Bad Mergentheim. Es waren teilweise filmreife Szenen. Am Mittwochmorgen hielten zahlreiche Fahrzeuge an unterschiedlichen Stellen im Stadtgebiet. So beispielsweise am Hans-Heinrich-Ehrler-Platz auf Höhe der Stadtbücherei: Zahlreiche, ganz in schwarz gekleidete Einsatzkräfte, mit Helmen und schwerer Bewaffnung, strömten aus einem dunklen Bus und liefen auf ein Gebäude zu. Auch in der Würzburger Straße und der Törkelgasse betraten die Einsatzkräfte verschiedene Häuser, trugen dort Kisten heraus. Sogar eine Drohne war am Himmel zu sehen, wie mehrere Bürger beobachtet hatten.
Was war da los? „Kräfte des Zollfahndungsamts Stuttgart und der Polizei haben seit den frühen Morgenstunden Durchsuchungsmaßnahmen in gewerblichen und privaten Räumen durchgeführt“, erklärt Daniel Schnitzer, Sprecher des Zollfahndungsamts (ZFA) Stuttgart, auf FN-Anfrage. Insgesamt 90 Kräfte seien im Einsatz gewesen. Der konkrete Vorwurf: „Steuerhinterziehung und Steuerhehlerei mit Tabakwaren“.
Steuerhehlerei bezieht sich dabei auf den Handel von Waren, die aus einer vorherigen Steuerstraftat stammen, während die Steuerhinterziehung das vorsätzliche Verschweigen von Einkünften oder das Unterlassen von steuerrelevanten Angaben ist, um Steuern zu reduzieren oder zu vermeiden. Für Steuerhinterziehung oder -hehlerei kommen Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren in Betracht, in besonders schweren Fällen sogar bis zu zehn Jahren.
Dass derart viele Kräfte von ZFA und Polizei im Einsatz waren, nannte der Sprecher eine „ungewöhnliche Konstellation“. Dies lasse sich damit erklären, dass die Polizei zuvor eigene Ermittlungsverfahren gegen den selben Verdächtigenkreis durchgeführt hatte. Das Zusammentreffen im gemeinsamen Großaufgebot war demnach also letztlich eher Zufall.
Dass zu diesem Zeitpunkt auch eine Drohne über Bad Mergentheim flog, stehe im Zusammenhang mit dem Einsatz, so Zollsprecher Schnitzer. Aus einsatztaktischen Gründen wollte er sich gegenüber den Fränkischen Nachrichten nicht zu Einzelheiten äußern, verwies auf ein noch laufendes Ermittlungsverfahren. Er sprach jedoch abstrakt von einem „gewissen Gefahrenpotenzial“ für die Einsatzkräfte.
Bei der Aktion, die von den Morgenstunden bis in den Nachmittag hinein andauerte, hat es nach Angaben des Sprechers mehrere vorläufige Festnahmen gegeben. Zu näheren Ergebnissen der Durchsuchungen mehrerer Räumlichkeiten waren am Mittwoch noch keine Details zu erfahren.
Kräfte des ZFA kommen dann zum Einsatz, wenn ein Verdacht auf Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Zoll- und Steuerrechts besteht. Als eine Art „Kriminalpolizei der Zollverwaltung“ hat das ZFA vergleichbare Befugnisse, darf also eigene Ermittlungsarbeiten durchführen, Straftaten verfolgen und unmittelbaren Zwang anwenden. 2023 waren in bundesweit acht Zollfahndungsämtern rund 2.500 Personen tätig. Schwerpunkte der Ermittlungstätigkeit bilden die Bereiche Zigaretten- und Rauschgiftkriminalität, Produktpiraterie sowie Straftaten im Bereich Zölle und Außenwirtschaftsrecht.
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