„Museen im Altkreis Mergentheim“ (Teil 2)

Bad Mergentheim: Macht, Glanz und Einfluss sehr wichtig

Die Fränkischen Nachrichten haben eine Serie über die bunte Museumslandschaft im Altkreis Mergentheim gestartet. Heute nehmen wir das Deutschordensmuseum und das Alchemie-Museum in den Blick.

Von 
Bernd Hellstern
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Blick ins Deutschordensmuseum in Bad Mergentheim. © SSG/Hellstern

Bad Mergentheim/Weikersheim. Das Residenzschloss Bad Mergentheim beherbergt das Deutschordensmuseum und das Schloss Weikersheim das Alchemie-Museum.

Das Stadtbild von Bad Mergentheim gibt die besondere Atmosphäre einer alten Residenz wieder, besonders das zentral gelegene mächtige Schloss zeugt seit dem 12. Jahrhundert davon. Die Renaissance prägt noch heute das Erscheinungsbild der Anlage mit äußerem und innerem Schlosshof. Der sich daran anschließende Schlosspark wurde im Stil englischer Landschaftsgärten angelegt. Das Residenzschloss Bad Mergentheim selbst präsentiert unter seinem Dach die jahrhundertelange Geschichte des Deutschen Ordens, der seit 1219 das Schloss nutzte und prägte.

© Schloss Bad Mergentheim/Hellster

Der Orden wurde im Jahr 1190 als Spitalorden während der Kreuzzüge gegründet und zu einem Ritterorden erweitert. Mit seiner über 825-jährigen Geschichte ist er ein faszinierender Bestandteil europäischer Geschichte.

Barocke Baukunst

Das Schloss diente 18 Hochmeistern als Residenz, der Kapitelsaal, die alte und neue Fürstenwohnung vermitteln sehr anschaulich als Zeugen seine einstige Macht. Neben einigen anderen Baulichkeiten der Renaissancearchitektur ist die Schlosskirche einer der Höhepunkte und ein Juwel barocker Baukunst.

Die Schloss-Führung blättert auf dem Weg durch das Residenzschloss wie in einem Bilderbuch wichtige historische Ereignisse auf, macht Station im prächtigen Kapitelsaal, sowie in der Neuen Fürstenwohnung, die mit ihrem herrlichen Deckenstuck machtvolle Verbindungen vor den Augen entstehen lässt. Weitere Räume widmen sich der Geschichte der Stadt und dem Grundstück der musealen Sammlungen.

Das Mörike- Kabinett und die Jungsteinzeit im Taubertal, mit einer anrührenden Vierfachbestattung zum Beispiel, machen Geschichte erlebbar. Die staufischen Palasarkaden, die Berwarttreppe aus der Renaissance und der prächtige Kapitelsaal von 1780/82 sind nur drei der architektonischen Höhepunkte im Schloss. Hinzu kommen beispielsweise die Adelsheim-Sammlung als Grundstock der heutigen Sammlungen, die Spitalsmadonna als kunsthistorisch bedeutendes Objekt, die Engel-Apotheke als Symbol der engen Verzahnung von Stadt und Deutschem Orden.

Diese reizvolle Führung und der eindrucksvolle Gang durch mehr als acht Jahrhunderte und deren Geschichte, lässt die Ursprünge der Architektur ebenso lebendig werden wie die Ursprünge der Sammlungen im Schloss. Weitere kulturhistorische Sammlungen und die Stadtgeschichte ergänzen die Schlossführungen.

So werden die Abenteuerlust und die Forschungsreisen des Herzogs Paul Wilhelm von Württemberg ebenso lebendig, wie die Zeit des Dichters Eduard Mörike.

Ein großzügiges Labor

Neben anderen zahlreichen historischen Schätzen beherbergt das Schloss Weikersheim unter anderem ein großzügiges Labor, das Graf Wolfgang II. für seine alchemistischen Versuche und Experimente in der ehemaligen Schlossküche einrichten ließ. Heute gibt es das Alchemie- Museum im Schloss Weikersheim.

Mit seiner Leidenschaft für die Alchemie war der Graf allerdings nicht allein, denn die Vorläuferin der modernen Chemie und der Pharmakologie war ein Forschungsgebiet, auf dem sich viele Landesherren seiner Zeit betätigten, wie der Herzog von Württemberg, der Landgraf von Hessen und Kaiser Rudolf in Prag. Unter Alchemie versteht man allgemein die Chemie des Mittelalters und die Versuche von Scharlatanen, unedle Stoffe wie zum Beispiel Blei und Quecksilber in edle Stoffe – vor allem Gold – umzuwandeln.

Urvater der Alchemie

Als Urvater der Alchemie gilt Aristoteles, der antike Vater aller Wissenschaften, dessen Lehren als Grundlagen der Alchemie dienten. Aus seinen Schriften ließ sich ableiten, dass man durch entsprechende Verfahren aus unedlen Stoffen Gold herstellen konnte. Gold so viel man wollte, war für die Fürsten höchst attraktiv. Denn Reichtum aus der Retorte machte unabhängig von den Bodenschätzen des Landes und verhieß Macht, Glanz und Einfluss.

Völlig anderes System

Seit jeher aber hatte die Alchemie vor allem die Aufgabe, Arzneimittel und Drogen unter anderem aus Pflanzen aufzubereiten. Mit Alchemie ist ein völlig anderes System der Naturerklärung gemeint, als den heutigen Naturwissenschaften innewohnt. Alchemie war zum einen eine ganzheitliche (Universal-)Wissenschaft, die Kunst, Medizin, Religion, Wissenschaft umfasste. Zum andern folgte Alchemie der Natur, während die Naturwissenschaften versuchten die Natur zu unterwerfen.

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Authentische Details

Das Laboratorium eines Alchimisten ist das Herzstück der Dauerausstellung in Schloss Weikersheim. Die Schau in den eindrucksvollen Räumen der einstigen Schlossküche wartet mit vielen authentischen Details auf. Sie macht anschaulich, wie man sich damals die Welt erklärte. Sie zeigt aber auch, woran Graf Wolfgang forschte und was ihm bei den Untersuchungen widerfuhr, bis hin zur spannenden Geschichte vom betrügerischen Goldmacher. Dieser hatte beim Grafen keinen Erfolg und landete im Gefängnis.

Über die alchemistische Tätigkeit des Grafen weiß man sehr gut Bescheid, da sehr viele Zeugnisse seines Wirkens für die Nachwelt erhalten blieben. Historische Quellen machten es möglich sogar sein Labor einschließlich von zwei chemischen Öfen nachzubauen und die umfangreiche Bibliothek zu rekonstruieren.

Auch eigenhändige Notizen des forschenden Grafen zu seinen Experimenten (unter anderem Abrechnungen, Bestellungen) und zum Laborbau, sind in einem Kalender erhalten.

Links: Das Alchemie-Museum in Weikersheim. Rechts: Das Residenzschloss Bad Mergentheim. © Schloss Weikersheim/Hellstern

Infos und Ansprechpartner

Neben den Standardführungen bieten das Residenzschloss Bad Mergentheim und das Schloss Weikersheim das ganze Jahr über Sonderführungen an. Daneben sind Aktionstage und Sonderausstellungen geplant. Im Schloss Weikersheim zum Beispiel läuft schon seit Jahresbeginn täglich von 10 bis 15 Uhr die Pommeranzenschau. Saisonbeginn ist am Karfreitag, 29. März. Das Alchemie-Museum, das in den Wintermonaten geschlossen ist, öffnet zusammen mit dem Hexenkarten am 29. März seine Pforten.

Kontakte/Informationen zu Karten, Terminen, Führungen, Sonderausstellungen und Sonderaktionen: Residenzschloss Bad Mergentheim, Schloss 16, 97980 Bad Mergentheim, Telefon 07931 / 12306-0, E-Mail info@schloss-mergentheim.de, www.schloss-mergentheim.de (Eintrittspreise und Termine siehe Homepage). Schloss und Schlossgarten Weikersheim, Marktplatz 11, 97990 Weikerkersheim, 07934 / 99295-0, E-Mail info@schloss-weikersheim.de, www.schloss-weikersheim.de.

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