Duale Hochschule Baden-Württemberg

DHBW-Präsidentin Klärle spricht im FN-Interview über Zukunftspläne

Seit Februar ist Prof. Dr. Martina Klärle aus Weikersheim die Präsidentin der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW). Im Interview äußert sie sich zu „20 Jahren Hochschule in Bad Mergentheim“ und den Ausbauplänen.

Von 
Sascha Bickel
Lesedauer: 
DHBW-Präsidentin Prof. Dr. Martina Klärle kommt aus Weikersheim und beobachtet die Campus-Entwicklung in der Kurstadt entsprechend schon lange. © Duale Hochschule

Bad Mergentheim. Wie stolz sind Sie auf die 20 Jahre des DHBW-Campus im Schloss Bad Mergentheim?

Martina Klärle: Es ist schon ein ganz besonderes Gefühl, Präsidentin der größten Hochschule des Landes Baden-Württemberg zu sein, im nördlichsten Zipfel unseres schönen Bundeslandes zu wohnen und zugleich die eigene Hochschule direkt vor der Haustür zu haben. Es ist eine tolle und einzigartige Hochschule, die sich unser Land der Tüftler und Denker vor rund 50 Jahren ausgedacht hat, um ganz besondere Fach- und Führungskräfte wissenschaftlich in Theorie und Praxis auszubilden.

Die DHBW verheiratet gewissermaßen Hochschule und Unternehmen, in dem die Dualen Partnerunternehmen die Studierenden auswählen, sie während des Studiums durchgehend bezahlen und branchenspezifisch ausbilden. Seit 20 Jahren gibt es dieses einzigartige Modell jetzt auch am Campus in Bad Mergentheim. Er ist der kleinste aller zwölf Standorte, aber dafür auch der einzige in einem Schloss!

Sie selbst kommen aus Weikersheim. Wie haben Sie das Wachstum des Campus in der Kurstadt verfolgt und welche Potenziale sehen Sie noch in dem Standort? Oberbürgermeister Udo Glatthaar wünscht ja in Zukunft 1000 Studenten vor Ort.

Klärle: Vor 20 Jahren habe ich meine erste Professur in Osnabrück erhalten. Natürlich habe ich als junge Professorin mit Interesse und Begeisterung beobachtet, was sich in meiner Heimat entwickelt. Leider gab es damals keine passende Professur für mich. Dass ich jetzt als Präsidentin der gesamten DHBW doch noch in Bad Mergentheim wirken darf, hätte ich damals nicht zu träumen gewagt.

Die DHBW bringt die Hochschule genau dorthin, wo sie gebraucht wird. Also zum Beispiel dorthin, wo es die Hidden Champions gibt, mit denen wir Fach- und Führungskräfte in der Region und für die Region entwickeln.

Jeder Standort der DHBW hat seine Besonderheiten und seine besonderen Entwicklungspotenziale. Bad Mergentheim hat durch die großen Unternehmen der Region wie ebm-papst, Wittenstein, Würth oder Wirthwein – um nur einige zu nennen – einen großen Bedarf insbesondere in der Informatik und Technik. 1000 Studierende in der Kurstadt sind gut machbar. Wichtig ist, dass die Unternehmen gemeinsam mit uns um die guten Köpfe werben.

Mehr zum Thema

Bildung

„In drei Jahren könnten es schon 650 Studenten in Bad Mergentheim sein“

Veröffentlicht
Von
Sascha Bickel
Mehr erfahren
Verkehr

Parkgebühren in Bad Mergentheim steigen um 33 Prozent

Veröffentlicht
Von
Sascha Bickel
Mehr erfahren
Bildung

Bad Mergentheim: Zwei Jahrzehnte Duale Hochschule gefeiert

Veröffentlicht
Von
Linda Hener
Mehr erfahren

Welchen Beitrag können Sie als DHBW-Präsidentin zum weiteren Ausbau in Bad Mergentheim leisten?

Klärle: Als Präsidentin kümmere ich mich gerne und leidenschaftlich um die Belange aller zwölf Standorte. Dass ich aus der Region komme, Bürgermeister und Landrat kenne und gewissermaßen kurze Wege habe, hilft natürlich. Ich bin mir sehr sicher, dass ich dem verhältnismäßig kleinen Campus zu mehr Größe aber vor allem zu mehr Profil verhelfen kann.

Wenn ich mit dem Ministerpräsidenten in den USA unterwegs bin oder mit der Wissenschaftsministerin in Stuttgart spreche, bleibt es nicht aus, dass ich auch auf Beispiele und Themen aus Bad Mergentheim zu sprechen komme. Aber neben mir braucht es weitere Unterstützer, die uns helfen, Studierenden ein tolles Ambiente im Schloss in Bad Mergentheim zu bieten.

Dass noch mehr Platz im Schloss für die DHBW bereitgestellt werden soll, war zuletzt immer wieder zu hören. Wie stehen Ihrer Meinung nach die Chancen, dass das Land hier mehr Räume, zum Beispiel die Alte Reithalle oder den restlichen Teil der ehemaligen Versorgungskuranstalt, auf absehbare Zeit zur Verfügung stellt?

Klärle: Für mich ist das ein Muss. Es macht keinen Sinn, an einem so kleinen Hochschulcampus wie in Bad Mergentheim die Studierenden auf drei Gebäude, die einen Kilometer voneinander getrennt sind, zu verteilen.

Studierende können sich ihren Studienplatz aussuchen. Wir brauchen ein attraktives Umfeld und ein Campus-Feeling mit Begegnungen zwischen den Studiengängen. Ich will dabei helfen, den Campus Bad Mergentheim unter der Marke „Study in the Castle“ zum Strahlen zu bringen. Es gibt doch keine bessere Möglichkeit, als eine Landeshochschule in einem landeseigenen Schloss unterzubringen. Die Gespräche mit dem Land laufen bereits.

In der November-Sitzung des Bad Mergentheimer Gemeinderates berichtete Noch-Campus-Leiter Prof. Kim, dass die Partnerfirmen der DHBW Mosbach/Bad Mergentheim eigentlich gerne 1800 Studienplätze zum Herbst besetzt hätten, aber nur 1112 Studienanfänger verzeichnet wurden. Dass zeige den enormen Fachkräfte-Bedarf der Unternehmen und die Lücke von 700 fehlenden Studenten sei beachtlich. Wo muss Ihrer Ansicht nach schnell angepackt werden, um den Fachkräftebedarf zu decken und die genannte Lücke an fehlenden jungen Leute gerade auch in der Region Mosbach/Bad Mergentheim zu schließen?

Klärle: Der Fachkräftebedarf ist hoch und die Schülerzahlen sinken. Daran kann man kurzfristig nur schwer etwas ändern.

Wir sind froh, dass uns als DHBW der Studierendenrückgang bislang weniger schwer trifft als andere. Hinzukommt, dass die Corona-Zeit für die Schüler schwierig war. Viele legen nach dem Abitur eine Verschnaufpause ein und suchen nach Orientierung.

Hier müssen wir gemeinsam mit unseren Dualen Partnern, also den Unternehmen, bei denen sich die Schüler um einen Studienplatz an der DHBW bewerben, Orientierungsangebote machen.

Gemeinsam müssen wir unser Studienangebot flexibler gestalten und so ein leichteres und individuelles Ankommen im Studium ermöglichen. Und das sage ich nicht nur als Präsidentin einer Hochschule, sondern auch als Mutter eines Sohnes, der dieses Jahr am Wirtschaftsgymnasium in Bad Mergentheim Abitur gemacht hat.

Prof. Kim hat bereits vor Monaten seinen Rückzug aus der Campus-Leitung öffentlich bekannt gemacht. Wann wird sein Nachfolger beziehungsweise die Nachfolgerin vorgestellt?

Klärle: Das wird nicht mehr lange dauern. Die Gespräche laufen auf Hochtouren. Ich bin Professor Kim dankbar, dass er mit seiner Erfahrung weiterhin zur Verfügung steht, und Professorin Jeck-Schlottmann als Rektorin der Studienakademie, zu der der Campus gehört, dass sie die Campusleitung unterstützt.

Welche Anstrengungen müssen die Bürger – mit Blick auf fehlende Wohnungen und ähnliches – und die Politik im Main-Tauber-Kreis unternehmen, um dem DHBW-Campus weiterhin zu helfen?

Klärle: Ein wachsender Campus braucht tatsächlich nicht nur das passende Studienangebot. Wir brauchen auch passende Gastronomie, also Studierendenkneipen und Cafés für den kleinen Geldbeutel, geeignete Sportangebote für junge Leute und natürlich vor allem bezahlbaren Wohnraum für Studentenbuden und Wohngemeinschaften.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten