Energiesparen

„Energiekrise zwingt uns alle zum Handeln, um Kosten zu sparen“

Appell an die Öffentlichkeit „Jede eingesparte Kilowattstunde zählt“. Tipps für Bürger und Unternehmen

Von 
Sascha Bickel
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Oberbürgermeister Udo Glatthaar und Stadtwerk-Geschäftsführer Paul Gehrig im Naturwärmekraftwerk: Hier wird Biomasse für die Fernwärme verbrannt. © Sascha Bickel

Bad Mergentheim. „Putins Krieg gegen die Ukraine ist der Grund für unsere aktuelle Energiekrise in Deutschland und diese zwingt uns alle zum Handeln, damit die Kosten im öffentlichen Bereich, aber auch für die Privathaushalte und Unternehmen nicht weiter explodieren“, sagte Oberbürgermeister Udo Glatthaar im Rahmen eines Pressegesprächs im örtlichen Naturwärmekraftwerk. Zusammen mit Stadtwerk-Geschäftsführer Paul Gehrig warb er fürs „clevere Energie sparen“ und fürs Zusammenhalten.

Angesichts der von Russland künstlich verursachten Gasknappheit in Folge der EU-Sanktionen will Deutschland bis zu 20 Prozent seines Gasverbrauchs einsparen. Die Stadt Bad Mergentheim und das Stadtwerk haben dazu schon eigene Maßnahmen ergriffen. Aber auch die Bürger und Unternehmen seien gefordert, betonten OB Glatthaar und Paul Gehrig vom Stadtwerk Tauberfranken. Sie informierten über praktische Möglichkeiten, im Alltag Strom, Gas und Kraftstoffe einzusparen.

„Bürger sind müde“

„Die Bürger sind müde von Corona, dazu belasten der Krieg und die Inflation und jetzt soll auch noch Energie gespart werden – das tut mir sehr leid“, bedauerte Glatthaar die schwierige Gesamtlage, doch er gab sich auch zuversichtlich, dass man sich vorbereiten und alles gemeinsam durchstehen könne. Stadtverwaltung und Stadtwerk würden schon zusammenstehen und alles dafür tun, um die Versorgungssicherheit in der Region zu gewährleisten. Eigene weitreichende Sparmaßnahmen wurden zudem auf den Weg gebracht: Büros werden im Winter auf maximal 19 Grad geheizt, Durchlauferhitzer für warmes Wasser werden in großer Zahl abgeschaltet. Zur Heizungssteuerung setzt das Stadtwerk auf innovative Technik über die Funktechnologie „LoRaWAN“. Damit können zentral und doch einzelraumscharf die Temperaturen in den Räumen gesteuert werden. Diese Technik will das Stadtwerk auch anderen Unternehmen und Institutionen anbieten.

„Für den städtischen Haushalt geht es neben der Versorgungssicherheit auch um die finanziellen Spielräume“, macht OB Glatthaar deutlich. „Aktuell sind im Etat 2021 Gesamt-Energiekosten von rund 1,3 Millionen Euro für Wärme, Brennstoffe und Strom in den öffentlichen Gebäuden (Rathäuser, Schulen, Feuerwehrhäuser, Dorfgemeinschaftshäuser usw.) angesetzt. Bei den derzeitigen Preissprüngen müssen wir von einer Vervielfachung des Ansatzes ausgehen, was unseren Handlungsspielraum an anderer Stelle spürbar einschränken würde. Auch deshalb ist das frühzeitige Gegensteuern beim Verbrauch so wichtig.“

Ums Geld geht es auch bei Bürgern und Unternehmen. Paul Gehrig verweist deshalb auf die gestartete Energiesparkampagne in Kooperation mit den Stadtwerken Wertheim und dem Überlandwerk Schäftersheim mit Energiespartipps für Bürgerinnen und Bürger in den Fränkischen Nachrichten (seit Anfang September) und online. Darüber hinaus seien weitere Beratungsleistungen geplant: „In naher Zukunft veranstalten wir für Unternehmen und Kommunen einen Workshop bei uns im Haus. Dieser richtet sich an Gebäudeverantwortliche, Hausmeister und informiert umfassend.“

Jeder kann etwas tun

Was kann jede und jeder zu Hause tun? Dazu stellen Udo Glatthaar und Paul Gehrig anschauliche Berechnungen vor. So gelte beispielsweise die Faustregel, dass ein Grad weniger Raumtemperatur bereits sechs Prozent des Wärmeverbrauchs einspare. Auch benötige eine Badewanne dreimal mehr Wasser und Energie als drei Minuten Duschen. Nicht unterschätzt werden sollte weiter der Stromverbrauch von Informationstechnik, TV und Audio, der mittlerweile fast 30 Prozent in den Haushalten einnehme. Hier sei es besonders wichtig, den Standby-Modus zu vermeiden und Geräte stattdessen ganz abzuschalten. Nicht entlüftete Heizkörper könnten die Energiekosten unnötig um 15 Prozent nach oben treiben.

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Im Gegenzug zeigen die Rechenmodelle von Stadt und Stadtwerk, dass sich Energiesparen lohnt. Wer die gesammelten Tipps zum Wäschewaschen (von der richtigen Befüllung bis zur Temperatur-Einstellung) befolge, könnte etwa 150 Euro im Jahr sparen. In der Küche seien mit einfachen Regeln für Kochtopf, Wasserkocher oder Geschirrspüler sogar 200 Euro drin. Besonders wichtig ist OB und Stadtwerk-Geschäftsführer dieser Hinweis: „Heizen Sie trotz steigender Gaspreise nicht mit einem Heizlüfter. Dieser benötigt viel mehr Strom und kostet Sie dreimal so viel wie Ihre Gasheizung!“

Mit Blick auf das eigene Naturwärmekraftwerk zeigen sich OB Glatthaar und Paul Gehrig zufrieden, dass in Bad Mergentheim mit dieser Anlage „glücklicherweise bereits vor zehn Jahren der richtige Weg eingeschlagen wurde“. Man plane, so Glatthaar, die Kapazitäten „möglichst zeitnah auszubauen und einen weiteren Biomasse-Kessel in Betrieb zu nehmen“.

Um die Stadtwerke in Deutschland insgesamt vor den hohen Belastungen in dieser Krise zu schützen, fordert Glatthaar (mit vielen Kollegen) den Bund auf, einen Rettungsschirm aufzuspannen. Paul Gehrig ergänzt dazu noch, dass es Stadtwerke gebe, die aufgrund der hohen Energiebeschaffungspreise jetzt schon zu kämpfen hätten. Das Stadtwerk Tauberfranken sei glücklicherweise breiter und damit etwas krisenfester aufgestellt.

„18 schwierige Monate“

Der Geschäftsführer des Stadtwerks geht von 18 schwierigen Monaten – auch für das eigene Haus – aus und berichtet noch, dass man das alte Öl-Heizkraftwerk der Kurverwaltung momentan dafür vorbereite, Spitzenlastzeiten in der Kurstadt mit abzufangen, statt hier Gaskessel anfeuern zu müssen. Viele Unternehmen, die diese Möglichkeit auch noch haben, würden gerade das selbe tun – in dieser beinahe schon verkehrten Welt, in der, so Glatthaar und Gehrig, „jede eingesparte Kilowattstunde zählt“.

Alle praktischen Energiespartipps für den Alltag sind im Detail unter www.stadtwerk-tauberfranken.de oder unter www.bad-mergentheim.de zu finden.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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