Bad Mergentheim. Jürgen Friedrich ist der Fachbereichsleiter des Haupt- und Personalamtes bei der Stadt Bad Mergentheim und er fungiert als Gemeindewahlleiter. Mit ihm sprachen die FN über die anstehenden Kommunalwahlen – und ebenso mit Melanie Baumann, der Sachgebietsleiterin „Zentrale Dienste“. Sie ist die stellvertretende Gemeindewahlleiterin in der Kurstadt.
Wie viele Kommunalwahlen haben Sie schon begleitet? Wie viele Stimmen gingen schon über Ihren Tisch?
Jürgen Friedrich: Die anstehende Kommunalwahl ist meine achte bei der Stadt Bad Mergentheim. Die Stimmenzahlen sind schwer abzuschätzen. Bei der letzten Kommunalwahl hatten wir 66.531 gültige Stimmen bei der Kreistagswahl, 207.555 gültige Stimmen bei der Gemeinderatswahl und 43.911 gültige Stimmen bei den Ortschaftsratswahlen.
Seit wann laufen die Vorbereitungen für die Kommunalwahlen am 9. Juni? Wie stressig ist es aktuell? Wie viele Kuverts sind zu füllen und zu versenden?
Jürgen Friedrich: Die ersten Vorbereitungen begannen vor fast zwei Jahren mit der Überprüfung der Entwicklung der Einwohnerzahlen und den eventuellen Auswirkungen auf den Zuschnitt der Wohnbezirke. Im März 2023 wurde dann die Hauptsatzung entsprechend geändert. Seit Herbst 2023 laufen Schulungen zum Wahlrecht, zum Wahlauswertungsprogramm usw.
Richtig los ging es dann in der Zeit vom 10. Februar bis 28. März mit der Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge, die umfassend überprüft werden mussten. Nach der Zulassung der Wahlvorschläge mit 142 Gemeinderats- und 121 Ortschaftsrats-Kandidierenden erfolgte die öffentliche Bekanntmachung der zugelassenen Wahlvorschläge sowie Bewerberinnen und Bewerber. Dem schloss sich der Stimmzetteldruck an. Parallel läuft die Verpflichtung und Schulung der rund 280 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer.
Über 3400 Wahlberechtigte haben bislang Briefwahlunterlagen ...
In den letzten zwei Wochen haben wir die 18.826 Stimmzettelkuverts für die Wahlberechtigten befüllt und nach der Verteilung der Wahlbenachrichtigungen läuft die Briefwahl auf Hochtouren, aktuell liegen wir bereits bei über 3400 Briefwahlanträgen, also fast 7000 weiteren Kuverts. Also durchgängig eine Belastung auf hohem Niveau, zumal das „Tagesgeschäft“ des Hauptamts, beispielsweise die Vorbereitung und Durchführung der Gremiensitzungen, unverändert weiterliefen. Auch in unserem Bürgeramt läuft die Briefwahl zusätzlich zum Tagesgeschäft und die Kolleginnen sind stark gefordert.
Was ist in den nächsten zehn Tagen noch zu tun?
Jürgen Friedrich: Abwicklung der Briefwahl, Schulung der Wahlvorsteherinnen und Wahlvorsteher, Ausstattung und Einrichtung der Wahllokale, Wahlbekanntmachung und vieles mehr.
Wie sieht es in Bad Mergentheim aus – gibt es genügend Freiwillige für die Auszählung?
Melanie Baumann: Die Ermittlung der Wahlergebnisse erfolgt bei uns in 23 Wahllokalen und drei Briefwahlausschüssen. Hierfür werden in der Kernstadt und in den Stadtteilen rund 280 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer benötigt, die wir „an Bord“ haben. In erster Linie sind es die städtischen Bediensteten, darüber hinaus unterstützen uns Mitarbeitende weiterer Behörden – wie Landratsamt oder Finanzamt – sowie freiwillige Wahlhelfer.
Für die Verwaltungs-Bediensteten gehört dieses Ehrenamt zu ihren Verpflichtungen, das weiß auch jeder Kollege und jede Kollegin. Wir haben außerdem einen Aufruf in den Fränkischen Nachrichten veröffentlicht und konnten noch einmal mehr als 20 weitere Freiwillige aus der Bürgerschaft gewinnen. In den Teilorten sind die Wahlvorstände sogar mehrheitlich durch ehrenamtlich tätige Bürger besetzt.
Wenn es zu wenig Wahlhelfer wären, müssten im Ernstfall weitere Bedienstete anderer Behörden verpflichtet werden.
Gibt es Freiwillige, die sich erstmals als Wahlhelfer anbieten? Und was ist deren Motivation?
Melanie Baumann: Ja, aber die meisten waren zuvor schon einmal dabei. Die Mitarbeit in einem Wahlvorstand ist ein verantwortungsvolles und wichtiges Ehrenamt für die Demokratie, dafür setzen sich die Wahlhelfer motiviert ein.
Kann man durch eine Aufwandsentschädigung „Anreize“ für künftige Wahlhelfer schaffen?
Melanie Baumann: Um das Engagement anzuerkennen, hat der Gemeinderat in Bad Mergentheim bereits vor einigen Jahren die finanzielle Aufwandsentschädigung für die Mitwirkenden erhöht – sie beträgt je nach Zeitaufwand zwischen 35 und 55 Euro pro Tag.
Wie sehen Sie die Zukunft dieses besonderen Ehrenamts?
Melanie Baumann: Wir sind optimistisch, dass sich für das Funktionieren einer lebendigen Demokratie auch weiterhin engagierte Helferinnen und Helfer finden werden. Diese Tätigkeit ist übrigens sehr interessant, das sollte in diesem Zusammenhang auch erwähnt werden. Auch eine Digitalisierung von Wahl-Abläufen könnte eine Zukunftsvision sein, um den Personal-Aufwand zumindest zu reduzieren.
Wo gibt es Chancen für mehr Digitalisierung rund um die Wahlen? Was braucht es dafür?
Jürgen Friedrich: Digitalisiert wurde bereits seit vielen Jahren die Führung des Wählerverzeichnisses und die Möglichkeit des Online-Briefwahlantrags. Ebenso erfolgt seit der letzten Kommunalwahl 2019 die Erfassung der Stimmen aus dem Stimmzettel direkt in den PC. Eine digital durchzuführende Stimmabgabe mit direkter elektronischer Auswertung wäre eine große Hilfe. Hier wird sich aber in den kommenden Jahren nichts grundlegend ändern.
Was war Ihre bislang schlimmste Wahl-Erfahrung?
Jürgen Friedrich: Kleinere Probleme tauchen bei jeder Wahl auf. Diese konnten jedoch immer rasch beseitigt werden.
Massive Probleme gab es in der Vergangenheit nicht. In den 1990er Jahren befand sich einmal in der von der Druckerei gelieferten Stimmzettel-Palette für die Kreistagswahl ein Packen „falscher“ Stimmzettel für einen anderen Wahlkreis.
Die „falschen“ Stimmzettel wurden mit an die Wahlberechtigten ausgetragen. Unverzüglich meldeten sich Wahlberechtigte und wiesen auf die falschen Stimmzettel hin. Zum Glück begrenzte sich die Falschauslieferung auf nur einige Wähler aus einem kleineren Stadtteil.
Daraufhin bekamen alle Wahlberechtigten aus dem Ort neue Kreistagsstimmzettel zugestellt. Somit konnte diese Panne rechtzeitig geheilt werden.
Hatten Sie selbst schon einmal den Wunsch für ein Gremium zu kandieren und auf der anderen Seite des Tisches Platz zu nehmen?
Jürgen Friedrich: Nein.
Was wünschen Sie sich für den Wahltag?
Jürgen Friedrich: Dass alles reibungslos läuft und wir von der Bürgerschaft und auch den Kandidierenden die erforderliche Zeit zugestanden bekommen, die wir für die Auszählung und Auswertung benötigen.
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