Jubiläum

Main-Tauber-Kreis: Freie Demokraten feiern „nicht selbstverständliche“ fünf Jahrzehnte

Zeitlich eng verknüpft mit der großen baden-württembergischen Kreisreform 1973 entstand auch der FDP-Kreisverband Main-Tauber. Fünf Jahrzehnte politische Tätigkeit waren nun ein Grund zum Feiern.

Von 
Simon Retzbach
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Große Auszeichnung für Norbert Patzner (Zweiter von links): Für 50 Jahre Mitgliedschaft gab es im Rahmen des Kreisverbandsjubiläums die Theodor-Heuss-Medaille in Gold von Kreisvorsitzendem Benjamin Denzer. Mit Patzner freuen sich Stadtverbandsvorsitzende Anna-Hansen Peter, der für zehn Jahre Mitgliedschaft geehrte Edgar Müller, Ehrenvorsitzender Rolf Hammer, Festredner Michael Link MdB und Stephen Brauer MdL. © Simon Retzbach

Main-Tauber-Kreis/Bad Mergentheim. Obwohl es eine Parteiveranstaltung war, fanden sich verschiedene Parteibücher unter den Besuchern. Neben Altlandrat Georg Denzer und seinem Nachfolger Christoph Schauder von der CDU war mit Stadt- und Kreisrat Rainer Moritz von den Grünen sowie Bürgermeisterstellvertreter Klaus-Dieter Brunotte (SPD) ein breites parteipolitisches Spektrum vertreten.

Dies wurde in den Grußworten auch explizit und lobend hervorgehoben. „Wir müssen uns als Demokraten gemeinsam um die Demokratie kümmern“, betonte Klaus-Dieter Brunotte in seinem Grußwort eindringlich. Es sei höchste Zeit, dass man für die gemeinsamen Werte eintrete.

Einen Baustein hierzu bildet die FDP, die gerade in Bad Mergentheim schon viel länger zurückreichende Wurzeln hat, als es die offiziellen 50 Jahre vermuten lassen. Beispielhaft hierfür erwähnte Brunotte den in der Kurstadt aktiven Fritz Ehrler, der sich dem Begriff der „Graswurzeldemokratie“ verschrieben hat. Als Gemeinderat und Gründer des „Liberalen Stammtischs“ stand er für die Verwurzelung der Politik vor Ort. Er war bereits seit 1951 Parteimitglied, damals noch in der Vorgängerpartei, der Demokratischen Volkspartei.

Landrat Christoph Schauder erinnerte in seinen Glückwünschen daran, dass eine derart harmonische Zusammenführung wie bei den Freien Demokraten damals bei weitem nicht selbstverständlich war, mit der Zusammenlegung der Landkreise Tauberbischofsheim und Bad Mergentheim sei viel gehadert worden. Die FDP stehe für Freiheit, Selbstbestimmung, Toleranz und Respekt. „Das sind Werte, die angesichts aktueller Krisen und starker politischer Ränder sehr wichtig sind“, betont er. Auch das Engagement der Partei sei wichtig und halte eine Gesellschaft zusammen. „Wie sähe unser Main-Tauber-Kreis ohne diesen Einsatz aus? Die Demokratie lebt vom Mitmachen“, schloss er.

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Doch auch kritische Worte fanden ihren Platz in Schauders Ausführungen. „Alle etablierten Parteien müssen Zukunftsfragen endlich angehen und Lösungen finden“, appellierte er (nicht nur) an die Freien Demokraten.

Kreisvorsitzender Benjamin Denzer freute sich über die Parteienvielfalt anlässlich des Jubiläumsaktes seiner Partei. Dass man der Administration mit der Vereinigung gewissermaßen gefolgt sei, war „nicht selbstverständlich“. Unterschiedliche Köpfe und Ansichten aus dem badisch und württembergisch geprägten Teil seien hier aufeinander geprallt, rückblickend sei die Vereinigung zum Kreisverband Main-Tauber jedoch ein Erfolg gewesen.

Neben dem Blick zurück warf Denzer auch einen Blick in die Zukunft, in der noch „einiges auf der Agenda“ stehe. Die Schieneninfrastruktur, die Gesundheitsversorgung sowie die Landwirtschaft und Winzerei seien Themen im Main-Tauber-Kreis, für die sich die FDP auch zukünftig engagieren werde. „Die Demokratie braucht Demokraten und Main-Tauber-Kreis braucht die Freien Demokraten“, resümierte Denzer.

Hoffnung in Europa

Eine Hoffnung für die gute Entwicklung Deutschlands und seiner Bürger sieht die FDP in Europa. Da erscheint es logisch, dass man mit Mirwais Wafa für die Europawahl im kommenden Jahr auch einen eigenen Kandidaten aufgestellt hat. Dieser zog in seiner Rede Parallelen zwischen dem FDP-Vereinigungsjahr 1973 und heute. Auch damals habe man unter einer schweren Wirtschaftskrise mit hoher Inflation gelitten und erst durch die Entwicklung des Außenhandels eine Trendwende zum Besseren einleiten können. „Doch 50 Jahre später sind wir in Deutschland und der EU mit noch größeren Herausforderungen konfrontiert. Wir haben die Corona-Pandemie hinter uns, die Wirtschaft schrumpft, wir haben wie damals eine extrem hohe Inflationsrate, eine EU-weite Migrationskrise, den Klimawandel und nach 75 Jahren haben wir erneut einen Krieg in Europa“, so Wafa. Die Lösung liege nicht in „Populismus, Hass und Hetze“ sowie dem Nationalstaat, sondern in Europa. Als FDP habe man sich in den vergangenen Jahrzehnten für eine starke, moderne und effiziente Europäische Union eingesetzt und werde dies auch weiterhin tun.

Unterschiede deutlich machen

Festredner Michael Link plädierte in seinem Beitrag dafür, neben dem Gemeinsamkeiten der demokratischen Parteien inhaltliche Unterschiede deutlich auszutragen. Die Leute müssten merken, dass es diese Unterschiede gebe.

Probleme müssten gelöst werden und frustrierte Wähler so von Parteien wie der AfD zurückgewonnen werden.

So wie die FDP damals als Zusammenschluss verschiedener liberaler Parteien innerparteiliche Spannungen ausgehalten hatte und nicht geteilt wurde, müsse dies auch in der gesamten Gesellschaft sein.

„Denn die FDP wird gebraucht als Kämpfer für die Menschen, die Verantwortung übernehmen und etwas leisten wollen“, erklärte Link. Hierzu skizzierte Link Punkte, für die sich seine Partei stark machen müsse: Niedrigere Steuern für einen attraktiveren Wirtschaftsstandort, Handelsabkommen zur Sicherung von Wohlstand und eine Regulierungspause, dazu konsequente Entscheidungen in der Migrationspolitik. Man müsse auch mal Dinge fordern, für die es wenig Applaus geben. „Mehr Pragmatismus, weniger Ideologie“, so Links Credo.

Die feierliche Bühne des Jubiläums wurde auch für Mitgliederehrungen genutzt. Während Edgar Müller seit zehn Jahren Teil der Partei ist, kann Norbert Patzner auf mittlerweile 50 Jahre Mitgliedschaft bei den Liberalen zurückblicken. Hierfür erhielt er von Kreisvorsitzendem Benjamin Denzer die Theodor-Heuss-Medaille in Gold.

Redaktion

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