Bad Mergentheim. Nachdem der Äußere Schlosshof schon 2020 und 2021 – wegen Corona – nicht als Versammlungsplatz für den „großen“ Martinsumzug zur Verfügung stand und es auch 2022 nicht klappte, wird auch dieses Jahr nichts daraus. Die katholischen Kindergärten werden nicht sternförmig in die Stadt ziehen, um dann gemeinsam das Martinsspiel zu erleben, sondern wieder eigene Wege gehen. Enttäuschung und Unverständnis machen sich breit, aber nicht bei allen.
Mit der SSG hapert es
Stadtpfarrer Thomas Frey übt Kritik an den Staatlichen Schlössern und Gärten (SSG) und erklärt die Hintergründe: „Der Umzug fand immer startend in den katholischen Kindergärten statt, früher in Richtung Marktplatz, zuletzt dann vor Corona in den Schlosshof hinein. Die Verantwortung trugen immer die Stadt und die Münstergemeinde gemeinsam! Seit die SSG unser Verhandlungspartner ist, hapert es.“
Das Martinsspiel mit Pferd sowie Mantelteilung und rund 700 erwarteten Teilnehmern finde auch dieses Jahr nicht statt, bestätigt Pfarrer Frey den Fränkischen Nachrichten auf Anfrage und nennt als Grund: „Zu viele Auflagen und Unsicherheiten beziehungsweise Haftungen und Verantwortlichkeiten, die von der SSG auf die mittlerweile einzige Veranstalterin, die Münstergemeinde, abgewälzt wurden.“
Zu viele Auflagen
Es ging unter anderem auch um die Verkehrssicherheit. „Die SSG entledigte sich jeder Verantwortung und wollte, dass ich als Pfarrer in einem 16-seitigen Vertrag die volle Haftung und Verantwortung übernehme“, teilt Stadtpfarrer Frey mit und fügt an, dass er dies abgelehnt habe: „Ständig kamen neue Auflagen der SSG dazu, wie ein vollständiges Absperren des Polizei-Parkplatzes, dass kein Pferdewagen in den Schlosshof fahren darf, dass der Kindergarten nicht an gewohnter Stelle bewirten darf, etc. Irgendwann zogen wir die Reißleine, denn so geht das nicht.“ Und Frey schiebt noch nach: „Aus genau den selben Gründen und Erfahrungen mit der SSG findet in Weikersheim ebenfalls das Martinsspiel nicht im Schlosshof statt, sondern auf dem Marktplatz.“ Für 2024 könnte dies auch wieder eine Option in Bad Mergentheim sein.
Während nach FN-Informationen viele den Martinsumzug „in der großen Form“ vermissen, gibt es laut Pfarrer Frey auch zahlreiche Eltern und Erzieher, die den „Massenauflauf im Schlosshof“ weniger gut finden und mit der neuen Lage leben können.
Trotz Absprachen keine Einigung
Ärgerlich findet Frey, dass sich die Münstergemeinde diesmal rechtzeitig, „schon ab Juli“ um Absprachen mit der SSG gekümmert habe und es jetzt trotzdem nicht funktioniert. Er bedauert auch, dass die Stadt Bad Mergentheim nicht mehr mit im Boot sitzt.
Mit Oberbürgermeister Udo Glatthaar sei nun besprochen, so Frey, „dass wir nächstes Jahr drei Optionen haben: Erstens, die SSG bewegt sich und geht Kompromisse ein. Oder zweitens, die Stadt steigt wieder ein und das Martinsspiel findet auf dem Marktplatz statt. Oder drittens, jeder Kindergarten macht sein eigenes Programm.“
„Hätte stattfinden können“
Für die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, kurz SSG, nimmt Simone Stier-Haag, die stellvertretende Leiterin der Schlossverwaltung Weikersheim, zu den Vorgängen Stellung. Sie erklärt den FN: „Wie bereits in den Vorjahren ist den SSG sehr daran gelegen, die traditionelle Veranstaltung des St. Martinsumzuges im Äußeren Schlosshof des Residenzschlosses Mergentheim stattfinden zu lassen.“ Die Veranstaltung hätte vonseiten der SSG „sowohl 2022 als auch 2023 stattfinden können“, so Stier-Haag, „dabei ist es jedoch notwendig, die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen“.
„Unstimmigkeiten über vertragliche Regelungen lagen nicht vor“, teilt Stier-Haag auf FN-Nachfrage mit: „Alle im Raume stehenden Fragen wurden bei einem Vororttermin angesprochen. Eine Schankerlaubnis stand seitens der SSG nicht in Frage. Es wurde lediglich darauf hingewiesen, bei einem Ausschank von Glühwein dies von der Stadt Bad Mergentheim genehmigen zu lassen.“
Tradition in Bad Mergentheim
Hätte es keine pragmatische Lösung geben können? Dazu sagt Simone Stier-Haag: „Die Staatlichen Schlösser und Gärten sind bei allen Veranstaltungen verpflichtet, gesetzliche Vorgaben umzusetzen. Eine pragmatische Lösung wurde auch seitens der SSG angestrebt. Beispielsweise wurde die Kombination der angefragten Veranstaltung mit der bereits bestehenden Veranstaltung, der Eisbahn, abgestimmt.“
Die SSG-Vertreterin betont schließlich auch: „Die Veranstalter entschieden sich dafür, die Veranstaltung abzusagen. Allen Beteiligten tut es leid, dass kein positives Ergebnis erzielt werden konnte, obwohl sich alle im Vorfeld die größten Mühen gegeben haben. Beim Martinsumzug handelt es sich um eine Tradition in Bad Mergentheim. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg hoffen nun, dass die Veranstaltung nächstes Jahr wieder stattfinden kann.“
Stadt vermittelt
Und was sagt die Stadtverwaltung zu all den Abläufen, Irritationen und Ärgernissen? Pressesprecher Carsten Müller antwortet: „Die Stadt Bad Mergentheim hätte sich gewünscht, dass der Martinsumzug wieder im Schlosshof stattfinden kann. Sowohl Oberbürgermeister Udo Glatthaar als auch Mitarbeitende des Amtes für Bildung, Kultur und Tourismus haben deshalb frühzeitig Gespräche zwischen der Katholischen Kirchengemeinde als Veranstalterin und den Staatlichen Schlössern und Gärten als Flächen-Verpächterin angestoßen und vermittelt. Warum es zwischen den beiden Vertragsparteien zu keiner Einigung gekommen ist, können wir als Außenstehende nicht aufzeigen. Wir bedauern die Situation und halten selbstverständlich das Angebot aufrecht, öffentliche Flächen wie den Marktplatz als Alternative zur Verfügung zu stellen.“
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