Bad Mergentheimer veruteilt

Besitz von Kinderpornografie führt zu Bewährungsstrafe

„Schöne“ Straftaten gibt es ja grundsätzlich nicht, aber das Thema „Kinderpornografie“ ist dennoch besonders unschön. Ein entsprechender Prozess wurde nun am Amtsgericht Bad Mergentheim verhandelt.

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Simon Retzbach
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Für den Besitz kinderpornografischer Bilder gab es eine Bewährungsstrafe. © Simon Retzbach

Bad Mergentheim. Ein Jahr und drei Monate Haft, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung, erhielt ein Bad Mergentheimer für den Besitz kinderpornografischer Bilder.

Wie es die Staatsanwaltschaft schildert, kam es im Mai vergangenen Jahres zu einer Durchsuchung seines Wohnsitzes in der Kurstadt, insgesamt sechs kinderpornografische Dateien wurden auf dem Handy des 40-Jährigen sichergestellt.

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Besonders unschön dann die nüchtern vorgetragene Beschreibung der Bilder durch die Staatsanwaltschaft: Mädchen im Alter von sechs bis zwölf Jahren in eindeutigen Posen, es ist selbst beim Zuhören nur schwer erträglich.

„Es war eine ganz schwierige Zeit und mir im Nachhinein selbst unverständlich, wie ich da hineingerutscht bin. Ich komme damit im Moment selbst nicht klar“, bezieht der Angeklagte Rene W. Stellung zum geäußerten Vorwurf des Besitzes kinderpornografischer Dateien.

„Mit was kommen Sie nicht klar, mit der pädophilen Neigung oder damit, heute hier zu sitzen?“, will die Vorsitzende Richterin Susanne Friedl wissen. Auf Nachfrage präzisiert der Angeklagte, es sei die pädophile Neigung, die ihm zu schaffen machte, nur um diese Neigung kurz darauf wieder herunterzuspielen.

Genug für Richterin Friedl, die ihm energisch widerspricht: „Sie sind da nicht einfach so hereingerutscht. Es gibt eindeutige Chats, in denen sie eine sexuelle Vorliebe für Zwölf- bis Vierzehnjährige äußern.“ Eine pädophile Neigung sei klar erkennbar, sich das einzugestehen und mit einer Therapie zu bekämpfen, sei das Einzige, was helfe.

In einem vertraulichen Gespräch vor den Prozessparteien schildert der Angeklagte dann, was in seinen Augen eine bedeutende Rolle bei der Ursachenfindung für seine Neigung spielt: Eigene Missbrauchserfahrungen durch einen gewalttätigen Stiefvater in der Kindheit.

Einsam gefühlt

In Phasen mit besonders starkem Drang zum Ausleben seiner Neigung habe er nicht in den Spiegel schauen können, weil ihm bewusst gewesen sei, was er da als ehemaliges Opfer tue. Doch in einer schwierigen Phase, als er sich einsam gefühlt habe und durch einen familiären Schicksalsschlag seine Welt zusammengebrochen war, hätten ihm diese Chats geholfen. „Man ist halt nicht alleine“, fasst er seine Beweggründe zusammen.

Ein Polizeibeamter aus Tauberbischofsheim schilderte, wie man dem gebürtigen Leipziger auf die Schliche kam. Eine amerikanische Plattformhabe gesetzesgemäß den kinderpornografischen Inhalt angezeigt, die Informationen wurden im Anschluss an deutsche Ermittlungsbehörden weitergeleitet.

Chats aus 2019

Bei der anschließenden Durchsuchung im Mai 2022 habe man mittels der sichergestellten Datenträger auf Chats zugreifen können und so das Verhalten des Angeklagten rekonstruieren können. Die Chats mit eindeutigem Inhalt datieren zurück auf 2019, eine Datei wurde dem Angeklagten im April des Vorjahres zugesandt.

Aus dem Bericht der Gerichtshilfe geht hervor, dass der Angeklagte nach einer schwierigen Kindheit und Jugend sein Leben in geordnete Bahnen lenken konnte. Nach einer Umschulung ist er mittlerweile im Schichtdienst tätig und seit 2017 in zweiter Ehe verheiratet. Vorstrafen hat er keine und äußerte hier auch den Wunsch, zukünftig nur ein „ruhiges und normales Leben“ zu führen.

Im Plädoyer der Staatsanwaltschaft sprach diese bestätigten Vorwürfen und einer Schuld hinsichtlich des Besitzes kinderpornografischen Materials, das dieser sich „gezielt“ beschafft habe. Seine geordneten Verhältnisse müssten jedoch ebenso berücksichtigt werden wie die fehlenden Vorstrafen. Ein Jahr und drei Monate, ausgesetzt zur Bewährung und an weitere Auflagen geknüpft, daher die Forderung. Dieser schloss sich die Verteidigung inhaltlich an und forderte die Mindeststrafe von einem Jahr, ebenso zur Bewährung.

Strafe und Auflagen

In ihrem Urteil befanden Richterin Susanne Friedl und die beiden Schöffen René W. des Besitzes kinderpornografischen Materials für schuldig und schlossen sich in ihrem Strafmaß der Staatsanwaltschaft an. Darüber hinaus muss der Verurteilte 2000 Euro an den Kinderschutzbund Main-Tauber-Kreis bezahlen und eine spezielle Therapie machen, die das zukünftige Risiko eines Rückfalls minimieren soll.

„Warum entwickeln Kinder, die selbst missbraucht wurden, später häufig solche Neigungen? Was sorgt für diese falsche Toleranz im Gehirn? Es ist nicht zu erklären und auch nicht rückgängig zu machen. Sie werden ein Leben lang mit dieser Neigung zu kämpfen haben, die Gefahr ist nicht gebannt, vor allem in schwierigen Phasen. Die zusätzliche Geldbuße soll als spürbare Auflage und Ausgleich für den angerichteten Schaden dienen. Denn auch als bloßer Konsument solcher Bilder ist man verantwortlich für die Traumatisierung von Kindern, da die Nachfrage immer neue und schlimmere Bilder schafft“, so die Richterin in ihren eindrücklichen Schlussworten. Mit dem expliziten Verzicht auf Rechtsmittel seitens des Angeklagten wird das Urteil rechtskräftig.

Redaktion

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