Wertvolle Einblicke

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Kommentar von
Simon Retzbach
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Auf dem Weg zum Prozess habe ich mich durchaus bei einem ziemlich klassischen Reflex erwischt: Ich wusste, es steht Kinderpornografie auf der Tagesordnung und war ohne weitere Kenntnis des Falls zu einem gedanklich sehr harten Urteil gekommen. Dieser Straftatbestand ragt einfach (im negativen Sinne) unter all den möglichen Straftaten hervor und ruft allzu oft populistische Reaktionen hervor, wie ich sie instinktiv auch hatte. Eine Strafe hierfür kann ja eigentlich gar nicht hart genug ausfallen, oder?

Wer nur den Tatbestand und das Urteil der Bewährungsstrafe nebeneinander legt, bei dem bleibt wohl ein ungutes Gefühl zurück, denn es ist einfach ein sehr schwer wiegendes Delikt. Doch wer den Schöffenprozess am Amtsgericht verfolgt hat, bei dem kann selbst bei einem solchen Fall auch ein anderes Gefühl nach dem Urteil aufkommen: das der Beruhigung.

Es klingt paradox, bezieht sich aber fallunabhängig auf die Art, wie hier zu einem Ergebnis gefunden wird. Unter Berücksichtigung und Abwägung vieler Aspekte und Dimensionen wird ein Fall betrachtet und mit großer Sorgfalt ein Urteil gefunden, dass sowohl Tätern als auch Opfern gleichermaßen gerecht wird.

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Die nur allzu häufigen Stammtischdebatten und Rufe nach härteren Strafen verkennen diesen komplexen Findungsprozess, der in einer solchen Verhandlung stattfindet. Ich kann es jedem Bürger nur empfehlen, sich eine solche öffentliche Verhandlung einmal anzuschauen. Es erweitert die eigene, oft verkürzte Sicht auf den deutschen Rechtsprechungsprozess und hilft mit Sicherheit, solche Meldungen und Berichte künftig besser einordnen zu können.

Man kann dann immer noch anderer Ansicht sein und Urteile falsch finden. Aber man kommt zu einer differenzierteren und fundierteren Betrachtung des Ganzen und gewinnt kostbares Vertrauen in den Rechtsstaat.

Redaktion