Herzog-Paul-Abend

„Bewahren wir das Erbe, das uns anvertraut wurde“

Historisches Schützen-Corps Bad Mergentheim lud zum Festakt und feierte gleich drei Jubiläen

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Barbara Kurz
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Vor genau 193 Jahren, am 7. September 1831, wurde Herzog Paul Wilhelm von Württemberg zum Ehrenbürger Mergentheims ernannt. Dieses Ereignis wird jährlich beim Herzog-Paul-Abend des Historischen Schützen-Corps gefeiert.

Bad Mergentheim. Zahlreiche Freunde, Interessierte und Ehrengäste kamen auf Einladung des Historischen Schützen-Corps Bad Mergentheim in Katholische Gemeindehaus, darunter auch Abordnungen der Bürgerwehren aus Wiesentheid und Ellwangen, Vertreter des Großen Siedershofs Schwäbisch Hall und der Schützengilde Königshofen, der Historischen Deutschorden-Compagnie und der Deutschmeister-Schützengilde sowie der Landeskommandant des Landesverbands Historischer Bürgerwehren und Stadtgarden Württemberg-Hohenzollern, Oberst Jürgen Rosenäcker. Sie alle wurden nach dem Antreten in der Marienstraße vom Vorsitzenden des Historischen Schützen-Corps’, Hauptmann Andreas Schweizer begrüßt. Im Anschluss dankte Bürgermeisterstellvertreterin Manuela Zahn den Mitgliedern des Corps’ für die Bewahrung des besonderen Erbes der Stadt. „Mit diesem Abend halten sie diese Erinnerung auch für weitere Generationen wach“, so Manuela Zahn.

Gleich drei Jubiläen

Herzog Paul war wohl das berühmteste Mitglied des Schützen-Corps. Er bewohnte das Schloss von 1827 bis zu seinem Tod am 25. November 1860. Doch nicht nur der Herzog wurde an diesem Abend gefeiert – das Jahr 2024, so Andreas Schweizer, böte gleich drei weitere Jubiläen auf: Vor 200 Jahren, im Jahr 1824, durfte sich die Mergentheimer Schützenwehr durch einen Erlass von König Wilhelm I. neu unifomieren. Die dem Corps genehmigten Uniformen (Offiziere mit weißen, Schützen mit grünen und die Musiker mit roten Federbüschen) wurden im „Thommschen Brief“ von 1833 bis auf den letzten Knopf genau geschrieben und werden vom Historischen Schützen-Corps heute noch getragen.

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Ein weiteres „kleines“ Jubiläum stand bereits im Mai an: Seit nunmehr 35 Jahren dient das Torwachhaus am Ende der Mühlwehstraße als Vereinsmittelpunkt und Vereinsheim. Viele fleißige Hände, gute Handwerker und Organisatoren halfen mit, hier ein Schmuckstück sondergleichen entstehen zu lassen. Heute ist das Torwachhaus das einzig begehbare Relikt aus der Zeit der Stadtbefestigung, so Andreas Schweizer weiter. Jeden Freitag öffnet die Herzog-Paul-Stube zum geselligen Miteinander und guten, manchmal auch kontroversen Gesprächen. Und hier im Torwachhaus fand auch der berühmte „Dachbodenfund“ mit Exponaten aus dem Besitz von Herzog Paul seinen Platz. Sie sind seit Anfang Mai im neuen „HSC-Museum im Torwachhaus“ zu besichtigen.

Schließlich das dritte Jubiläum des Abends: Vor 75 Jahren, im Jahr 1949, wurde der Landesverband Historischer Bürgerwehren und Stadtgarden Württemberg-Hohenzollern, dem auch das Bad Mergentheimer Corps angehört, gegründet. Diesem Ereignis nahm sich Oberst Jürgen Rosenäcker in seinem Vortrag „Bürgerwehren im Wandel der Zeit“ an. „Wer die Geschichte der Bürgerwehren zurückverfolgen will, muss weit in die Vergangenheit in die Zeit der Städtegründungen im 12. und 13. Jahrhundert zurückgehen“, so Jürgen Rosenäcker. Bürger wurden damals zur Errichtung von Gräben, Mauern und Türmen verpflichtet. Die Bürgerwehren wurden also nicht „gegründet“, sondern entstanden zum Schutz des Gemeinwesens.

Gegenseitige Hilfe

Die bürgerliche Wehrhaftigkeit, so Rosenäcker weiter, fand ihren Ausdruck in den Schützen-Gesellschaften, die um die Wende des 16. zum 17. Jahrhunderts entstanden. Es gehörte vielerorts zur Pflicht der Bürger, einer Schützen-Gesellschaft anzugehören. Gerade in den Wirren des 30-jährigen Krieges leisteten sich die Bürger benachbarter Gemeinden gegenseitig Hilfe, so Rosenäcker, neben der Wache nach außen hatten die Bürgerwehren auch für die Ordnung innerhalb des Gemeinwesens zu sorgen. Doch mit dem Aufkommen der stehenden Heere im ausgehenden 17. Jahrhundert wurden die Bürgerwehren einzig zu Repräsentativgarten, die vorwiegend zu Festlichkeiten und kirchlichen Feierlichkeiten herangezogen wurden. 1828 bestanden bereits an 28 Orten des Königreichs Württemberg Bürgergarden, überwiegend mit dem Charakter als Ehrengarden, so auch in Bad Mergentheim, erläuterte Jürgen Rosenäcker. Diese Wehren hatten auch über den Ersten Weltkrieg bestand, doch unter den Nationalsozialisten wurden die meisten verboten, das Bürgerwehrwesen kam komplett zu Stillstand, so Jürgen Rosenäcker. Die Geburtsstunde des heutigen Landesverbandes war am 24. Juli 1949 im Rahmen des 350-jährigen Jubiläums der Bügerwache Mittelbiberach in Oberschwaben. Heute besteht der Verband aus 34 Mitgliedsvereinen mit rund 2 200 Bürgerinnen und Bürgern im Bunten Rock. Jürgen Rosenäcker: „Bürgersinn und die Bereitschaft, im Dienste der Allgemeinheit tätig zu sein, das sind angesichts der heute vielfach verbreitete Haltung, sich in Egoismus und Intoleranz zu üben, selten gewordene Werte. Hier liegt die besondere Aufgabe, die wir an unsere Jugend weitergeben müssen.“

Geschichte weiterschreiben

Der „Bürger im Bunten Rock“ trage keine überholten militanten Ideen und Ziele in sich, vielmehr ist das Bewahren einer alten Tradition und die Pflege der Kameradschaft Inhalt der Wehren. Rosenäcker endete mit dem Satz: „Die Gründungsväter haben uns vor 75 Jahren den gemeinsamen Landesverband aufgebaut. Heute ist es an uns, die Geschichte der historischen Bürgerwehren in jeder einzelnen Stadt weiterzuschreiben“.

Zum Abschluss des Abends wurden noch verdiente Mitglieder des Historischen Schützen-Corps’ geehrt: Engelbert Löhr erhielt für 45 Jahre aktive Mitgliedschaft die Silberen Ehrennadel des Historischen Schützen-Corps, Klaus Schmidt für 40 Jahre das Ehrenkreuz des Landesverbands und des Vereins und Janusz Szypersky wurde vom Verband für 10-jährige Mitgliedschaft mit der Bronzenen Ehrennadel gewürdigt.

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