keine Probleme bei der Nutzung. Die Kollegen sind zufrieden.“

„Unser Vorteil bei der Einführung ist, dass seit 2012 hier im Revier aus Altersgründen ein großer Personalwechsel stattgefunden hat. Wir haben jetzt viele junge Leute hier, die sind mit der Technik vertraut. Das hilft bei der Akzeptanz“, ergänzt Olaf Bamberger.

Diese Akzeptanz wird auch weiterhin erforderlich sein, denn die Entwicklung in Sachen digitalisierter Polizei ist noch nicht abgeschlossen. Auch durch die Rückmeldungen von Multiplikatoren wie dem Bad Mergentheimer Polizisten wird das PoliPhone ständig weiterentwickelt und mit neuen Anwendungen erweitert. „Der nächste größere Schritt wird dann die Einführung eines PoliPads, mit dem dann noch mehr Bearbeitung von Vorgängen vor Ort möglich sein soll“, blickt Bamberger in die Zukunft. Die Beobachtung, dass Polizeibeamte im Einsatz auch mal länger auf einen Bildschirm schauen, wird zukünftig also noch häufiger vorkommen.

Redaktion

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