Kindertagesstätten und Kindergärten in Bad Mergentheim

Bad Mergentheim: Von 1742 Kindern werden rund 1000 betreut

Die Stadt Bad Mergentheim erfüllt den Rechtsanspruch bei der Kinderbetreuung für Zwei- bis Sechsjährige. Damit es so bleibt, gilt es an vielen Stellschrauben zu drehen.

Von 
Sascha Bickel
Lesedauer: 
Der Fachbereichsleiter „Bildung, Kultur und Tourismus“ bei der Stadt Bad Mergentheim, Kersten Hahn (rechts), und der Sachgebietsleiter „Kinderbetreuung“, Andreas Berns (links), standen für das FN-Gespräch zur Verfügung. Mit auf dem Bild Adelina Beciri vom Sachgebiet. © Sascha Bickel

Bad Mergentheim. Ein wichtiger Schlüssel zur Gewährleistung der Kinderbetreuung in der Stadt Bad Mergentheim ist die Ausbildung neuer Fachkräfte vor Ort. Aber auch Investitionen sind nötig, obwohl in den vergangenen Jahren schon viel Geld in neue Kindergärten und Kindertagesstätten gesteckt wurde. Die Stadtverwaltung sieht sich gut gerüstet, behält aber dennoch die Kinderzahlen genau im Blick.

Befindet sich Bad Mergentheim noch auf einer Insel der Glückseligen, während viele andere Kommunen Ganztagesangebote abbauen müssen und Betreuungszeiten einschränken? Wie wirkt sich der allgemeine Personalmangel im Kinderbetreuungsbereich vor Ort aus? Diese und weitere Fragen stellten die FN dem Fachbereichsleiter „Bildung, Kultur und Tourismus“, Kersten Hahn, und dem Sachgebietsleiter „Kinderbetreuung“, Andreas Berns.

Elterntaxis, Elternbeiträge, Verträge und gute Ernährung

Die zahlreichen Elterntaxis, die vor Kinderbetreuungseinrichtungen zu Stoßzeiten halten, sind weiterhin ein Problem und stellenweise auch gefährlich, bestätigen Kersten Hahn und Andreas Berns. Beide rufen zu Rücksicht und Vorsicht auf und bitten dringend darum, mehr Abstand zu den Einrichtungen zu halten oder die Kinder auch mal zu Fuß oder mit dem Rad zu begleiten.

Auf Antrag der CDU-Fraktion wurden die von der Stadt vorgeschlagenen Erhöhungen der Elternbeiträge halbiert. Dazu erklärt Hahn auf FN-Nachfrage: „Der Vorschlag der Verwaltung war, sich dem in Baden-Württemberg empfohlenen 20-Prozent-Anteil an den Gesamtkosten erzielt durch Elternbeiträge wieder anzunähern und deshalb die Gebühren zu erhöhen. Die Eltern bezahlen also nur ein Fünftel der tatsächlich entstehenden Kosten für die Betreuung ihrer Kinder – das muss sich jeder klar machen, der Ansprüche erhebt. Die Allgemeinheit bezahlt somit 80 Prozent und bei uns sind es aufgrund der jüngsten Ratsentscheidung sogar mehr, weil wir die 20-Prozent-Marke nicht erreichen.“

Neue Verträge mit den Betreibern der Kinderbetreuungseinrichtungen: „Wir stecken hier mittendrin, das ist ein sehr sensibles Thema. Wir sind in guten Gesprächen“, so Berns. Ziel sei es, zum neuen Jahr konkrete Ergebnisse zu haben. „Dann haben wir ab 2025 alles auf dem neuesten Stand.“

Laut Berns will man sich im Kinderbetreuungsbereich in Zukunft stärker der Ernährungskompetenz und der gesunden Ernährung widmen. Man habe hier jetzt Zusatzqualifikationen angeboten. Dabei gehe es um „Beki“, die Bewusste Kinderernährung, eine Landesinitiative, die es schon seit vielen Jahren gibt. sabix

Zum Stichtag 1. März lebten 1742 Kinder im Alter von null bis sechs Jahren in der Stadt Bad Mergentheim, rund 1000 davon wurden zu diesem Zeitpunkt offiziell betreut, während das Platzangebot leicht darüber lag, also in einigen Kindergärten in kleineren Stadtteilen noch wenige Plätze frei waren.

Verlängerte Öffnungszeiten

„Das große Thema, das die Kommunen insgesamt beschäftigt, ist der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Der gilt zwischen zwei und sechs Jahren“, erklärt Fachbereichsleiter Hahn einleitend. Und zufrieden schiebt er sofort nach: „Die Stadt kann zusammen mit den anderen Trägern der Kinderbetreuungseinrichtungen den Rechtsanspruch erfüllen. Der Anspruch bezieht sich aber nur auf verlängerte Öffnungs- und Betreuungszeiten.“ Eine andere Welt seien noch einmal die Ganztagesplätze, so Hahn, „also der Wunsch vieler Eltern, die arbeiten gehen möchten, ihre Kinder für die Dauer ihrer Arbeitszeit betreuen zu lassen. Wir können den Rechtsanspruch erfüllen, aber nicht zwingend die individuell gewünschten Betreuungszeiten der Eltern“, verdeutlicht Hahn die Situation.

„Andere Kommunen schaffen es aktuell nicht einmal mehr den Rechtsanspruch zu erfüllen. Deshalb sind wir wohl noch auf einer Insel der Glückseligen“, bestätigt Hahn und betont zugleich, dass man hart daran arbeite, dass es auch so bleibt. „Der Schlüssel zu allem sind die Fachkräfte. Wir stehen im Wettbewerb und müssen uns um den Nachwuchs und unsere Leute kümmern.“ Dank der finanziellen Unterstützung des Gemeinderates bilde die Kurstadt zusammen mit den anderen Betreibern von Kitas und Kindergärten viele neue Betreuungskräfte über die Praxis-Integrierte-Ausbildung, kurz PIA, aus – das geschehe dual an der örtlichen Berufsschule und in den Einrichtungen selbst.

„Dadurch sind wir guter Dinge, dass wir auch den künftigen Bedarf an Fachkräften in unseren Einrichtungen abdecken können, weil wir leider am freien Markt derzeit kaum jemanden bewegen können, nach Bad Mergentheim zu ziehen und hier in der Betreuung zu arbeiten“, so Hahn. Sachgebietsleiter Berns ergänzt: „Pro Jahrgang sind das zehn PIA-Ausbildende, die von der Stadt anerkannt sind und mit den Trägern zusammen beschäftigt werden.“ Aktuell gebe es 30 aktive Ausbildungsverhältnisse im Stadtgebiet.

Wie entwickelt sich die Betreuungslage ab dem kommenden Kindergartenjahr, also ab September? Welche Herausforderungen gibt es zu meistern? Dazu sagt Hahn: „Die Situation bleibt wohl gleich. Für uns als Stadt ist die momentane große Herausforderung die Übernahme und Weiterführung des Kindergartens Neunkirchen nach dem erklärten Ausstieg der dortigen evangelischen Kirchengemeinde.“ Für die Eltern habe das keine negativen Auswirkungen, so Hahn, „denn wir übernehmen das gesamte Personal“. Es bleibe aber leider vorerst bei den eingeschränkten Öffnungszeiten, denn die Personallücken seien noch nicht geschlossen. Drei Vollzeit-Kräfte fehlen aktuell. Das große Ziel sei es, so Berns, „ab Januar auch in Neunkirchen wieder eine Ganztagesgruppe anzubieten“.

Mit Blick auf die Gesamtlage ab Herbst sei es weiterhin so, sagt Hahn, dass einige wenige Plätze in kleineren Kindergärten in Stadtteilen (beispielsweise in Hachtel oder Rengershausen) noch frei seien, alle anderen seien dagegen voll belegt. Andreas Berns fügt an, dass man den Eltern sogar einen Taxi-Transport anbiete, wenn Kinder im Krankheitsfall aus der Einrichtung am Stadtrand zurück nach Hause, zum Beispiel in die Kernstadt, gebracht werden müssten. Doch bislang sei diese Lösung nicht genutzt worden.

„Wir haben ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Eltern und können sie in manchen Fällen auflösen, manchmal aber auch nicht“, erklärt Kersten Hahn und hebt das gemeinsame Ziel aller Verantwortlichen hervor: „Kurze Beine, kurze Wege!“ Und auch akute Problemlagen schaffe man mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung zu meistern, sagt Andreas Berns. Regelmäßig gebe es Absprachen und Besprechungen mit den Trägern der insgesamt 21 Kinderbetreuungseinrichtungen.

Mehr zum Thema

Kinderbetreuung

Bad Mergentheim: Spielerisches Wortschatz-Training

Veröffentlicht
Von
Sascha Bickel
Mehr erfahren
Weitere Details zum schweren Unfall am Samstag

Igersheim: Nach Flucht in der Ortsmitte verhaftet

Veröffentlicht
Von
Sascha Bickel
Mehr erfahren
Fahrer per Drohne gesucht, 22-Jährigen festgenommen

Mit hoher Geschwindigkeit in Igersheim verunglückt

Veröffentlicht
Von
Sascha Bickel
Mehr erfahren

Verlässlichkeit das Wichtigste

Mit Blick auf die Ganztagesbetreuung, die einen enormen personellen Aufwand bedeutet, sagt Kersten Hahn: „Viele Eltern erklären uns, dass das Wichtige für sie die Verlässlichkeit der Betreuung ist, mit klaren Zeiten.“ Das heißt, „sechs Stunden feste Betreuung des Nachwuchses ist den Eltern schon viel Wert“ – „das will Bad Mergentheim versuchen zu bieten“. Oft habe man aber den Fall, dass es nur zwei oder drei Kinder einer Gruppe seien, die eine Ganztagesbetreuung bräuchten, doch personell mache das keinen Sinn, deshalb gebe es „Überlegungen für mögliche Zentralisierungen“ – „da suchen wir noch das passende Modell für Bad Mergentheim“.

Andreas Berns führt weiter aus: „Nehmen wir das Beispiel Edelfingen. Dort gibt es jetzt eine altersgemischte, kindergartenübergreifende Gruppe zur Betreuung der Ganztageskinder. Wir haben die Kinder also zusammengeführt!“ Und Kersten Hahn fährt fort: „Hier sind wir jetzt Vorreiter und schaffen dadurch mehr Verlässlichkeit, brauchen aber auch weniger Personal und erreichen eine gewisse Zufriedenheit bei den betroffenen Eltern. Das läuft seit einem halben Jahr und ist eine Testphase. Das Modell stellen wir auch den anderen Trägern vor.“ Ob es eine Lösung auch für andere ist, werde man sehen.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke