Gerichtsprozess

Bad Mergentheimer Amtsgericht kommt bei Betrug an die Grenze

Kein ganz alltäglicher Prozess am Bad Mergentheimer Amtsgericht: In einem Betrugsprozess wird der Strafrahmen fast ausgeschöpft und Richterin Susanne Friedl spart nicht mit deutlichen Worten.

Von 
Simon Retzbach
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Aus der Haft gekommen und nach wenigen Stunden auch wieder dorthin zurück: Ein Betrugsprozess am Amtsgericht endete mit einer mehrjährigen Haftstrafe. © Retzbach

Bad Mergentheim. Drei Jahre und neun Monate muss ein 33-Jähriger aus dem Main-Tauber-Kreis in Haft. Das ist das Ergebnis einer Schöffenverhandlung vor dem Amtsgericht der Kurstadt unter Leitung von Richterin Susanne Friedl.

Nach den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte Ali H. einen Wagen im Wert von gut 63 000 Euro von einem Münsteraner Autohaus unter Vorspiegelung falscher Tatsachen als vermeintlicher Leasing-Interessent abgeholt haben, ohne im Anschluss die Raten zu bezahlen.

Wohl wissend, dass seine eigene Bonität ein solches Vorhaben unmöglich gemacht hätte, täuschte der 33-Jährige eine andere Identität vor und konnte einen Autohausmitarbeiter bei der Abholung des Wagens so erfolgreich täuschen. Darüber hinaus soll er einen Kaufinteressenten für ein gebrauchtes Auto nach einer Vorauszahlung von 1500 Euro mit der Übergabe des Fahrzeuges hingehalten haben, die letztlich auch nie zustande kam. Dieses Verfahren wurde eingestellt.

Vorwurf des Betrugs

Schwerer wog der Vorwurf des Betrugs gegenüber dem Autohaus. Als Nikolai P. habe er sich gegenüber diesem ausgegeben und mit Ausweis- sowie EC-Karten-Kopien den Mitarbeiter getäuscht. Doch auch das reichte für ein Leasing des kostspieligen Autos nicht aus. So soll der Angeklagte kurzerhand noch einen Bürgen V. erfunden haben, was den kriminellen Plan letztlich gelingen ließ.

„Ich war mit Nikolai P. sehr gut befreundet und er war mit dem Autoleasing auf seinen Namen einverstanden. Er wusste Bescheid“, so der Angeklagte zu dem Vorwurf. Bei der Abholung habe er dann seinen echten Namen angegeben. Richterin Susanne Friedl ist davon wenig überzeugt, konfrontiert ihn mit den hinterlegten Kopien des falschen Personalausweises sowie gefälschten Unterschriften des vermeintlichen Bürgen V.

Verteidiger Josef Gläser sah hier auch eine zweifelhafte Rolle des Autohauses und äußert Zweifel am Ablauf der Abholung. „Wenig hilfreich“ fand die Richterin allerdings diese Spekulationen, zumal der völlig ahnungslose „Bürge“ seitens der Verteidigung eingestanden werden musste und auch der Betrugsvorwurf nicht grundsätzlich abgestritten wurde.

Auch die Aussage des Autohausmitarbeiters verbesserte die Situation des Angeklagten nicht: Er habe Dokumente des Herrn P. als Leasinginteressenten im Vorfeld erhalte, die Abholung sei dann durch einen Mann erfolgt, der sich als Bürge V. vorgestellt habe und in Vertretung für Herrn P. das Auto abhole. Ein Widerspruch also zu den Äußerungen Ali H.s, der sich unter diesem Namen vorgestellt haben will.

Nikolai P. machte in seiner Zeugenaussage glaubhaft deutlich, von dem Autoleasing erst mit Erhalt von Mahnschreiben aufgrund ausbleibender Zahlungen erfahren zu haben und angesichts zweier Kinder für solchen Luxus auch kein Geld zu haben. An Kopien seiner Dokumente sei der Angeklagte gekommen, als dieser ihn um einen Gefallen gebeten habe.

Früheres Opfer erneut betroffen

Besonders pikant die „Wahl“ des ahnungslosen Bürgen: Besagter V., der auch vor Gericht aussagt, ist ein früheres Opfer des bereits mehrfach einschlägig vorbestraften Ali H. Die Ausweiskopie habe vorgelegen, weil der Angeklagte im Zuge einer vermeintlichen Reparatur des Wagens von V. diese anforderte. Der gebürtige Lette kann glaubhaft versichern, niemals ein Dokument im Zusammenhang mit dem Leasing eines Autos unterschrieben zu haben.

Besagtes Auto wurde nach der Zulassung in Bad Mergentheim durch den Angeklagten gefahren und konnte aufgrund von Hinweisgebern an dessen neuem Wohnort in Lauda-Königshofen durch Ermittler sichergestellt werden. Laut Richterin Friedl reines Glück, auch ein zwischenzeitiger Verkauf wäre möglich gewesen und hätte das Auffinden schwer bis unmöglich gemacht.

Langes Vorstrafenregister

Nach Ende der Beweisaufnahme dann die Urteilsfindung, die sich angesichts zu berücksichtigender Vorstrafen etwas langwierig gestaltet. In ihrem Plädoyer sah die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe bestätigt, die unglaubwürdigen Einlassungen des Angeklagten hätten hieran nichts geändert.

Das Vorstrafenregister wirke sich verschärfend aus ebenso wie die hohe Rückfallgeschwindigkeit (2021 verging von einem Urteil bis zu einer erneuten Straftat gerade einmal eine Woche).

So kam sie wegen „hoher krimineller Energie“ zu einer Forderung von drei Jahren und neun Monaten Haft wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung.

Die Verteidigung hatte dem wenig entgegenzusetzen, bezeichnete das Vorgehen des Angeklagten als unsäglich dumm“ und verzichtete auf die Forderung eines expliziten Strafrahmens. Josef Gläser forderte allerdings eine Bewährung für seinen Mandanten aufgrund einer positiven Sozialprognose, die dank Nachwuchses und Jobangebot bestehe.

Richterin Friedl und die Schöffen kamen in ihrem Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft nach und verurteilten Ali H. wegen Betruges und Urkundenfälschung zu drei Jahren und neun Monaten Haft.

Dabei sparte Richterin Friedl nicht mit deutlichen Worten in Richtung des Angeklagten: „Ich kenne ihn ja schon eine Weile und hätte früher einen Deckel drauf setzen müssen, die frühere Bewährung war ein Fehler, solche Leute lernen nicht daraus. Mit dem Urteil hätten wir fast den in Schöffenverhandlungen maximal möglichen Rahmen von vier Jahren ausgeschöpft, das wurde ernsthaft diskutiert. Es gibt keinerlei Vertrauen, dass ein solches Verhalten ohne Haftstrafe endet, auch in Verfahren zuvor war immer wieder das gleiche Muster zu beobachten. Eine positive Sozialprognose sehe ich nicht, und für eine Bewährungsstrafe ist auch angesichts der langen Vorgeschichte kein Spielraum vorhanden.“

Redaktion

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