Bad Mergentheim. Seit Wochen sind die neuen Hebesätze und Berechnungsgrundlagen für die Grundsteuer landauf landab ein großes Thema. Jetzt musste auch der Bad Mergentheimer Gemeinderat dazu entscheiden und er fokussierte sich mehrheitlich auf das Ziel „Aufkommensneutralität“. Die Gewerbesteuer bleibt bei 370 v.H. stabil. Die Grundsteuer A und B sollen die selben Einnahmen wie zuvor bescheren. Für die Eigentümer ändert sich dennoch etwas.
Nicht alle Fraktionen fanden diesen Weg richtig, da die Stadt große Aufgaben zu stemmen hat. Am Ende konnten sich Grüne und SPD aber nicht durchsetzen.
Das Bundesverfassungsgericht hat das aktuell geltende Besteuerungsverfahren der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt und so den Stein ins Rollen gebracht. Das Land Baden-Württemberg hat sich nun für ein eigenständiges Bodenwertmodell entschieden, das lediglich drei Parameter zur Berechnung des Grundsteuermessbetrages darlegt: die Nutzung, die Größe und der Bodenrichtwert des Grundstückes. In die Berechnung der Steuerlast fließen andere Parameter wie beispielsweise das Baujahr, die Größe, etc. der Immobilie nicht ein. Hierdurch sei, so die Begründung, eine schnelle und unkomplizierte Berechnung des Grundsteuermessbetrages möglich.
Bei der Festsetzung der neuen Grundsteuer A legte der Gemeinderat einstimmig den Hebesatz auf 500 v.H. (bislang 350) fest und erwartet weiter jährliche Einnahmen von etwa 150 000 Euro. Bei der Grundsteuer B kamen bislang pro Jahr fünf Millionen Euro in die Kassen – das soll auch so bleiben, so die mehrheitliche Meinung. Der neue Hebesatz liegt bei 750 v.H. (bislang 390). Die Grünen hatten zuvor 780 v.H. gefordert. Bei 4:31-Stimmen wurde dies deutlich abgelehnt. Die 750 v.H. wurden danach einstimmig angenommen.
Bei der Gewerbesteuer galten bisher 370 v.H. (Einnahmen pro Jahr: 18 Millionen Euro). Hier plädierten die Grünen für 390 und blitzten wieder mit 4:31-Stimmen ab. Die SPD schlug 380 vor und verfehlte mit 6:29-Stimmen die Mehrheit ebenso deutlich. Bei einer Gegenstimme wurden schließlich weiterhin 370 v.H. beschlossen.
Ursprünglich wollte auch die Stadtverwaltung durch einen Sprung auf 390 v.H. eine Million Euro mehr an Einnahmen generieren, doch dieser Plan wurde nach der Vorberatung im Verwaltungsausschuss aufgegeben.
Jordan Murphy (SPD) hielt eine geringe Erhöhung bei der Gewerbesteuer für machbar, während Rainer Moritz (Grüne) noch gerne einen Schritt weiter gegangen wäre. Seit 2012 sei die Gewerbesteuer schon unverändert. Ganz klar dagegen positionierten sich aber die CDU, die Freien Wähler, die FDP und auch Pro Bad Mergentheim. Hubert Rothenfels (CDU) verwies auf die schlechte Wirtschaftslage, ebenso Fraktionschef Andreas Lehr. Oberbürgermeister Udo Glatthaar warb ebenfalls für die Beibehaltung des geltenden Steuersatzes im Gewerbebereich.
Mit Blick auf die Grundsteuer B merkte später Jochen Flasbeck (Freie Wähler) noch an, dass vor allem brachliegendes Bauland („so genannte Enkel-Grundstücke“) jetzt deutlich teurer werden und durch ein mögliches Umdenken der Eigentümer endlich Baulücken geschlossen werden könnten.
Die Fränkischen Nachrichten fragten beim Steueramt der Stadt Bad Mergentheim nach, wie sich die neue Grundsteuern A und B künftig auswirken und bekamen von Pressesprecher Carsten Müller folgende Informationen schriftlich weitergeleitet: „Grundstücke, welche in Bodenrichtwertzonen mit höheren Bodenrichtwerten liegen, werden tendenziell stärker belastet werden als Grundstücke in Bodenrichtwertzonen mit niedrigen Bodenrichtwerten.
Unbebaute Grundstücke werden tendenziell eine Mehrbelastung erfahren, während verhältnismäßig kleine Grundstücke mit einem hohen Grad baulicher Nutzung tendenziell entlastet werden.
Gewerblich genutzte Immobilien in Gewerbegebieten werden (da deren Bodenrichtwert geringer als der von Baugebieten mit Wohnbebauung ist), ebenfalls tendenziell entlastet werden.
Wohnbebauung wird (trotz des Korrektivs des 30-prozentigen Steuerabschlags für überwiegende Wohnnutzung), aufgrund der höheren Bodenrichtwerte in der Tendenz eine Mehrbelastung erfahren.
Wohnbebauung kann insbesondere in der Kernstadt in Zonen mit einem hohen Bodenrichtwert und bei Eigentum mit großen Grundstücken teurer werden. Betrachtet man die neue Grundsteuer insgesamt, sind die höchsten Verschiebungen jedoch nicht bei der Wohnbebauung, sondern bei unbebauten Grundstücken zu erwarten.
Grundstücke in Altbaugebieten werden – da tendenziell niedrigere Einheitswerte zugrunde liegen, durch die Reform im Vergleich zu Neubaugebieten eine höhere Belastung erfahren.
Eine tendenziell höhere Belastung ist auch für Grundstücke mit einer großen Fläche und einer vergleichsweise geringen Grundfläche der Gebäude zu erwarten“, so Carsten Müller abschließend.
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