Markelsheim. Ein großer landwirtschaftlicher Betrieb bedarf einiges an Arbeit und Zeit am Laptop, dazu zwei schulpflichtige Kinder, die in Zeiten von Corona regelmäßig zu Hause unterrichtet werden und wurden. „Wenn die Kinder ,on’ sind, geht sonst überhaupt nichts mehr“, sagt Christine Kuhnhäuser im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten – aus ihrer freundlichen Stimme ist der Frust kaum rauszuhören, doch er ist beträchtlich. Mit 2 Mbit/s seien eben keine großen Sprünge zu machen. Deswegen komme es schon mal vor, dass das Internet der Eltern herhalten darf. Die wohnen im Ort – und haben eine deutlich höhere Geschwindigkeit.
Einige Hebel in Bewegung gesetzt
Was nutze es da, wenn die Anbieter auf dem Land immer eine hohe weitreichende Breitbandabdeckung propagierten, es aber immer noch Ecken gebe, die sich viel eher auf dem digitalen Standstreifen fühlten? Familie Kuhnhäuser hat schon einige Hebel in Bewegung gesetzt, um in digitaler Hinsicht endlich wieder an die Außenwelt angeschlossen wird – mit geringem Erfolg. „Es wurde bereits mit Umklemmen probiert, doch dann hat die Leistung des Nachbarn, der gut 100 Meter entfernt wohnt, nachgelassen“, berichtet Christine Kuhnhäuser.
Und auch weitere Versuche, die DSL-Geschwindigkeit deutlich nach oben zu bringen, seien fehlgeschlagen. Was steckt dahinter? Sind es wirtschaftliche Gründe vonseiten des Anbieters, dass es nicht vorangeht? Die Fränkischen Nachrichten haben sich erkundigt, zumal sicher noch weitere entlegene Aussiedlerhöfe – vor allem in Tallagen – von diesem Malheur betroffen sein dürften.
„Der Anschluss von Familie Kuhnhäuser ist aufgrund der einsamen Lage des Hofes direkt mit unserem Hauptverteiler verbunden“, teilt Pressesprecherin Carolin Wötzel von Anbieter Deutsche Telekom gegenüber unserer Zeitung das Resultat ihrer Recherche mit. Die Leitungslänge vom Abschlusspunkt der Kunden am Hof zum Hauptverteiler betrage fast 5000 Meter. „Aufgrund der Entfernung ist leider nur eine maximale DSL Geschwindigkeit von 2 Mbit/s möglich. LTE haben die Kunden auch bereits dazu gebucht.“
„Wir haben in einigen Teilen von Bad Mergentheim Glasfaser ausgebaut, leider gehört der Standort von Familie Kuhnhäuser nicht dazu. Aktuell ist dort auch kein Ausbau geplant“, so die Firmensprecherin weiter. In jedem Fall solle mit den Bewohnern des Aussiedlerhofes nochmals das Gespräch gesucht werden, um mit Familie Kuhnhäuser nochmals das vorhandene Heimnetz zu besprechen – „vielleicht besteht dort noch Optimierungsbedarf“. Alternativ gebe die Möglichkeit sich ein individuelles Ausbau-Angebot einzuholen.
Landkreis involviert
„Der Sachverhalt der unzureichenden Breitbandversorgung der Straße in Markelsheim wurde Ende November 2020 an die Landkreisverwaltung herangetragen“, beantwortet Markus Moll, Pressesprecher des Landratsamts Main-Tauber, eine FN-Anfrage. Die Wirtschaftsförderung habe umgehend Kontakt mit der Telekom aufgenommen und in regelmäßigen Abständen von maximal drei Wochen nach dem Umsetzungsstand gefragt.
„In einer ersten Analyse ging die Telekom von einem Systemfehler aus, der bereinigt werden muss, damit höhere Bandbreiten buchbar sind. Leider führte diese Maßnahme nicht zur Behebung des Problems“, so Moll weiter. Es sei vielmehr festgestellt worden, dass zwei bis drei Gruben geöffnet werden müssten, um die Kabelleitung umzuklemmen.
„Die Suche nach einer Baufirma führte zu weiteren Verzögerungen. Ursprünglich war geplant, bis Anfang April die Baumaßnahmen abzuschließen.“ Kurz vor Baubeginn habe sich herausgestellt, dass „auch das Umklemmen der Kabel den Fehler nicht beheben wird, weshalb die Familie jetzt einen direkten Glasfaseranschluss erhalten soll“, widerspricht Moll der Telekom-Sprecherin. Der Antrag zur Wegesicherung für den Ausbau sei nach Auskunft der Telekom zwischenzeitlich bei der Stadt Bad Mergentheim eingereicht worden.
„Die Baumaßnahme selbst dauert etwa 14 Tage. Danach muss der Anschluss noch in das System der Telekom eingepflegt werden. Bei einem reibungslosen Ablauf ist der Anschluss Mitte Juli buchbar“, macht Moll der Familie Kuhnhäuser durchaus Hoffnung. Aussiedlerhöfe im Main-Tauber-Kreis, die eine Breitbandversorgung unter 30 Mbit/s aufweisen, erhielten im laufenden Breitbandausbauprojekt der Stufe 3 „Restliche weiße Flecken“ nämlich einen direkten Glasfaseranschluss.
Hoffnung nicht aufgeben
Christine Kuhnhäuser hat mit ihrer Familie indes die Hoffnung auf bessere digitale Zeiten noch nicht aufgegeben – gemäß des Mottos „Gutes Ding will Weile haben . . .“
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