Bad Mergentheim. Mit dem Musikkabarettisten Felix Reuter und dessen Soloprogramm „Die verflixte Klassik“ fand die Kleinkunstsaison 2024 der Stadt Bad Mergentheim im Kulturforum eine brillante, amüsante und hoch unterhaltsame Fortsetzung.
Felix Reuter absolvierte an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar ein Studium, das er 1994 als Diplom-Musikpädagoge abschloss. Künstlerisch bildete er sich in den Bereichen Jazzklavier Komposition und Orgel weiter. Im Jahr 1990 folgte der Kantorenabschluss. Schon während des Studiums arbeitete er in verschiedenen Stilrichtungen und gastierte sowohl solistisch als auch in Band- und Ensembleformationen im In- und Ausland. Seitdem ist Felix Reuter als freiberuflicher Pianist ein gefragter Künstler. Auch in verschiedenen TV-Produktionen war er bereits zu sehen. Seit einigen Jahren tourt er mit seinem musikalischen Konzertprogramm solo oder in Begleitung großer Orchester durch Deutschland.
„Ich hatte Zeit, mich ausführlich mit Dokumentationen über berühmte Komponisten zu befassen“, erzählte Felix Reuter zum Auftakt seines Gastspiels im Bad Mergentheimer Kulturforum, das seit 2018 erstmalig wieder komplett ausverkauft war. Im Folgenden entpuppte er sich als Pianist, Musikkomödiant, Improvisationskünstler und Entertainer in einem. Gleichzeitig verlieh Reuter mit Raffinesse und ideenreicher Fantasie der mehrere Jahrhunderte alten Musikgeschichte ganz neue Noten und Aspekte. Ausgehend von berühmten historischen Klassikkomponisten wie etwa Beethoven, Mozart, Bach, Händel, Dvorak oder Brahms schlug er die Brücke zu Musik, Erfolgstiteln und Stars der zeitgenössischen Moderne.
Insofern spielte Reuter keine kompletten Kompositionen der renommierten Klassikmeister, sondern deckte zumeist schon nach nur einigen Sequenzen die vermeintliche musikalische Verwandtschaft der jeweiligen Melodien zu anderen Stilrichtungen und Zeitepochen auf. Auf diese Weise interpretierte er, dass die Melodienursprünge vieler späteren Hits und Evergreens oder sogar Werbejingles auf bekannte klassische Kompositionen zurückzuführen seien. So zum Beispiel „What a Wonderful World“, „My Way“ oder “Ich war noch niemals in New York“.
Methoden entlarvt
Andrew Lloyd Webber habe die Grundtöne für „Memorys“ in seinem Musical „Cats“ aus Maurice Ravels „Bolero“ geklaut, ebenso Howard Carpendale für „Hello Again“ oder Juliane Werding für „Stimmen im Wind“. „Was wohl die GEMA dazu gesagt hätte?“, gab der Musikkabarettist ironisch und geradezu schelmisch listig zu bedenken.
Zudem „entlarvte“ er mutmaßliche Quellen und Methoden, durch die sich Komponisten zu einem Klassikwerk inspirieren hätten lassen und daraufhin Berühmtheit erlangten. „Als Mozart eine Auftragsarbeit für eine Komposition abzuliefern und er keinen rechten Einfall hatte, fuhr zu seinem Glück spät abends vor dem Haus ein Feuerwehrwagen vorbei. Die Quarttöne des eingeschalteten Martinshorns brachten ihn auf die Idee zu einer Melodie, und da draußen Dunkelheit herrschte, war auch gleich der Titel dazu geboren“, erzählte Reuter die angebliche Entstehungsgeschichte der „Kleinen Nachtmusik“.
„Schreib nicht zu schwer, sonst spielt es später niemand“, habe Mozarts Vater Leopold dem noch jungen Wolfgang Amadeus geraten. „Dann schreibe ich es eben in C-Dur, denn dann geht es ohne Einsatz schwarzer Klaviertasten“, habe dieser darauf geantwortet. Beliebte Volks- und Kinderlieder wie etwa „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“, „Alle meine Entchen“, „Hänschen klein, ging allein“ und „Zum Geburtstag viel Glück“ klingen stark nach Mozart oder anderen legendärer Klassikkomponisten, versuchte der Pianist und Musikkabarettist gleichsam augenzwinkernd und intonierend zu verklickern.
Funke springt über
Mit spielerischer Leichtigkeit und andererseits hochkonzentriert beherrschte Reuter darüber hinaus das Zusammenspiel mit dem zahlreichen Publikum, auf das der Funke dadurch von Beginn an übersprang. Zugleich zeigte der brillante Klavierkünstler sein schillerndes Improvisationstalent, indem er herausfordernd Zuhörerwünsche klassischer Melodien umgehend in die Tasten greifend erfüllte sowie dabei ebenfalls immer wieder scheinbare Affinitäten zu modernen Kompositionen bis hin zu Pop und Jazz herstellte.
Chapeau, Felix Reuter! Der Thüringer bot dem begeisterten Publikum einen wirklich außergewöhnlichen und hinreißend schönen Kulturgenuss vom Allerfeinsten – sowohl kunstgerecht und musikalisch absolut unterhaltsam, kurzweilig und amüsant als auch hoch stilvoll, intelligent und informativ. Einhergehend servierte einen rasanten Galoppritt durch die Historie berühmter Klassikwerke einerseits sowie populärer Melodien und Klassiker der Neuzeit andererseits oder zeitloser Volksliedmelodien.
Am Freitag, 22. März gastiert um 19.30 Uhr im Bad Mergentheimer Kulturforum die Musikkabarettistin Andrea Limmer mit ihrem Programm „Das Streben der Anderen - Klassentreffen 5.0“. Im Vorverkauf sind Karten in der Tourist-Information (Tel. 07931 / 574815), bei der Kurverwaltung (Tel. 07931/965225) oder über Reservix (z. B. www.reservix.de) erhältlich. Die Abendkasse öffnet eine halbe Stunde vor Spielbeginn.
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