Bad Mergentheim. Die Wähler haben einen neuen Gemeinderat geschaffen. 38 statt bislang 33 Stadträte werden es in Zukunft sein, weil es allein neun Ausgleichsmandate gibt. Die FN-Redaktion sammelte zum vorläufigen Endergebnis Stimmen und Reaktionen ein.
Im neuen Gremium erhält die CDU 14 Sitze (wie bisher auch), die Freien Wähler wachsen um einen Vertreter auf sieben und sind damit genauso stark wie „Pro Bad Mergentheim“, deren Liste vollkommen neu am Ratstisch Platz nimmt. Die Grünen müssen zwei Stühle räumen und sind fortan nur noch zu fünft im Gemeinderat. Die SPD-Fraktion schrumpft auf drei Leute (von bisher vier), die FDP bleibt bei zwei Sitzen.
Pro Bad Mergentheim, Graziano Parutto: „Diesen Erfolg haben wir so nicht erwartet. Es hat uns regelrecht umgehauen! Sieben Plätze im neuen Gemeinderat auf Anhieb – das ist grandios! Wir hatten auf drei Plätze gehofft. Vielen Dank an alle Wähler. Wir sind total überwältigt“, so Parutto, der weiter sagt: „Wir sind authentisch, wir sind auf die Bürger zugegangen – das kam wohl an. Wir haben keine Erfahrungen mit der Arbeit in so einem Gremium, aber wir sind gestandene Geschäftsleute und müssen uns nun zurechtfinden. Durch unsere Kunden bekommen wir täglich viel mit und wir wollen die Probleme auch ansprechen und lösen. Wir können nicht zaubern, wollen aber die richtigen Anstöße geben.“ Und Heiko Oertel ergänzt: „Ich bin überrascht, glücklich und dankbar. Auch ich möchte mich bei allen bedanken. – Es scheint auch ein bisschen eine Abrechnung mit der Lokalpolitik der vergangenen Jahre gewesen zu sein. Wir wollen nun mitgestalten und Entscheidungen in die richtige Richtung ermöglichen. Wir freuen uns auf die Aufgaben, die vor uns liegen.“
Freie Wähler, Jochen Flasbeck: „Die Freien Wähler sind höchst zufrieden mit dem Ergebnis! Ich dachte nicht, dass wir noch an Sitzen zulegen werden, vielmehr stand die Befürchtung im Raum, dass auch die Freien Wähler zu Gunsten von ’Pro Bad Mergentheim’ Stimmenverluste erfahren. Jetzt haben vor allem die CDU und die Grünen kräftig Federn gelassen. Die Bedeutung der CDU ist geringer geworden, weil es so viele Ausgleichsmandate gibt. Eine Zusammenarbeit mit ’Pro Bad Mergentheim’ ist denkbar und jederzeit möglich. Wir schauen, was hier möglich ist. Insgesamt freue ich mich über den breiter aufgestellten Gemeinderat – und auf neue Ideen und Gedanken.“
Größere prozentuale Verluste – gegenüber den Kommunalwahlen 2019 – hinnehmen mussten sowohl die CDU (minus fünf Prozent) als auch die Grünen (minus sechs). Auch hier bat die FN-Redaktion um Stellungnahmen.
CDU, Andreas Lehr: „Wir gratulieren allen neuen und wiedergewählten Mitgliedern des Gemeinderates. Die CDU-Fraktion freut sich auf die kommende Zusammenarbeit. Wir nehmen die Verantwortung, auch weiterhin mit Abstand stärkste Fraktion im Gemeinderat zu sein, sehr ernst und sind zufrieden, dass wir trotz der Vielzahl an Listen und Kandidaten diese Position im Gemeinderat halten konnten. Die CDU-Fraktion wird aus dieser Verantwortung heraus auch weiterhin mit eigenen Ideen und Anträgen aktiv Vorschläge im Gemeinderat einbringen und die Stadtpolitik gestalten. Es wird für uns das größte Anliegen sein, gleichermaßen die Bürgerschaft in der Kernstadt und den Stadtteilen zu vertreten. Der Gemeinderat ist durch die Wahl wieder deutlich bürgerlicher geworden. Wir sehen für unsere Themen und unsere Politik daher eine gute Grundlage für die kommenden fünf Jahre.“
Grüne, Thomas Tuschhoff: „Es war zwar eine Kommunalwahl, beeinflusst wurde sie jedoch überall vom negativen Image der Bundesregierung, so auch bei uns. Dadurch haben wir leider zwei Mandate verloren. Wir danken allen Wählerinnen und Wählern, die uns trotz der aktuellen Stimmungslage ihr Vertrauen geschenkt haben und werden alles dafür tun, es zu rechtfertigen. Grüne Politik ist weiter unverzichtbar, denn der Klimawandel macht keine Pause, weil er in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr an erster Stelle steht. Die jüngste Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland hat dies einmal mehr gezeigt. Kritisch sehen wir die Größe des Gemeinderats. Er wäre nicht auf 38 Sitze aufgebläht worden, wäre man unserem Vorschlag gefolgt, die unechte Teilortswahl abzuschaffen. Das macht die Kommunalpolitik nun teuer und schwerfällig.“
Mit einem Sitz weniger ist fortan die SPD im Gremium vertreten. Dazu und zum Wahlergebnis insgesamt sagt Klaus-Dieter Brunotte, SPD: „Erfreulich ist die hohe Wahlbeteiligung, bedenklich dagegen die hohe Anzahl der ungültigen Stimmen aufgrund des zu komplizierten Wahlrechts. Herzlichen Glückwunsch an die Repräsentanten der Liste ’Pro Mergentheim’ für ihr sensationelles Abschneiden. Wir freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit wie mit allen Vertretern des Gemeinderats. Wer wie wir einen Sitz verloren hat, kann mit dem Wahlergebnis natürlich nicht zufrieden sein. Eine zusätzliche Liste, sehr viele Kandidaten und die politische Großwetterlage mögen Gründe für das enttäuschende Abschneiden sein. Durch eine überzeugende und glaubhafte Arbeit werden wir versuchen verlorene Wählerinnen und Wähler zurückzugewinnen. Vielen Dank an alle, die uns gewählt haben, und an unsere Kandidaten.“
FDP, Prof. Dr. Hans-Werner Springorum: „Wie in der zurückliegenden Wahlperiode behalten die Liberalen auch in der nächsten Amtszeit zwei Gemeinderatssitze und damit sind wir die einzige der drei Ampelparteien aus Berlin, die die Zahl ihrer Stadträte in Bad Mergentheim gehalten hat. Aufgrund der ideologischen Schnittmenge mit den Freien Wählern und von Pro Mergentheim hoffen wir auf eine gute Zusammenarbeit zum Wohle unserer Stadt. Wir begrüßen die deutliche Verjüngung des Rates und die neue Buntheit, für die Einarbeitungsphase und Lern-Kurve der neuen Stadträte stehen wir gerne mit Rat und Tat zur Verfügung.“
Liste „Kreis“, Alexander Kreis: Er erreichte diesmal 2299 Stimmen. Vor fünf Jahren waren es noch knapp 200 weniger gewesen. Den FN sagte er auf Anfrage, dass er sehr zufrieden sei, zumal er für seine Liste fast keine Wahlwerbung gemacht habe: „Ich danke allen Wählern für das Vertrauen und freue mich über den großen Wahlerfolg von Graziano Parutto und von ’Pro Bad Mergentheim’. Mit dem jetzt veränderten Gemeinderat gehe ich davon aus, dass künftig weniger Parteipolitik im Gremium eine Rolle spielt.“
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