Bad Mergentheim. Die Narrengilde „Lustige Gesellen“ Bad Mergentheim eröffnete ihre 62. Fastnachtskampagne im Katholischen Gemeindehaus mit der Verleihung des „Ordens vom Dicken Fell“.
Zur Person Hariolf Scherer
1962 im Carolinum geboren, mit neun Jahren Ministrant, mit 10 Jahren Kleintierzüchter, mit 12 Jahren Jagdhornbläser bei der Kreisjägervereinigung Mergentheim.
Mit 15 Jahre Gruppenleiter bei der katholischen jungen Gemeinde in Bad Mergentheim.
Mit 18 Jahren Jägerprüfung, mit 27 Jahre in den Kirchengemeinderat gewählt.
Dann Ausbildung beim Stadtwerk zum Energieanlagenelektroniker, 1994 Meisterprüfung Netzmeister für elektrische Energieversorgungsnetze.
Seit 25 Jahre stellvertretender gewählter Vorsitzender des katholischen Kirchengemeinderates Bad Mergentheim.
Seit 1999 Mitpächter des Jagdrevier Bad Mergentheim Ost.
Vom 16 bis 36 Lebensjahr jährlicher Betreuer bei den KJG und BDKJ Sommerfreizeiten, seit rund 13 Jahre Mitveranstalter der kirchlichen Gemeindefahrten.
2002 als einer der jüngsten im Land zum Kreisjägermeister gewählt.
Seit 2003 Delegierter des Landesjagdverbandes Baden Württemberg beim Deutschen Jagdverband.
2004 in den Stadtrat gewählt stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU.
Seit 18 Jahren Teamleiter für das Elektrizitätsnetz des Stadtwerk.
Seit 2022 Ehrenkreisjägermeister der KJV Mergentheim.
Der sichtlich gut gelaunte Präsident Andreas Schweizer freute sich, dass neben zahlreichen erwartungsfrohen Märchedoler Narren und der Abordnung der Igersheimer Kalroben eine große Anzahl ehemaliger „Dicke Fellträger“ gekommen waren. Schließlich sollen an diesem Abend traditionell zwei große Geheimnisse gelüftet werden, zum Einen das um die neuen Märchedoler Tollitäten und zum Anderen das um den neuen Träger des Ordens vom „Dicken Fell“.
Nach dem Einzug der „Schofherd“ (die kleine Gruppe um Schäfer Franz Gehrig alias René Föhr ist in diesem Jahr auf erfreuliche zehn Schäflein angewachsen) folgte der Auftritt des Kolping-Eigengewächses „Tanzamreichen“ Amrei Hettenbach. Für Stimmung im Saal und so manche Schunkelrunde sorgten auch in diesem Jahr wieder in gekonnter Weise die Wachbacher Musikanten um Dirigent Werner Gebert.
Er folgte der erste Höhepunkt des Abends: Der Einzug der närrischen Hoheiten. Als Prinzenpaar ließen sich Prinzessin Kim II. (Böckler-Kienast) und Prinz Björn I. (Böckler) feiern. In ihrer Antrittsrede gaben sie Persönliches preis: So ist Kim Hausfrau und Mutter von zwei Kindern, Prinz Björn ist Schornsteinfeger, weshalb er sich entschloss, als Ornat stolz seine Schornsteinfegerbekleidung samt Zylinder zu tragen. Als Kinderprinzenpaar herrschen in der kommenden Session Prinzessin Lia I. (Herwarth) und Prinz Ben I. (Kaufmann).
Auch das Geheimnis um den neuen Fastnachtsorden wurde gelüftet: Durch den Abriss des „alten“ Carolinums, dessen Küche ins katholische Gemeindehaus verlagert wurde und somit für Veranstaltungen nicht mehr zur Verfügung steht, boten die Narren unter dem Motto (das wiederum den Orden ziert) „Heute bleibt die Küche kalt, wir feiern ohne Schnitzel halt“, nur kalte Speisen an – perfekt organisiert.
Bürgermeister-Stellvertreterin Manuela Zahn bedankte sich in ihren Grußworten bei allen, die sich für das farbenfrohe Spektakel und diese beliebte Märchedoler Tradition engagieren. Noch ehe es auf den absoluten Höhepunkt des Abends zuging, schickte die Narrhalla aus Boxberg noch die beiden Tanzmariechen Fee Kohler und Luisa Borkeloh, die als Narrenringmeisterinnen über die Gesellenbühne wirbelten.
Nicht verbrieft
Ganz genau ist es zwar nicht verbrieft, wie es erstmals zur Verleihung dieses Ordens kam, doch erzählt man sich die Geschichte einer legendären Sitzung des Umzugskomitees im Gasthof „Zum Wilden Mann“ vor über 40 Jahren. Auf die mehrmalige Aufforderung, endlich mal einen auszugeben, habe der Wirt Josef Metzger stets nicht reagiert. So einem Kerl gehöre der Orden vom „Dicken Fell“, war aus der Versammlung zu hören. Noch am selben Abend wurde ein Fell organisiert und dem Wirt umgehängt: der Orden vom „Dicken Fell“ war geboren. Seit jener Zeit wird er anlässlich der Märchedoler Fastnachtseröffnung von der Narrengilde an eine Person verliehen, die sich durch ein „Dickes Fell“ ausgezeichnet hat.
Die Spannung stieg ins unermessliche, als Laudatorin Dr. Christine Reuter, die im vergangenen Jahr mit dieser Auszeichnung bedacht wurde, in die Bütt stieg und ein Loblied auf den neuen Fellträger anstimmte. Ein echter Weberdörfler sei er, im Carolinum geboren und Ministrant. In gereimter Form schaute Dr. Reuter auf das Leben des neuen Fellträgers zurück und verstand es, die Spannung bis zum Schluss aufzubauen. Erst nach und nach konnten sich kundige Märchedoler einen Reim darauf machen, wer denn nun gemeint war – Hariolf Scherer ist der neue Fellträger.
„Ich hab vom Herrgott ein Rückgrat bekommen und keinen Gartenschlauch“, so sein Lebensmotto. Hariolf Scherer gilt als nicht angepasst, und wird deshalb auch oft von den Verantwortlichen seines Arbeitgebers, dem Stadtwerk Tauberfranken, als „Schertmichnix“ bezeichnet. Er sagt offen, was ihn beschäftigt und spricht an, was aus seiner Sicht nicht richtig läuft. Sein Wertesystem habe nichts mit Geldscheffeln zu tun und große Karriere wollte er auch nie machen. Seit 33 Jahren ist er Mitglied im katholischen Kirchengemeinderat, war 21 Jahre Kreisjägermeister, ist CDU-Mitglied und Stadtrat und hat schon so manche, aus seiner Sicht falsche kommunale und kirchenpolitische Entscheidung mit Beharrlichkeit und Durchsetzungskraft beeinflusst.
Schon in jungen Jahren zeigte sich Scherer als wahres Organisationstalent und engagierte sich in der Jugendfeuerwehr und bei der katholischen Jugend.
Kirchliche Jugendarbeit
In seiner äußerst launigen Antrittsrede erinnerte er an vergangene Zeiten, an Lausbubenstreiche, an den „Riegel’s Klaus“, dem „Erfinder“ des Dicken Fells und an sein Engagement in der katholischen Jugend. Hariolf Scherer: „Mir war die kirchliche Jugendarbeit viel wichtiger als die Schule“. Vom Umbau des KJG-Heims in der Zaisenmühlstraße bis hin zum Kauf des Zwillingshauses – Scherer erzählte aus seinem bewegten Leben. „Wißt ihr noch, wie der Pfarrer Appold die Sakristei am Münster unterkellern hat wollen – den Herzenswunsch vom Dekan Appold haben wir erfolgreich verhindert!“.
Scherer sagt, was er denkt, mit viel Vernunft und Sachverstand sprach er Missstände an, wie jüngst den abgesagten Martinsumzug, für den die katholische Verwaltung einen 16-seitigen Vertrag hätte unterzeichnen müssen, in dem auch die Laufwege des Pferdes festgehalten worden sein sollten. Hariolf Scherer: „Ob der Martinsgaul links und rechtsrum im Schlosshof rumdapt, kann doch denne Seggel von der SSG total egal sein“ – zustimmender Applaus. „Von einem hochbezahlten Beamten erwarte ich mir, dass er sich hinstellt und sagt, ’das machen wir’.“
Und weiter: In Zukunft sollten alle Gruppierungen zum Absperren von Veranstaltungen wie der Fronleichnamsprozession Gebühren für die Feuerwehr an die Stadt bezahlen. „Das kommt ja gleich nach der SSG im Schloss – lieber Oberbürgermeister, da musst Du Deinen Laden besser in Griff bekommen, das machen wir so nicht mit“. Ein Rathaus und eine Schlössergesellschaft müssen schließlich für und nicht gegen die Bürger funktionieren, so Scherer. Das Publikum war begeistert und dankte Hariolf Scherer für diese glänzende Antrittsrede mit stehendem Applaus.
Nach diesem kommunalpolitischen Rundumschlag und den farbenfrohen Tänzen der Prinzen- und Juniorengarde, folgte der letzte Paukenschlag des Abends: Sitzungspräsident Andres Schweizer gibt nach 23 Jahren sein Amt ab. Nachfolgerin wird Kerstin Köber, die mit großer Freude und großem Stolz die „Präsidenten-Schelle“ samt Mikrofon aus der Hand ihres Vorgängers entgegen nahm.
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