Bad Mergentheim. Die Staatsanwaltschaft war im Prozess überzeugt, dass Marsel A. aus der Kurstadt für die Verletzung des 44-Jährigen verantwortlich sei. Er habe gegen 20 Uhr den vorbeilaufenden A. am Hals gepackt und diesem mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen, so dass dieser zu Fall kam und eine Platzwunde davontrug. Gefährliche Körperverletzung lautete der entsprechende Vorwurf.
Verteidiger Ardian Shabani erklärte im Namen seines Mandanten, dass dieser den Geschädigten zwar tatsächlich körperlich angegriffen habe, jedoch keine Attacke mit einem Hammer stattgefunden habe. Einen „bedrohlichen Blick“ soll der Geschädigte dem Angeklagten, der mit seiner Lebensgefährtin im Auto saß, zugeworfen haben.
Nachdem er um das Auto gelaufen sei, sei sein Mandant mit einem Hammer ausgestiegen, um den Mann „zurechtzuweisen“. „Dabei hat er den Mann zwar vorne an der Kleidung gepackt und gegen die Wand gedrückt, diesen jedoch nicht geschlagen“, stellt er den Vorfall anders dar. Auf Frage von Richterin Susanne Friedl, warum der Angeklagte nicht einfach im Auto geblieben sei, gab der Verteidiger an, sein Mandant sei zwar „von Angst übermannt“ gewesen, habe jedoch gleichzeitig seine Lebensgefährtin aus einem Gefühl „männlicher Ehre“ heraus verteidigen wollen.
In seinem denkwürdigen Statement stellte Verteidiger Shabani den Geschädigten weiter als Person dar, die wirkte, als sei sie frisch aus der Psychiatrie entlassen worden und die mit beängstigendem Blick das Paar im Auto belästigt habe.
Nicht der einzige kuriose Umstand dieses Prozesses. Warum hatte der Angeklagte überhaupt einen Hammer im Auto? Weil er aufgrund eines Defekts zum Anlassen erforderlich sei, so die Erklärung des angeklagten Albaners. Auch wenn die Verletzung nach Ansicht von Susanne Friedl durchaus zu einem Hammerschlag passen würde, beteuerte der Angeklagte über seinen Anwalt weiterhin seine Unschuld.
Einen Monat Probleme mit der Wunde
Der Geschädigte selbst schilderte in seiner Aussage einen gänzlich unprovozierten Angriff. Er sei auf dem Bürgersteig laufend um das Auto herum auf die Straße gegangen, da die geöffnete Tür des Wagens den Gehweg blockierte. Von hinten hörte er dann, dass der Angeklagte mit ihm sprach und drehte sich um, woraufhin Marsel A. ihn unvermittelt angriff. Die vermeintlich mit dem Hammer verursachte Wunde musste mit vier Stichen genäht werden und bereitete dem Geschädigten nach eigenen Angaben einen Monat Probleme.
Letztlich war nicht festzustellen, warum der Angeklagte den Geschädigten überhaupt angriff. Irgendeine Form der Provokation war nicht nachzuweisen. „Es ist unverständlich, warum man ohne jede Reibung eine solche Tat begehen sollte“, rätselte Shabani. „Glauben Sie mir, ich habe hier öfter unerklärliche Taten“, erwiderte Richterin Friedl.
Schlag müsste DNA-Spuren am Hammer hinterlassen
Doch auch wenn seitens des Angeklagten eine Auseinandersetzung eingeräumt wurde, verneinte er den Schlag mit dem Hammer wiederholt. Die Verteidigung war überzeugt davon, dass ein solcher Schlag mit dem Hammer DNA-Spuren hätte hinterlassen müssen und brachte eine rechtsmedizinische Untersuchung des sichergestellten Werkzeugs ins Spiel.
Dass in der Akte ein Bild des Geschädigten mit blutiger Mütze existierte und dementsprechend keine DNA-Spuren zu finden sein müssen? Nicht überzeugend für die Verteidigung, die Mütze habe der Mann auch nachträglich aufsetzen können.
Sofern keine Einigkeit über die Einstellung herbeizuführen sei, würde er dies als offiziellen Beweisantrag einbringen, kündigte Anwalt Shabani an. Dieser Antrag wäre mit einem Gutachten verbunden und würde das Verfahren erheblich verzögern.
Vorwurf lässt sich nicht „herabstufen“
Dass man vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung absieht und aufgrund der eingeräumten Körperverletzung den Tatbestand gewissermaßen „herabstuft“, wiesen Friedl und auch der Staatsanwalt aus juristischen Gründen zurück. Es blieb also beim Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung, wofür eine Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten anzusetzen wäre.
Auch die Lebensgefährtin des Angeklagten, welche die Angaben der Verteidigung weitgehend bestätigte, brachte keine Klarheit in den Sachverhalt. Mit einer Mischung aus Nervosität und Sprachbarrieren taten sich gewisse Widersprüche auf. So will sie sich zwar „zu Millionen Prozent“ sicher gewesen sein, dass ihr Lebensgefährte nicht mit einem Hammer geschlagen habe, zugleich lag sie selbst mit einer ungefähren Schätzung der Tatzeit um mehrere Stunden daneben.
"Das bringt uns in keinster Weise weiter"
So blieb es bei der Ausgangslage vor ihrer Aussage: Eine Einstellung des Verfahrens war nicht abzusehen, die Verteidigung stellte daher einen förmlichen Beweisantrag, den Hammer des Angeklagten auf DNA-Spuren zu untersuchen und in einem Gutachten die Frage zu klären, inwieweit dieser Hammer Kontakt mit dem Kopf des Geschädigten gehabt haben könnte.
„Das bringt uns in keinster Weise weiter“, war die Staatsanwaltschaft überzeugt. Und auch wenn es relativ sinnlos sei, müsse man dem nachgehen. Das Verfahren wurde daher ausgesetzt und ein Gutachten durch die Rechtsmedizin Würzburg in Auftrag gegeben.
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