Fußverkehrs-Check in der Innenstadt

Bad Mergentheim: Unterschiedlichste Bedürfnisse im Fußgängerbereich festgestellt

Mehr Raum für Fußänger ist das Ziel, das sich die Stadt im Rahmen des Fußverkehrs-Checks gesetzt hat. Beim Auftakt-Workshop war die Resonanz noch gering. Zur Begehung am Montag kamen knapp 40 Leute.

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Hans-Peter Kuhnhäuser
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Beim Rundgang durch die Stadt am Montagabend waren rund 40 Teilnehmer dabei. © Hans-Peter Kuhnhäuser

Bad Mergentheim. Rund 40 Teilnehmer – darunter einige Stadträte sowie Stadtbaudirektor Bernd Straub und Michael Wolfmeyer vom Stadtbauamt – durften Neele Alshötter und Tobias Pflugrad vom Büro Planungssocietät am Montagabend zur Begehung in der Innenstadt begrüßen.

Die Tour selbst war schon beim Auftaktworkshop vor wenigen Wochen festgelegt worden. Da kamen aber nur sehr wenige Bürger (wir berichteten). Alshötter machte deutlich, dass sie sich diesmal sehr über die große Teilnehmerzahl freue: „Wir brauchen Ihren Input für den Fußverkehrs-Check.“ Und sie machte deutlich, dass alles, was an diesem Abend gesagt, angeregt und gefordert werde, aufgenommen werde. Für Protokollführer Tobias Pflugrad wurde es ein hektischer Abend, denn sein Protokoll umfasste am Ende acht eng beschriebene Seiten.

Alshötter machte aber auch deutlich, dass alle bei der Begehung anzutreffenden Mängel keine Mergentheimer Spezialität seien, denn „die gibt’s überall“. Und: Man könne sie abstellen.

Rund 2,2 Kilometer sollten an diesem Abend begangen werden. Es wurde eine lange Tour, die aber zeitbedingt nicht alle anvisierten Punkte „ablaufen“ konnte – am Marktplatz war Schluss, der letzte Teilabschnitt zum Dominikaner und zum Ärztehaus musste ausgelassen werden. Gleichwohl war es ein lohnender, weil erfahrungsreicher Abend für alle Teilnehmer.

Der Treffpunkt Ecke Daimlerstraße/Herrenwiesenstraße erwies sich als „goldrichtig“ gewählt, zumal man um 17 Uhr und damit mitten in der üblichen Rush-Hour startete. Was Fußgänger, Rad- und Autofahrer hier täglich erleben, das konnte die Gruppe hautnah erfahren: Auf dem Weg entlang der Herrenwiesenstraße zum Aktiv-Center, vom Bahnübergang zum Bahnhof und von dort zum Gänsmarkt und weiter zum Marktplatz wurde deutlich, dass Fußgänger keine homogene Gruppe sind, sondern unterschiedlichste Bedürfnisse haben. Und: Die Planer hatten einen Rollator und einen Langstock (für Sehbehinderte) mit im Gepäck, ebenso Spezialbrillen, die den jüngeren Teilnehmern die eingeschränkte Sicht zum Beispiel von Senioren vermitteln sollten. Stadtbaudirektor Bernd Straub verwies darauf, dass in der Herrenwiesenstraße zwei Fußgänger-Bedarfsampeln vorgesehen seien, die die Querung erleichtern und sicher machen sollen – noch allerdings ist das Zukunftsmusik.

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„Alle 100 Meter machen wir einen Stopp“, sagte Alshötter, und der war angemessen. Dabei gab es viel zu berichten und anzuregen von den Teilnehmern: Dass etwa Schulkinder angesichts der oft zu schmalen Gehwege mit ihrem Schulrucksack fast von den Autos touchiert werden, wenn sie nebeneinander laufen.

Bordsteine und andere Probleme

Dazu kommen dann noch die Schwierigkeiten für Menschen mit Beeinträchtigungen: Sehbehinderte etwa benötigen einen mit dem Langstock deutlich „fühlbaren“ Bordstein (etwa sechs Zentimeter Höhe), während Menschen, die nicht so gut zu Fuß sind, mit einem Rollator oder gar einem Rollstuhl unterwegs sind, einen niederen Bordstein (ideal: Null Zentimeter) benötigen. „Duale Lösungen sind also gefordert und machbar“, wie Alshötter mehrfach darlegte. Und auch die Wegbreite von 2,50 Meter sei keine Wunschvorstellung, sondern eine Notwendigkeit. Wer mit einem Kind an der Hand unterwegs ist, benötigt nämlich schon knapp 1,40 Meter Platz, Rollatornutzer brauchen mindestens 85 Zentimeter, Sehbehinderte mit Langstock 1,20 Meter und Rollstuhlfahrer 95 Zentimeter Platz.

Bürgermeister-Stellvertreterin Manuela Zahn machte nach eigenen Worten als „Rollator-Nutzerin auf Probe“ eine „besondere, aber gute Erfahrung“: Nun wisse sie, was diese Menschen beim Gang durch die Stadt empfinden, kurz: „Wo es hakt.“

Ein Ergebnis dieses Abends war, dass vielfach schlichtweg zu wenig Raum für Fußgänger vorhanden ist und dass die unterschiedlichen Interessen beziehungsweise Platzkonflikte nur im Miteinander von Auto-, Radfahrern und Fußgängern lösbar sind. Es bedarf also „mehr Infos, Rücksichtnahme und der Einhaltung von Regeln“, zudem müssten Querungen auch optisch hervorgehoben werden sowie Ausruh- und Sitzgelegenheiten geschaffen werden – mehr Fußgängerfreundlichkeit also, die das „zu Fuß-Gehen“ attraktiv machen.

Und mehr noch: Es gibt eine besondere Gruppe von Menschen, die auf Rollstühle mit Elektroantrieb angewiesen sind. Drei von ihnen waren extra aus Krautheim angereist, um am Bahnhof auf die Teilnehmer der Begehung zu warten und ihre Sicht der Dinge darzulegen. Auch hier wurde deutlich, dass es nicht einfach ist, alle Wünsche unter den berühmten Hut zu bringen.

Für den weiteren Gang des Projektes konnten die Planungssocietät-Mitarbeiter genug Anregungen und Erkenntnisse aufnehmen – beim abschließenden öffentlichen Workshop am Dienstag, 29. November, ab 17 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus Neunkirchen werden sie umfassend diskutiert.

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