Nach Räumungsverfügung für Löffelstelzer Straße 30

Bad Mergentheim: Kein Mieter wird von der Stadt auf die Straße gesetzt

Kommune kennt Zahl möglicher Wohnsitzloser noch nicht – ist aber auf Härtefälle vorbereitet. Brandwache kostet bis 75 000 Euro im Monat

Von 
Michael Weber-Schwarz
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Die rund 80 Mietparteien in der Löffelstelzer Straße 30 in Bad Mergentheim müssen ausziehen. Bild: dpa

© Stephanie Pilick

Bad Mergentheim. Die Räumungsverfügung für den Gebäudekomplex Löffelstelzer Straße 30: „Der Vorgang ist für die Stadtverwaltung bereits in den zurückliegenden Wochen und Monaten sehr aufwändig und belastend gewesen, was insbesondere unsere Baurechtsbehörde sowie das Ordnungs- und Sozialamt betrifft“, informiert Pressesprecher Carsten Müller auf eine Anfrage der FN-Redaktion hin.

Man spreche dabei nicht nur über juristische Fragen, sondern auch über Ortstermine im Gebäude, letzte Versuche des Einwirkens auf die Eigentümer-Gemeinschaft, Gespräche mit Mietern, Feuerwehr-Einsätze und vieles mehr: „Die Stadt hat sich ihre Entscheidung nicht leicht gemacht, sie hat diese juristisch sorgfältig abgewogen und geprüft – aber letztlich musste sie handeln“, um Gefahr für Leib und Leben abzuwenden. Andernfalls hätten sich Verantwortliche der Stadt im Katastrophenfall mitschuldig gemacht.

Zum Schutz der Bewohner sei es derzeit die Stadt, die mit öffentlichen Geldern in Vorleistung gehe: „Nachdem sich die Zustände immer weiter verschärft hatten, haben wir den Allgemeinstrom auf unsere Rechnung wieder anstellen lassen, um zumindest die Beleuchtung und Notbeleuchtung der Rettungswege wieder zu gewährleisten. Die Stadt hatte im September zunächst eine Brandwache beauftragt, die in Personalstärke von zwei Personen rund um die Uhr vor Ort war.“ Nachdem in der vergangenen Woche ein Brand nur dank der Brandwache frühzeitig entdeckt und gelöscht werden konnte, „hat unser Ordnungsamtsleiter die Brandwache noch einmal aufgestockt“. Dies verursache monatliche Kosten zwischen 50 000 und 75 000 Euro. Unabhängig von den Kosten –welche die Stadt bei der Eigentümer-Gemeinschaft geltend machen werde – sei die Brandwache jedoch allein aus Sicherheitsgründen keine Dauerlösung, sondern nur für den Übergang. Laut Feuerwehr hätte der jüngste Brand, wenn er nicht gleich entdeckt worden wäre, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu Personenschäden geführt.

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Auch darüber hinaus bemühe sich die Stadt sehr stark um Abhilfe in der schwierigen Situation, in der sich die betroffenen Mieter als Leidtragende nun befinden – „wobei die Stadt diese Situation nicht verschuldet hat, wie wir immer wieder betonen müssen“. Die Verantwortung trügen die Eigentümer des privaten Gebäudes, die auch Mietzahlungen ihrer Mieter entgegennehmen.

Jede einzelne Person, die aktuell im Gebäude wohnt und vor Ort angetroffen wurde, sei neben dem offiziellen Schreiben auch persönlich angesprochen und informiert worden. Allen Betroffenen wurde ein direkter Kontakt zum Sozialamt vermittelt, für den Fall drohender Wohnungslosigkeit. „Einige haben dies auch bereits getan und stehen mit uns im Dialog“, so Müller.

Niemand werde von der Stadt auf die Straße gesetzt. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Unterbringung von Wohnungslosen eine kommunale Pflichtaufgabe ist, der die Stadt zu jeder Zeit nachkomme. Man verfüge über Unterbringungsmöglichkeiten in städtischen Gebäuden, Wohnungen und Wohncontainern, „die wir sofort heranziehen können.“ In der Zuweisung wird die persönliche Situation mitberücksichtigt. Aktuell kenne man die Zahl der Menschen noch nicht, die eine Unterkunft benötigen werden. Für den Fall, „dass unsere derzeit freien Kapazitäten am Ende nicht ausreichen sollten, bereiten wir uns vor und prüfen im Hintergrund sowie im Austausch mit unseren Gremien verschiedene Optionen.“

Grundsätzlich sei es so, dass Menschen, die in einer kommunalen Obdachlosenunterkunft wohnen, sich alle drei Monate beim Sozialamt melden müssen. Dann werde besprochen, ob eine Bleibe gefunden wurde oder die Person weiter auf Hilfe der Stadt angewiesen sei.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Bad Mergentheim

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