Gemeinderat - Verkehrskonzept sorgt erneut für große Debatte und uneinheitliches Abstimmungsverhalten / Mehrheit für weitere Einschränkungen / „Krieg gegen das Auto“

Bad Mergentheimer Deutschordenplatz wird dicht gemacht

Die Teilsperrung des Gänsmarktes ist zementiert. Der Deutschordenplatz wird dicht gemacht. Und Tempo 20 in der Altstadt ist gesetzt. Für all das fanden sich Ratsmehrheiten.

Von 
Sascha Bickel
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Blick von der Kapuzinerstraße auf den Bad Mergentheimer Deutschordenplatz vor dem Schloss: Die Durchfahrt für Pkw, Lkw und Motorräder soll künftig grundsätzlich gesperrt sein – nicht nur an Wochenenden wie bisher. © Sascha Bickel

Bad Mergentheim. Knapp eine Stunde diskutierte der Gemeinderat wieder einmal leidenschaftlich über das Dauerthema „Verkehrskonzept“. Dabei wurde erneut deutlich, dass es vor allem in der CDU, Befürworter aber auch Gegner bestimmter Maßnahmen gibt. Die Freien Wähler stimmten ebenso uneinheitlich ab. Am Ende fiel tatsächlich jeder einzelne Beschluss mittels Kampfabstimmung.

Die Entscheidungen

Die bisherige Teilsperrung des Gänsmarktes bleibt dauerhaft erhalten: 21 Ja-Stimmen legten dies gegen sieben Nein fest. Der Deutschordenplatz wird zukünftig nur noch für die unmittelbaren Anlieger (Bewohner, Schloss, Kirche und Andienungsverkehr) überfahrbar sein, damit wird der Bereich der Fußgängerzone um den Deutschordenplatz erweitert: Auch dazu gab es 21 Ja und sieben Nein. Die Zufahrt zum Parkhaus „Am Schloss“ wird deshalb künftig nur noch über die Münzgasse und/oder die Mühlwehrstraße/Ledermarkt/Nonnengasse möglich sein. Die provisorische Absperrung an der Ecke Nonnengasse/Münzgasse entfällt.

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Nur noch für den Anlieger-/Kunden- und Lieferverkehr sind in Zukunft die Bahnhofstraße und südliche Härterichstraße, Mühlwehrstraße, Ledermarkt, Nonnengasse und Holzapfelgasse befahrbar: 19 Stadträte sagten dazu Ja, neun Nein. Zur Dauereinrichtung von Tempo 20-Zonen in der Altstadt lautete das Abstimmungsergebnis: ebenfalls 19:9-Stimmen.

Zur Verkehrsführung am Oberen Graben wurde entschieden, dass diese „vorerst in der bisherigen Form erhalten bleibt“: 22:6-Stimmen.

Nach der Erstellung des beauftragten Verkehrsmodells (bis 2022) werden noch maximal zulässige Geschwindigkeiten auf dem Grabenring festgelegt (Entscheidung mit 19:9-Stimmen). Es soll einen Radwegenetzplan für die Kernstadt in Verbindung mit einer Art Fahrradstraße im Inneren Grabenring geben (22:6-Stimmen dafür). Und es ist die Erarbeitung von möglichen zusätzlichen Parkangeboten in und um die historische Altstadt, unter Berücksichtigung eines Parkleitsystems, vorgesehen: 17 Ja-Stimmen, vier Enthaltungen, sieben Nein.

Mehrjähriger Prozess

Oberbürgermeister Udo Glatthaar freute sich, dass die Vorschläge der Stadtverwaltung allesamt mehrheitlich angenommen wurden und erinnerte daran, dass man bereits einen mehrjährigen Prozess hin zu diesen Schritten durchlaufe. Dabei seien stets auch die Sorgen und Wünsche der Bürger, Anwohner und Geschäftsleute miteingeflossen. Anlass für das neue Verkehrskonzept seien „die schlimmen Verhältnisse“ vor den Probephasen und der große Durchgangsverkehr gewesen.

Die Grünen signalisierten durch Thomas Tuschhoff, dass sie alle vorgeschlagenen Punkte mittragen werden, um mehr Aufenthaltsqualität in der Altstadt zu ermöglichen. Rainer Moritz (Grüne) gehen die Entwicklungen sogar zu langsam voran. Stefan Dietz (Freie Wähler) betonte dagegen, dass die Schließung des Deutschordenplatzes für den Verkehr von vielen Geschäftsleuten kritisch gesehen werde. Er forderte zudem erst neue Parkplätze sowie ein besseres Leitsystem zu schaffen und danach erst die Verkehrsberuhigung weiter zu verfolgen.

Dass der Obere Graben nicht probeweise wieder geöffnet wird, schmeckte Klaus-Dieter Brunotte (SPD) ebenso wenig wie Jochen Flasbeck (Freie Wähler). Dazu merkte Hanspeter Fernkorn (CDU) an, dass man das Verkehrsmodell abwarten solle und dann weitersehe.

CDU-Stadtrat Wolfgang Herz beklagte eine insgesamt „undurchsichtige Verkehrsführung in Bad Mergentheim“ – das würden ihm immer mehr Leute sagen. Es gebe zu viele Tempo-Vorgabenwechsel und dann würde überall geblitzt. Sein Fraktionskollege Ulrich Gebert sprach gar „vom Krieg gegen das Auto“, dabei lebe die Hälfte der Mergentheimer in den Stadtteilen und sei auf den Pkw angewiesen. Deshalb könne er vielem nicht zustimmen.

Dass die CDU in etlichen Punkten geteilter Meinung sei, bestätigte Fraktionschef Andreas Lehr, der selbst auch das Parkplatz-Thema als entscheidend einstufte und „leider sind wir da noch nicht so weit“. Er plädierte dafür, den Mut zu haben, Dinge auch zurückzunehmen und den Deutschordenplatz nur am Wochenende voll zu sperren.

„Komplizierter Verkehrsfluss“

Alexander Hay (CDU) sagte: „Wir verkomplizieren den Verkehrsfluss in unserer Stadt.“ Man wolle die Altstadt beruhigen, ändere aber nichts am Grabenring, bezüglich der täglichen Schülerströme und beim Dauerproblem mit den geschlossenen Bahnschranken, so Hay kritisch. Karl Kuhn (CDU) verlangte einen Knopf an das Verkehrskonzept dran zu machen und das Parkproblem zu lösen. Hubert Rothenfels (CDU) warb ebenfalls dafür, jetzt Fakten zu schaffen, und Parteifreund Hubertus Hettenbach kündigte auch seine Zustimmung zu den Vorschlägen der Verwaltung an, da nur viele Parkplätze auch nicht die Lösung seien („siehe Tauberbischofsheim“).

„Ich bin so unzufrieden. Das ist alles so anstrengend. Die Kunden beklagen sich ständig bei mir, was wir hier für ein Chaos haben“, machte Artur Schmidt (FDP) seinem Unmut Luft. Dr. Alexandra Kurfeß (Grüne) warb schließlich dafür, auch mal ein paar Schritte zu laufen – in anderen Städten sei das genauso und man könne nicht überall vor die Türe fahren. Ebenso forderte Hariolf Scherer (CDU) ein Umdenken und eine tolle Gestaltung des Gänsmarktes und des Deutschordenplatzes zum Wohle der Fußgänger. OB Glatthaar sprach von „großen Entscheidungen“, die dann auch gefällt wurden.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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