Kinder- und Jugendhospiz „Sonnenschein“

Ein Lachen ist für ihn der schönste Lohn

Seit fünf Jahren betreut Rolf Kübler aus Bad Mergentheim Familien mit einem schweren Schicksal

Von 
Hans-Peter Kuhnhäuser
Lesedauer: 
Seit fünf Jahren wirkt der Bad Mergentheimer Rolf Kübler ehrenamtlich in der „Ambulanten Kinder - und Jugendhospizgruppe Sonnenschein“ mit. Immer wieder holt sich der Betreuer in seine Kursmaterialien Anregungen – der dicke Ordner enthält neben den theoretischen Grundlagen auch seine Anmerkungen. © Kuhnhäuser

Bad Mergentheim. Hospizarbeit ist die Begleitung von Menschen, die nur noch eine begrenzte Lebenszeit haben. Diese Arbeit wird von vielen Menschen geleistet, zumeist ehrenamtlich. Einer von ihnen ist der Bad Mergentheimer Rolf Kübler.

Kübler gehört zum Team der „Ambulanten Kinder- und Jugendhospizgruppe Sonnenschein im Main-Tauber-Kreis“.

Wie kommt man eigentlich dazu, sich so einer anspruchsvollen Aufgabe zu widmen und woher holt man dafür immer wieder die Kraft? Das wollten die FN wissen.

Mehr zum Thema

Rücktritt

„Meine es wirklich ernst“

Veröffentlicht
Von
lhe
Mehr erfahren
Milan

Tauberbischofsheim: Ehemaliger Tennis-Weltenbummler fordert und fördert den Nachwuchs

Veröffentlicht
Von
Klaus T. Mende
Mehr erfahren

Rolf Küblers Wohnung ist modern eingerichtet, offen und lichtdurchflutet. Hier und bei seinen vielen Spaziergängen und Radausfahrten, sagt er, „tankt“ er die Kraft, die er für seinen schwierigen Ehrenamtsjob braucht. Und der macht ihm Freude. „Mein Lohn? Das ist ganz einfach: mein Lohn ist ein Lachen eines von mir betreuten Kindes oder eines Jugendlichen“, sagt Kübler.

„Wollte etwas zurückgeben“

„Wie ich dazu gekommen bin, das wollen Sie doch sicher wissen“, fragt er den Reporter gleich zu Beginn des Gesprächs. Und gibt sofort die Antwort. „Ich hatte selbst einige schwierige Jahre, in denen ich Hilfe erhalten habe. Und als ich Rentner wurde, da wollte ich auch etwas tun. Für mich selbst, aber auch, um der Gesellschaft etwas zurückzugeben.“

Eine Arbeitskollegin, berichtet Kübler, habeihn auf die Sonnenschein-Gruppe hingewiesen. „’Das wäre doch was für dich’, hat sie gesagt“, erinnert sich Kübler und fügt hinzu: „Der Umgang mit jungen Leuten hat mir schon immer Spaß gemacht“. Beim Gespräch mit einer der „Sonnenschein“-Gruppenkoordinatorinnen habe es bei ihm „Klick“ gemacht. „Da war mir klar: Das ist mein Ding“, berichtet Kübler. Ein Ding, das er nicht alleine für sich entdeckt hat, denn auch seine Frau ist in der Gruppe aktiv.

Doch zunächst stand die eingehende Vorbereitung auf der Agenda. Bei den Maltesern besuchte er mehrere Kurse, die ihn auf die Hospizarbeit vorbereiteten. „Ohne solide Grundlage geht es nicht“, betont er und lobt die „tolle Ausbildung“. Die diversen Seminare „haben mich über mehrere Monate mehr als nur vorbereitet. Auch mich selbst haben sie vorangebracht.“

Man beschäftige sich da ja tiefgründig mit der Materie – und mit sich selbst. Der Austausch mit den anderen Kursteilnehmern „hat das theoretische Wissen und den Umgang damit vertieft“. Die Kursphase habe er als „intensiv und vielfältig“ erlebt, betont er. Dennoch: „Es ist durchaus schwere Kost und die braucht eine gewisse Verdauungszeit.“

Auch nach den Kursen werde man nicht alleine gelassen. Es gebe immer Ansprechpartner. Die Supervision sei ganz wichtig und eine Stütze, wenn man mal Probleme oder Fragen hat. Und die gebe es immer wieder: „Man ist ja auch nur ein Mensch.“ Die nahe liegende Vermutung, dass er sich mit seiner Frau über die Hospizarbeit austausche, führe auf die falsche Spur, sagt Kübler. „Nein, das machen wir nicht. Familiäre Supervision ist keine. Wir halten das strikt getrennt, und das hat sich bewährt“. Wie die Ehrenamtlichen an ihre „Klienten“ kommen, ist schnell erklärt: „Zunächst bekommen unsere Gruppenleiterinnen Kenntnis von einem Kind oder Jugendlichen. Dann gehen sie zur Familie und es folgt die Auswahl der Helferin oder des Helfers. Und dann gehen wir zusammen zur Familie.“ Beim Wort „Helfer“ muss Kübler schmunzeln, „denn ich bin der Quotenmann in unserer Gruppe. Es wäre schön, wenn sich weitere Männer fänden, die mitmachen wollen.“

Empathie entscheidend

Bekommt man einen Fall angeboten, „muss man erst einmal selbst überdenken, ob man ihn annimmt. Individuelle Empathie ist in jedem Einzelfall entscheidend.“ Bei der Betreuung nehme man viel voneinander an, offen für diesen Austausch zu sein „ist ganz wichtig“.

Die Arbeit gebe ihm immer wieder neue Einblicke. So wie die aktuelle Arbeit mit einem Jugendlichen. Der habe ihn fürs Spielen begeistert, was zuvor nie sein Ding gewesen sei.

Als Helfer sei man zwar „Teil“ der Familie, gleichwohl gelte es, „eine gewisse Distanz zu wahren. Zu viel Nähe ist kontraproduktiv.“

Empfinde er manchmal Mitleid habe mit seinen Klienten? „Mitleid ist tabu“, macht Kübler deutlich. „Ich will nicht mit-leiden, sondern beistehen“, verdeutlicht er. Das gelte auch für die Arbeit mit trauernden Kindern und Jugendlichen, in deren Familie ein Geschwister- oder Elternteil gestorben sei. Auch da gelte es, „nicht mitzutrauern, sondern zu begleiten“. Natürlich lasse ihn das jeweilige Schicksal nicht kalt. „Ich bin kein Arzt, kann also nicht ‚helfen’. Aber ich kann beistehen, also ‚da’ sein. Als Betreuer muss man das für sich selbst akzeptieren und annehmen.

Dass er „nicht persönlich betroffen“ sei, erleichtere es ihm, mit der Sachlage sowie dem Kind oder Jugendlichen offen umzugehen. „Kinder und Jugendliche spüren sehr intensiv, dass man ‚da’ ist“, weiß Kübler. Und so gibt es auch immer wieder „schöne Situationen“. Am schönsten sei es, ein Lachen zu ernten. Das, so Kübler, „gibt mir wirklich Zufriedenheit“. „Das Engagement tut mir gut“, versichert Kübler, auch, wenn der Tod bei seiner Arbeit allgegenwärtig ist. „Zur Hospizarbeit gehört halt auch, sich innerlich darauf einzustellen. Man muss einfach wissen, dass es schwierige Situationen geben kann.“

Wer mehr über die „Ambulante Kinder- und Jugendhospizgruppe Sonnenschein“ erfahren, ja vielleicht sogar selbst in der Gruppe tätig werden möchte, kann sich an die Koordinatorinnen Elsbeth Kiesel und Silke Schlör wenden.

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten