Was eher sperrig klingt, soll den Bürgern große Erleichterung verschaffen: Das Onlinezugangsgesetz (OZG) hat zum Ziel, zahlreiche Verwaltungsdienstleistungen vollständig zu digitalisieren. Dabei ist man jedoch weit hinter dem Zeitplan.
Odenwald-Tauber. Was früher noch einen Termin und persönliches Erscheinen auf den Behörden erforderlich machte, soll nach dem Willen der Bundesregierung auch digital von Zuhause aus möglich sein.
Verwaltungsdienstleistungen, also beispielsweise das Beantragen des Führerscheins oder Personalausweises, sollen von den Verwaltungen online angeboten werden. Hierzu verpflichtet die Politik die Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen mit dem Onlinezugangsgesetz, das 2017 verabschiedet wurde.
Bis 31. Dezember 2022 sollten 575 Verwaltungsleistungen mit insgesamt über 6000 Einzelleistungen digital verfügbar sein. Und hier liegt nun auch das Problem: Der aktuelle Stand bei der Digitalisierung solcher Vorgänge hinkt den Erwartungen deutlich hinterher, Ende Februar sind gerade einmal 119 Verwaltungsdienstleistungen bundesweit verfügbar. Das Bundesinnenministerium informiert auf einem eigens eingerichteten Dashboard über den aktuellen Stand der digitalisierten Behörden. Baden-Württemberg befindet sich mit 147 flächendeckend (also in jeder Kommune) verfügbaren Dienstleistungen im unteren Mittelfeld und noch deutlich vor den Schlusslichtern Saarland (122 Dienstleistungen) und Sachsen-Anhalt (125), aber eben auch deutlich hinter Spitzenreiter Bayern (206) und Hessen (197). Das volle Soll wurde bundesweit nirgends erfüllt. Wie der Stand bei den Kommunen im Main-Tauber-Kreis und Neckar-Odenwald-Kreis ist, wollten die FN wissen.
Grundsätzlich aufgeschlossen
Von Seiten der lokalen Kommunen steht man dem ganzen Vorhaben grundsätzlich durchaus aufgeschlossen gegenüber. „Das ist der richtige Weg, wir tragen das voll mit. Wir sind dabei aber auf die rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen angewiesen“, erklärt Thomas Ludwig. Der Seckacher Bürgermeister ist Kreisverbandsvorsitzender des Neckar-Odenwald-Kreises und über die Digitalisierungsbemühungen in den Kommunen des Neckar-Odenwald-Kreises dementsprechend informiert.
Der Kreis lasse die zur Verfügung gestellten Leistungen dann auch zügig zu, so dass man mit schon 156 digitalisierten Leistungen über dem baden-württembergischen Landesschnitt liege. Der Bürgermeister gibt jedoch eines zu bedenken: „Man muss das ganze von Bürgerseite her denken. Sie nutzen die digitalen Möglichkeiten, wenn so ein Mehrwert entsteht. Beim Personalausweis muss ich aber trotz digitaler Beantragung noch persönlich vorbeikommen, um den mittlerweile verpflichtenden Fingerabdruck abzugeben“. Hier bedürfe es entsprechender gesetzlicher Anpassungen, damit solche Vorgänge auch wirklich komplett digital möglich sind.
„Wenig sinnvoll“
Und noch etwas ist ihm mit Hinblick auf eine digitalisierte Behörde wichtig: „Die Vorgänge sollten medienbruchfrei stattfinden. Das heißt, dass online eingereichte Anträge dann auch digital weiterbearbeitet werden. Müssen diese nach Einreichen wieder ausgedruckt werden, ist das wenig sinnvoll“, erklärt er. Nur so schaffe man das eigentlich Angestrebte: Das OZG nicht als reines EDV-Projekt, sondern als „Revolution der Verwaltung“, die alle mit einschließe.
Insgesamt tue sich im Hintergrund derzeit bereits einiges, der elektronische Datenaustausch zwischen Behörden nehme bereits jetzt deutlich zu. So werde erhöhte Effizienz und geringere Fehleranfälligkeit geschaffen, die für alle von Vorteil seien.
Bettina Baumbusch, die als Digitalisierungsbeauftragte in Igersheim im engen Austausch mit ihren Kollegen aus den Kommunen des Main-Tauber-Kreises steht, sieht in fehlenden Kapazitäten ein Problem. „In größeren Kommunen gibt es einen Beauftragten, der sich in Vollzeit um Digitalisierung kümmert. In kleineren Kommunen muss das nebenbei laufen“, schildert sie.
So müsse die Digitalisierung oft hinten anstehen, weil die Kommunen „vom Alltagsgeschäft überrollt“ würden, ergänzt sie. Zumal das OZG nicht die einzige Aufgabe in Sachen digitaler Verwaltung ist, die die Kommunen derzeit beschäftigt. Mit der E-Akte, einem Projekt zur Digitalisierung von Dokumenten, steht ein weiteres forderndes Projekt auf der Agenda.
Regelmäßige Treffen
Um nicht als kommunale Einzelkämpfer unterzugehen, vernetzen sich die Kommunen im Main-Tauber-Kreis in Form regelmäßiger Treffen und besprechen so die nächsten Schritte. Sogar erste Pläne für eine eigene Digitalisierungsleistung gibt es. „Wir haben in Igersheim zum Beispiel den Grillplatz, den man mieten kann. Dieses Formular würden wir eventuell selbst machen“, schildert Baumbusch.
Eines ist ihr und den Mitarbeitern der Verwaltung aber bei aller Digitalisierung dennoch wichtig: „Die Menschen sind immer noch persönlich im Rathaus willkommen. Jeder Mensch lebt von Sozialkontakten und darf seine Anliegen natürlich auch weiterhin vor Ort im Rathaus erledigen.“
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