Bad Mergentheim. Der Förderverein „Frauen helfen Frauen Main-Tauber“ machte auf dem Marktplatz gleich mehrfach auf das Problem der Gewalt gegen Frauen aufmerksam: Am Infostand in Gesprächen, aber auch mit der Tanzaktion „Break The Chain“.
Der Info-Tag des Fördervereins „Frauen helfen Frauen“ stand unter dem Motto „One Billion Rising“ (Milliarden stehen auf), einer weltweiten Kampagne für ein Ende der Gewalt gegen Frauen und Mädchen und für Gleichstellung. Sie wurde im September 2012 von der New Yorker Künstlerin und Feministin Eve Ensler initiiert.
Es ist ein altes Problem, die Gewalt gegen Frauen. Auch im scheinbar aufgeklärten Europa gibt es nach wie vor die so genannte „häusliche Gewalt“ – in Ehen, in Beziehungen und auch in vermeintlichen „Freundschaften“. Glücklicherweise gibt es seit Jahren ein Frauenschutzhaus, doch dessen Kapazität ist viel zu gering, um die Problemfälle in den Landkreisen Main-Tauber und Neckar-Odenwald aufzunehmen. „Jetzt wird dort auch umgebaut, es stehen also noch weniger Räume zur Verfügung.“
Der Verein bringt Frauen in Hotels unter
Die Lösung, wenn man sie so nennen kann: „Wir versuchen, die Frauen – samt Kindern – in Hotels unterzubringen“, erläutert Sylvia Schmid vom Vorstand des Fördervereins. Der Verein streckt die Kosten vor. „Manchmal bekommen wir das Geld zurück, manchmal auch nicht.“ Es gibt also noch viel zu tun und in die Wege zu leiten, um hier einerseits „mehr Unterbringungskapazität zu schaffen und andererseits auch die Öffentlichkeit zu informieren“.
Denn Gewalt gegen Frauen und Kinder sei keine Frage des Einkommens- oder Bildungsstandes. „Das gibt es in allen Bevölkerungsschichten“, erklärt Sylvia Schmid vom Förderverein im Gespräch mit den FN.
Viele Frauen schämen sich
„Wege aus der Gewalt(spirale)“ zu finden, sei für die Betroffenen nicht einfach, weiß Sandra Klingert, die im Verein als Beraterin aktiv ist und mit den Betroffenen die Situation klärt. „In diesem Jahr haben sich schon 24 Frauen an uns gewandt“, sagt Klingert. Im langjährigen Jahresdurchschnitt seien es etwa 120 Fälle pro Jahr – wohlgemerkt alleine aus dem Main-Tauber-Kreis.
Natürlich sei es für geprügelte Frauen vielfach mit Scham verbunden, sich an den Verein zu wenden. Aber „wir unterstützen in akuten Krisensituationen, bei der Aufarbeitung erlebter körperlicher und seelischer Gewalt, bei der Suche nach ärztlicher Hilfe und Therapieangeboten. Und wir begleiten die Betroffenen auf deren Wunsch beim Gang zur Polizei und vor Gericht.“ Und natürlich werde auch die Unterkunft im Frauen- und Kinderschutzhaus organisiert. „Alles geschieht nur auf Wunsch, wir schreiben niemandem etwas vor“, betont Klingert. Die Beratung erfolge im persönlichen Gespräch „in sicheren Räumen“ oder am Telefon. Und, was Klingert anmerkt: „Die Gespräche erfordern immer mehr Zeit.“
Häusliche Gewalt sei, wie beide Vereinsvertreterinnen betonen, „keine Frage von Bildung oder Einkommen“. Gerade deshalb sei es nötig, „immer wieder auf das Problem aufmerksam zu machen“. Und diese Gewalt, ob in physischer oder seelischer Form, finde zudem nicht nicht nur in der Familie statt. Auch „Telefonanrufe, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und Stalking“ zählt Schmid auf.
Auch Männer werden Opfer häuslicher Gewalt
Das Problem ist vielschichtig, weshalb Betroffene zuweilen „Umwege“ gehen – Bekannte und Freundinnen suchen ebenfalls die Beratung auf, um zu helfen, mehr zu erfahren und wichtige Informationen zu erhalten. Und auch Personen, die einfach wissen wollen, wie und ob sie im Fall des Falles helfen können, melden sich ebenfalls beim Verein. Diese und viele weitere Fragen standen im Mittelpunkt der Gespräche am Infostand. Zwar kamen überwiegend Frauen, „aber auch einige Männer“, sagte Schmid. Und, ganz am Rande sei es gesagt: auch Männer werden gelegentlich zu Opfern. Nur wenige, aber dennoch - Gewalt finde statt.
Doch nicht nur geredet wurde, auch Tanzen stand auf dem Programm. Unter dem Motto „Break the Chains“ (Zerbrecht die Ketten) wurde von den Frauen die Botschaft tänzerisch dargestellt.
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